Berlin. Der Reform des Flensburger Punktesystems für Verkehrssünder droht knapp vier Monate vor der Bundestagswahl ein Stopp durch den rot-grün dominierten Bundesrat. Der Verkehrsausschuss der Länderkammer empfiehlt, den gemeinsamen Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat anzurufen, wie die „Bild“-Zeitung (Freitag) berichtet und der dpa am Donnerstag bestätigt wurde. Grund sind vor allem Zweifel am künftigen Fahreignungsseminar. Über die Empfehlung des Ausschusses soll das Bundesrats-Plenum am 7. Juni abstimmen.
Der Bundestag hatte das Gesetz erst in der vergangenen Woche verabschiedet. Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) will das Punktesystem damit einfacher und gerechter machen. Statt der Skala von eins bis sieben Punkten soll es je nach Schwere des Vergehens noch eins, zwei oder drei Punkte geben. Der Führerschein soll künftig bei acht statt wie bisher bei 18 Punkten entzogen werden.
Kritik an Fahreignungsseminar
Der Verkehrsausschuss des Bundesrats meldete vor allem Kritik an den neuen Seminaren an, die ab sechs Punkten Pflicht werden sollen. Die Konzeption „ist zu ungenau, und die Wirksamkeit ist zweifelhaft“, heißt es in der Vorlage. Das Seminar solle daher zunächst als Modellversuch erprobt werden. Zudem sollten die Kosten begrenzt werden. Erwartet wird, dass künftig 600 Euro dafür fällig werden könnten, während es bisher rund 200 Euro sind.
Der verkehrspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Sören Bartol, unterstützte die Vorbehalte des Bundesrats-Ausschusses. „Es kann nicht sein, dass der reiche Porschefahrer das Seminar ohne Probleme zahlt und der einfache Pendler sich das nicht leisten kann“, sagte er der „Bild“-Zeitung.
Ramsauer hatte sein Konzept nach Kritik bereits geändert. Vor allem auf Drängen des Koalitionspartners FDP soll doch eine Möglichkeit erhalten bleiben, Punkte mit freiwilligem Seminarbesuch abzubauen – aber nur maximal zwei Punkte innerhalb von fünf Jahren.
Bei der Endabstimmung Mitte Mai im Bundestag hatte die Opposition die schwarz-gelben Regierungspläne ebenfalls kritisiert. Sie stimmte aber nicht mit Nein, sondern enthielt sich. Es handelt sich nach Bundesrats-Angaben um ein Einspruchsgesetz. Für den Fall, dass das Plenum der Länderkammer den Vermittlungsausschuss nicht anrufen sollte, bedeutete dies: Der Bundesrat könnte das Gesetz ablehnen, dieser „Einspruch“ könnte aber wiederum vom Bundestag zurückgewiesen werden. (dpa)
Jürgen Auth