Augsburg. Bayern will auf die zunehmende Zahl von schweren Unfällen mit Lastwagen mit dem Aufbau eines flächendeckenden Netzes von festen Lkw-Kontrollstellen reagieren. Verkehrsminister Joachim Herrmann (CSU) kündigte am Mittwoch beim Besuch einer mobilen Kontrollstelle an der Autobahn 8 bei Augsburg an, dass außer München künftig jedes Polizeipräsidium im Freistaat mindestens einen stationären Lasterkontrollposten haben soll. Er hoffe, dass nach den nötigen Abstimmungen mit dem Bundverkehrsministerium im kommenden oder übernächsten Jahr mit dem Bau der ersten Station begonnen werden könne. Bis dahin soll es verstärkt mobile Kontrollen von Sattelschleppern geben.
Herrmann betonte, dass damit auf den zunehmenden Lkw-Verkehr und die große Zahl von Unfällen reagiert werden solle. Im vergangen Jahr hatte die Polizei eine Zunahme der Lkw-Unfälle auf den Autobahnen auf rund 4100 registriert - dies waren knapp 17 Prozent mehr als 2014. Dabei starben 43 Menschen, 1741 wurden verletzt. „Zwei Drittel dieser Verkehrsunfälle wurden von Lkw-Fahrern verursacht“, sagte Herrmann.
Schwere Unfälle als Auslöser
Erst Mitte Mai waren binnen weniger Stunden bei zwei Lkw-Unfällen im Raum Nürnberg fünf Menschen ums Leben gekommen. In einem der Fälle war ein Lkw an einem Stauende in das Auto einer Familie gefahren. Die 27 Jahre alte Mutter sowie ihre drei Kinder im Alter 9 Monaten bis 5 Jahren überlebten nicht, der Vater wurde lebensgefährlich verletzt.
Der Landesverband Bayerischer Transport-und Logistikunternehmen hatte nach den tragischen Unglücken sich dagegen gewehrt, dass die gesamte Branche „kriminalisiert“ werde, weil sie angeblich ihre Fahrer zwinge, Vorschriften zu Ruhezeiten zu umgehen.
Bislang muss die Polizei für die Kontrolle der Transporter meist Parkplätze sperren. Da es ohnehin zu wenige Stellplätze für den Schwerverkehr gibt, ist dies problematisch. Außerdem müssen die Beamten ihre Spezialausrüstung, beispielsweise Fahrzeugwaage und Wärmebildkamera für die Erkennung überhitzter Bremsen, jedes Mal an die Kontrollposten bringen. Die festen Kontrollpunkte sollen mit Technik fix ausgestattet und beleuchtet werden, damit auch nachts Überprüfungen stattfinden können.
Österreich als Vorbild
Bayern will damit ein Modell von Österreich übernehmen, wo es solche festen Kontrollen bereits gibt. Neben der bayerischen Polizei sollen nach den Vorstellungen Herrmanns auch das Bundesamt für Güterverkehr (BAG) und der Zoll die festen Stellen für ihre Kontrollen nutzen. Der Minister will für die Ausweitung der Kontrollen auch mehr Stellen bei der Verkehrspolizei schaffen, Details nannte er aber noch nicht.
Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) unterstützt die Ausweitung der Kontrollen. Die Wahrscheinlichkeit für Lasterfahrer, in eine Kontrolle der Polizei oder des BAG zu geraten, liege bislang höchstens bei 1 zu 1000, sagte Bayerns DPolG-Landeschef Hermann Benker.
Nach den Erkenntnissen der Polizei sei nicht die Lenkzeitüberschreitung die Hauptursache von Lkw-Unfällen, sagte Benker, sondern verkehrsfremdes Verhalten wie telefonieren, Zeitung lesen oder Fernsehen schauen. „Die Polizei hat schon Lkw-Fahrer beobachtet, die während der Fahrt Fußnägel geschnitten oder Trompete gespielt haben.“ Dafür gebe es dann noch nicht einmal die Möglichkeit, eine Strafe zu verhängen. (dpa)