Verkehrsausschuss mit grünem Stempel

Noch vor drei Wochen hatte nichts darauf hingewiesen, dass Michael Cramer neuer Vorsitzender des Verkehrsausschusses im EU-Parlament (Tran) werden wird. Bei den Europawahlen war der Grünen-Politiker aus Berlin nur mit Ach und Krach auf Platz zehn der deutschen Grünen überhaupt ins Parlament wiedergewählt worden. Dort schien lange Zeit die Fraktion der Konservativen und Reformisten mit der deutschen AfD Favorit zu sein, den neuen Tran-Vorsitzenden zu stellen. Doch dann bekamen die Grünen den Zuschlag. Erfahrener Kandidat der Grünen Der 65-Jährige war die vergangenen zehn Jahre Sprecher der Grünen im Verkehrsausschuss. Seine beiden Grünen-Fraktionskollegen im neu zusammengestellten Tran können mit dieser Erfahrung nicht mithalten. Die Französin Karima Delli ist neu in dem Ausschuss, der Brite Keith Taylor gehört Tran erst seit 2010 an. Folgerichtig designierte die Fraktion Cramer, der ohne Gegenkandidat bei der konstituierenden Sitzung Anfang der Woche zum neuen Vorsitzenden gewählt wurde. Umwelt wird großgeschrieben Der als Bahn- und Fahrradfan bekannte Cramer muss in seine neue Rolle erst noch hineinwachsen. So souverän, locker und gleichzeitig witzig wie sein Vorgänger Brian Simpson ist Cramer noch lange nicht. Aber seine Überzeugungen hat er nicht verloren, das wurde beim Ausblick auf seine Agenda deutlich. Drei Prioritäten habe Tran in den kommenden Jahren: Verkehr und Klimawandel, die Internalisierung der externen Kosten sowie die Förderung der Bahn. Dass das Cramer-Programm nicht allen im verkehrspolitischen EU-Brüssel gefällt, beziehungsweise die Personalie Cramer selbst auf geteiltes Echo stößt, machten die Reaktionen auf seine Wahl deutlich. Die Gemeinschaft der Europäischen Bahnen (CER) gratulierte schon Minuten nach Cramers Wahl per Pressemitteilung. Der europäische Verband der Binnenschifffahrtshäfen (EFIP) tat das Gleiche verbunden mit Forderungen nach mehr Berücksichtigung der Häfen als Knotenpunkt im intermodalen Transportgewerbe. EU-Verkehrskommissar Siim Kallas hingegen, mit dem Cramer des Öfteren heftig im Clinch lag, twitterte nach der Wahl fleißig zu anderen Themen - aber kein Wort zu Cramer. Der der europäische Dachverband der Spediteure Clecat vermeldete nur nachrichtlich die Wahl. Radikale Änderungen sind allein wegen der Personalie Cramer denn auch nicht zu erwarten. Die Mehrheit im Ausschuss stellen immer noch andere politische Kräfte. Weshalb Cramer dem Gremium einen grünen Stempel aufdrücken, aber keine politische Kehrtwende einläuten wird.