Schwere Spezialisten

Analog zu den anderen Transportbranchen steigt auch im Schwerlastbereich die Differenzierung. Das belegen die Neuheiten der Hersteller ebenso wie deren Einsatzreportagen. Für Faymonville nennt Pressesprecher Marco Andres das Beispiel eines Combimax-Einsatzes beim luxemburgischen Abbruchexperten Demolition et Terrassement XL: Der musste 152 Tonnen Gesamtzuggewicht über 1200 Kilometer durch vier Länder transportieren. Für die Luxemburger war dies ein Erstauftrag, für den sie eine 4+6 Combimax-Einheit mit Löffelstielmulde und teleskopierbarer Baggerbrücke einsetzten. So ließen sich 108 Tonnen Nutzlast realisieren, wobei das nur eine von vielen Möglichkeiten des Combimax ist. "Das modulare Combimax-Prinzip passt optimal. Nach Bedarf lässt sich die perfekte Lösung zusammenstellen", begründet der Transportorganisator De Oliveira einen der Vorzüge. Direkt vom luxemburgischen Faymonville-Werk ging der Combimax "an die Arbeit" Richtung Nord-Niederlande nach Makkum. Hier stand ein 95 Tonnen schwerer Hitachi ZX 870-Löffelbagger bereit zum Transport. Der musste in einen Steinbruch nach Landres in Frankreich. In einer Woche ging es für das Schwergewicht mit einer Gesamtzuglänge von 30 Metern über Deutschland und Luxemburg zum Zielort nach Nordfrankreich. Die Reise durch mehrere Länder war genehmigungsmäßig einfach, da der Combimax über die nötige CoC-Zertifizierung verfügt. Die Umbaumöglichkeiten nutzten die Luxemburger jedenfalls und kappten den Combimax bei Bedarf beispielsweise auch zum 2+4-Achser. Gerade Baumaschinen fordern Spezielles Und welche Branche fordert aktuell die meisten Individualisierungsmöglichkeiten? Da nennt Faymonville-Pressemann Andres den "Bauunternehmer, der in erster Linie seine eigenen Baumaschinen transportiert. Er fordert im Branchenvergleich das am stärksten individualisierte Fahrzeug." Auf das Verhältnis zwischen Einzelradaufhängung und Pendelachse angesprochen, differenziert Andres wie folgt: "Im Bereich der vergleichsweise leichten Semis (im Bereich bis vier respektive fünf Achsen) verschieben sich die Marktanteile bei der Forderung nach 12 Tonnen Achslast weiterhin zugunsten der Einzelradaufhängung." Bei den größeren Fahrzeugen ginge die Entwicklung auch - vor dem Hintergrund der nun lieferbaren flachen PA-X - zur Pendelachse. Das begründet er mit dem deutlich höheren Hub von 600 Millimetern sowie dem größeren Lenkeinschlag von 60 Grad. Denn bei großen Kombinationen (0+6 oder 2+6 und mehr) ist jede Einzelradaufhängung wegen der Vorspannung im Fahrzeug schon im unbeladenen Zustand mit dem Hub an der Grenze. Diese Tendenz bestätigen übrigens auch die anderen Hersteller, die beide Varianten im Programm haben. Die Branche blickt optimistisch ins Jahr Dass der Bausektor spezielle Lösungen fordert, bestätigt auch Brunhilde Rauscher Doll, bei Doll Fahrzeugbau die Pressearbeit zuständig. "Der Baumaschinensektor ist bei Sonderlösungen ein sehr fordernder Bereich, der sich durch die Vielfältigkeit der Baumaschinen ergibt - das gehört zu dieser Branche einfach dazu", erklärt sie die Anforderungen. Bei den Transporten für die Energieversorger könne dagegen ein Teil der Komponenten durch marktübliche Schwerlast-Fahrzeuge abgedeckt werden, weshalb Doll die Energieversorger auch nicht als separate Transportgruppe führt. Trotzdem erweitern die Oppenauer ihr Programm ständig, was vor allem für den einzelradaufgehängten Panther-Baukasten gilt. Entsprechend