Verschobene Termine und Kostenfallen

Regelmäßig erreichen Hiobsbotschaften über prestigeträchtige Neubauprojekte das Bundesverkehrsministerium. In der vergangenen Woche ist bekannt geworden, dass sich der Bau des umstrittenen Bahnhofs Stuttgart 21 um eine weitere Milliarde auf 7,6 Milliarden Euro verteuern wird. Bisher waren 6,5 Milliarden Euro vorgesehen. Gestiegene Baukosten, Verzögerungen in den Planungsverfahren und restriktive Artenschutzbestimmungen wurden als Gründe genannt. Das Projekt soll statt 2023 erst Ende 2024 fertiggestellt werden. Auch beim Hauptstadtflughafen BER steigen die Kosten weiter und werden Verzögerungen erwartet. Aufgrund wachsender Proteste der Bürger hat das Thema inzwischen auch das Kanzleramt erreicht. Die geschäftsführende Regierungschefin Angela Merkel (CDU) hatte kürzlich eine schnellere Umsetzung wichtiger Infrastrukturprojekte angemahnt. Dabei gehe es auch um die Frage, wie sich Bürgerbeteiligung früher realisieren lasse, damit nicht so viele Einsprüche kämen. In ausgewählten Fällen müsse man wie bei den "Verkehrsprojekten Deutsche Einheit" verfahren - also eine Gerichtsinstanz überspringen, um schneller rechtskräftige Antworten zu bekommen. Merkel äußerte sich mit Blick auf die neue Schnellbahntrasse Berlin-München, die an diesem Wochenende mit einem Festakt in Betrieb genommen werden soll. Die Fahrtzeit zwischen den beiden Metropolen beträgt dann im ICE nur noch knapp vier Stunden. Zur 25-jährigen Bauzeit sagte die Kanzlerin: "Ein Vierteljahrhundert ist eine lange Zeit, aber gemessen an anderen Bauzeiten in Deutschland war das noch eine schnelle Realisierung der Projekte". In anderen Teilen der Welt werde aber sehr viel schneller gebaut. Deutschland dürfe nicht zurückfallen, "zumal wir im Augenblick Geld für Verkehrsinvestitionen haben und zum Teil einfach keine geplanten oder baureifen Strecken da sind." Union und SPD weitestgehend einig Deshalb hofft der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (HDB), dass die künftige Bundesregierung die Empfehlungen der sogenannten Reformkommission "Bau von Großprojekten" in dieser Legislaturperiode umsetzt. Ursachen für Termin- und Kostenüberschreitungen seien vor allem "politisch motivierte Kostenschätzungen, unklare Bauherrenwünsche, unausgereifte Planungen, fehlende Risikovorsorge, aber auch die unzureichende Abstimmung von Planung und Bau", so HDB-Präsident Peter Hübner. Sollte es zu einer Koalition von CDU/CSU und SPD kommen, stehen die Chancen für Verbesserungen nicht schlecht. Im Wahlprogramm der CDU heißt es: "Für besonders wichtige Projekte werden wir deshalb einzelfallbezogen die Planungs- und Genehmigungsverfahren verkürzen." Ein neues Planungsbeschleunigungsgesetz soll sich an den Erfahrungen bei den Verkehrsprojekten Deutsche Einheit orientieren. "Bei Ersatzneubauten sollen die Verwaltungsgerichtsverfahren auf eine Instanz beschränkt werden." Ähnliche Formulierungen finden sich im Bayernplan der CSU. Dort steht zudem: "Die frühzeitige Einbindung der Bürger bei Großprojekten ist für uns maßgeblich." Im SPD-Wahlprogramm heißt es: "Wir wollen durch frühzeitige Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger, weniger Bürokratie und gezielten Personaleinsatz unsere öffentlichen Verkehrswege schneller planen und bauen." Auf eine Planungsbeschleunigung könnten sich die Sozialdemokraten in Koalitionsverhandlungen mit der Union also rasch einigen.

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