Staus und Zusatzkosten

Derzeit herrscht Ruhe am Brenner. Doch Österreich hat seine Vorbereitungen abgeschlossen. Sollte die Zahl der Flüchtlinge an den Grenzen im Sommer wieder steigen - und davon gehen die meisten Beobachter aus - könnte die Polizei sofort mit Grenzkontrollen beginnen. Angesichts des jetzt langsam anlaufenden Urlaubsverkehrs wären kilometerlange Staus auf dieser für den Güterverkehr so bedeutsamen Route unvermeidlich. Erstmals gibt es jetzt Zahlen darüber, wie stark die bisherigen Grenzkontrollen die Transportketten beeinträchtigt haben und welche Konsequenzen die Logistikbranche befürchtet, wenn die Grenzkontrollen wieder intensiviert werden. Dazu hat die VerkehrsRundschau mit Unterstützung des Beratungsunternehmens BearingPoint eine Exklusiv-Befragung unter Transportdienstleistern und Verladern in Auftrag gegeben. Dienstleister leiden unter Kontrollen Die Ergebnisse zeigen: Die Grenzkontrollen sind keineswegs ein nur regional oder gar lokal auftauchendes Phänomen, von denen nur wenige Unternehmen betroffen sind. Immerhin 34,9 Prozent aller Dienstleister berichten von Beeinträchtigungen in den letzten zwölf Monaten. Nimmt man nur die Dienstleister zum Maßstab, die auch international unterwegs sind, beträgt dieser Anteil immerhin 42,9 Prozent. Nicht ganz so stark haben die Verlader die Zeitverluste wahrgenommen (siehe Grafik oben): Wahrscheinlich deshalb, weil so mancher Dienstleister es trotz der Verzögerungen noch geschafft hat, pünktlich auszuliefern - womöglich aber nur unter Einsatz vermehrter Ressourcen. Den Dienstleistern haben an den Grenzübergängen nicht nur die längeren Wartezeiten Kosten verursacht. Mitunter liefen ihre Touren nicht mehr wie geplant und sie mussten zusätzliche Fahrer oder Lkw einsetzen. Wer kommt für diese Kosten auf? Die Antwort der meisten Dienstleister lautet: der Verlader (38,4 Prozent). Das sehen diese anders: Die Mehrzahl (31,4 Prozent) spricht sich dafür aus, dass Verlader, Dienstleister und Endkunde gemeinsam diese Last stemmen sollten (siehe Grafik unten). Die Folgen zunehmender Kontrollen Doch was passiert, wenn das Schengen-Abkommen längerfristig an Bedeutung verliert und immer häufiger an Grenzen auch innerhalb der EU kontrolliert wird? Eine Entwicklung, die ja nicht nur durch wieder steigende Flüchtlingszahlen, sondern auch durch Terroranschläge forciert werden kann. Auch dazu sind die beiden Gruppen befragt worden (maximal drei Antworten waren möglich). Bei den Dienstleistern sagen die meisten voraus, dass es zu langen Staus kommen wird. Fast drei Viertel unter ihnen (73,3 Prozent) äußern diese Befürchtung. Fast ebensoviele (68,6 Prozent) gehen dann von steigenden Transportkosten aus, die dazu führen, dass auch die Frachtraten spürbar steigen werden. Mit deutlichem Abstand dahinter prophezeien 30,2 Prozent, dass die Insolvenzen unter den Frachtführern zunehmen werden, weil die verladende Wirtschaft die mit den Grenzkontrollen verbundenen Kosten nicht oder nur zum Teil übernehmen wird. Ebenso viele Dienstleister können sich vorstellen, dass die Verlader Logistikkonzepte wie "just in time" oder "just in sequence" infrage stellen - das wäre dann in der Tat eine gravierende Veränderung in der Logistikwelt. Steigende Frachtraten befürchtet Gerät das Schengen-Abkommen unter Druck und wird wieder zunehmend innerhalb Europas kontrolliert, dann ist bei den Verladern die Befürchtung am stärksten verbreitet, die Transportkosten und damit die Frachtpreise könnten spürbar steigen (74,3 Prozent). Lange Staus an den Grenzen sagen 58,6 Prozent voraus. Dass Frachtraum zunehmend knapp wird, weil mehr Kapazitäten gebunden sind, diese Entwicklung prophezeien 30 Prozent der Verlader. Genauso viele erwarten steigende Insolvenzzahlen, weil die verladende Wirtschaft die Zusatzkosten aufgrund der Grenzkontrollen doch nicht oder nur zum Teil übernimmt. Und immerhin schließen 27,1 Prozent der Verlader nicht aus, dass die Logistikkonzepte "just in time" und "just in sequence" infrage stehen, sobald die Polizei den Verkehr an den Grenzen stärker unter die Lupe nimmt. Mehr zum Thema finden Sie im Dossier Flüchtlingskrise www.verkehrsrundschau.de/dossiers Die Frage des Quartals Jedes Quartal befragt die VerkehrsRundschau Unternehmen zu aktuellen Themen aus der Logistikbranche. In diesem Quartal haben Fach- und Führungskräfte von 86 Logistikdienstleistern und 70 Verladern an der vom Marktforschungsinstitut Kleffmann durchgeführten Untersuchung teilgenommen. Unterstützt wird die Frage des Quartals von der Unternehmensberatung BearingPoint. cd Lese-Tipp "Die aktuellen Frachtraten" Wie sich die Preise im Straßengüterverkehr im 2. Quartal entwickelt haben und mit welchen Frachtraten 2016/2017 zu rechnen ist, lesen Sie in der VR 25/2016 vom 24.6.2016.Interesse am Artikel zu den Transportpreisen? Wenn Sie die VerkehrsRundschau über die BG Verkehr nur acht Mal im Jahr erhalten und nicht jede Woche im Abo beziehen, dann schicken wir Ihnen gerne einmalig ein kostenloses Heft mit dem gewünschten Artikel zu. Rufen Sie uns an (089-203043-2276) oder mailen Sie uns (teresa.hoeller@springer.com)

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