positiv äußert sich Rauscher-Doll auch über die Entwicklung des Schwerlastbereiches 2016 mit einer beachtlichen Wachstumsquote gegenüber dem Vorjahr: "Trotz der vielen Risiken im politischen Umfeld, die sich jederzeit auf die konjunkturelle Entwicklung in Europa auswirken können, gehen wir für 2017 von einer positiven Entwicklung im Schwerlastsegment aus." Unterstützt wird das durch die derzeitige, sehr rege Nachfrage aus dieser Branche. Das bestätigt auch die noch junge Version des Nooteboom Manoovr mit Baggerstielmulde. Außerdem experimentieren die Niederländer mit neuen Bodenbrettern auf Bambusbasis, die widerstandsfähiger und vor allem leichter als die üblichen Holzbeläge sein sollen. Optimistisch kalkuliert man auch bei Broshuis, Es-Ge und Kässbohrer. Bei Broshuis erweitert man ebenfalls die einzelradaufgehängten SL-Versionen, während Es-Ge schon seit Jahren nicht nur Trailer, sondern bei Bedarf auch einsatzspezifische Zugmaschinen konfiguriert. Und diese nicht nur fertigt, umbaut und verkauft, sondern auch kurzoder langfristig vermietet oder zum Mietkauf anbietet. Dass auch Es-Ge positiv nach vorn blickt, belegt der IAA-Stand 2016, der größer ausfiel als je zuvor. Kässbohrer erweitert sein Tiefladeprogramm dagegen nach oben und unten und zeigte zur IAA ebenfalls eine neue Unterversion für den Transport von Baumaschinen und/oder Reinigungsfahrzeugen, samt hydraulisch verstellbarem Tiefbett und neuen Rampen. Auch Goldhofer erweitert sein Programm beständig um Zusatzvarianten, wie Pressesprecher Erich Traub erklärt. Dazu gehören verstärkt auch länderspezifische Versionen wie zuletzt zum Beispiel der STZ-P 9 (3+3+3) AA für die USA. Er nutzt die Pendelachstechnologie, stabile Rahmen samt teleskopierbarer Ladeflächen von der STZ-P-Reihe. Wie diese bietet auch das für die Staaten entwickelte Sattelkonzept verschiedene Fahrzeugbreiten und unterschiedliche Radstände. Außerdem ist der STZ-P 9 (3+3+3) AA zwischen den Fahrwerken ausziehbar. Das gewährleistet den in den USA geforderten Achsabstand. Vorteil für die Anwender: Das Heckfahrwerk kann unter Last eingeschoben werden, um beim Durchfahren von engeren Kurven oder Kreisverkehren flexibler zu sein. Nach der Bewältigung der Engstelle kann der STZ-P9 dann mit der Zugmaschine wieder ausgezogen und verlängert werden. Die europäischen Kunden profitieren von der Neukonstruktion der Sonderanwendung, von der Details wieder in die EU-Baureihen zurückgespiegelt werden können. Interessante Anregungen aus der Praxis Und was sagt der Praktiker dazu? Hier äußert sich gern Horst Wallek, Vorstand und Sprachrohr der BigMove-Gruppe, ebenfalls immer im Spannungsfeld zwischen hochindividuellem Sonderbau und den kostengünstigen "Standards", mit denen aber gut 80 Prozent aller Aufträge abgewickelt werden können: "Die Anforderung an die Transporteure ist es ja, für ihre Hauptkundenbranchen und deren Frachtgüter die am besten geeigneten Auflieger und Zug-Kombinationen vorzuhalten." Neben den Baumaschinen sieht er die Energieversorger als Treiber neuer Sonderlösungen, womit er sich vor allem auf die Windkraft bezieht. Wegen der vielen speziellen Bedarfe arbeitet die Big-Move-Gruppe direkt mit den Herstellern zusammen, um "in Bezug auf die Anforderungen möglichst maßgeschneiderte Gerätschaften zu konstruieren, die einen Spagat zwischen möglichst großem Einsatzspektrum und individueller Eignung meistern müssen." Dieses Programm führt BigMove auch dieses Jahr fort, was Wallek etwas kryptisch umschreibt: "Bis Sommer 2017 werden entsprechend zwei neue Flottenauflieger in die Gruppe kommen. In der Bauweise wird dabei ein Anforderungsprofil zwischen behördlichen Auflagen, Schonung der Infrastruktur und Frachtgutsicherheit umgesetzt, das durch die umfassende Praxis-Erfahrung der ganzen Gruppe möglich wurde." Doch auch die BigMove-Gruppe benötigt ausgewiesene Spezialisten beim Aufbau: "Fallweise kommen oft zusätzlich Extra-Sonderkonstruktionen für Stabilität und Transportsicherheit auf die einzelnen Auflieger, die individuell für das spezielle Frachtgut konstruiert und angepasst werden und Erfahrungswerte aus den Werkstätten der Schwergut-Transporteure sind." Der Einfluss Letzterer ist in Sachen Konstruktion übrigens nicht zu unterschätzen: Denn gerade in Sachen ausgeschlagene Achskomponenten, klemmende Auszüge, Elektrikverlegung und Korrosion gingen einige Hinweise direkt in die Konstruktionsabteilungen der Hersteller. Fragt man Wallek nach den Aussichten der Branche für 2017, äußert er sich deutlich zurückhaltender als die Hersteller: "2017 wird ein komplizierter Spagat zwischen individuellen Kundenanforderungen, behördlichen Auflagen, Infrastrukturproblematik und geeignetem Material - inklusive Sonderlösungen". Letztere werden ihren Sonderplatz behalten - gerade in diesem so besonderen Segment! Mehr zum Thema finden Sie unter Schwertransporte www.verkehrsrundschau.de/dossiers Praxisbericht Kabelrollen-Transport Wo ein Kilometer Kabel direkt vom Trailer abgerollt wird Nicht nur typische Schwerlasttransporteure, sondern auch Energieversorger, Kabel- und Bautechniker wie die Wassermann-Gruppe in Mühlenbeck ordern schwere Spezialisten. In dem Fall zwei Scheuerle InterCombi-Fahrzeugkombinationen mit Rahmenbrücke für den Transport schwerster Kabeltrommeln, womit Wassermann hinsichtlich Transport der bis zu 100 Tonnen wiegenden Trommeln unabhängig wird, auf die teils über ein Kilometer Kabel aufgewickelt werden. Das Auftragsvolumen ist mittlerweile so hoch, dass die Fahrzeuge praktisch kontinuierlich im Einsatz sind.Ein interessanter Fall ist der Ausbau eines Hochdruck-Pumpspeicherkraftwerks der Vorarlberger Illwerke am Vermuntsee in Österreich. Dabei werden in den Alpen bis zu 1100 Meter lange Kabel auf den Scheuerle Inter Combi Kabeltrommeltransportern transportiert und direkt ab Fahrzeug abgerollt. Eine große Herausforderung sind hier sehr hohe Gewichte auf vergleichsweise kurzer Länge. Doch Zeljko Paripovic, geschäftsführender Gesellschafter der Wassermann Gruppe, ist zufrieden:"Als es darum ging, von dreißig Tonnen Kabelrollengewicht auf rund einhundert Tonnen umzustellen, haben wir einen Hersteller gesucht, der unsere Erfahrungen mit in die Entwicklung einbezieht und sich auf uns als Kunde einstellt. Das Ergebnis dieser Zusammenarbeit überzeugt uns bis heute immer wieder - im Einsatz schlagen sich die Fahrzeuge hervorragend."Denn neben dem reinen Transport ging es Paripovic auch um die Möglichkeit, Kabeltrommeln bis zu 100 Tonnen Gewicht mit dem InterCombi-Kabeltrommeltransporter ohne Kran aufzunehmen respektive abzurollen oder abzusetzen. Denn auch hier gewinnt neben dem reinen Transport das Handling der schweren Lasten an Bedeutung. gs 12-Tonnen-Achse für 22,5 Zoll Neue SAF-Holland-Achse SAF Holland erweitert sein Achsprogramm um eine Zwöf-Tonnen-Achse mit Trommelbremse im 22,5-Zoll-Bereich. Mit der neu konzipierten, wartungsfreundlichen Outboardtrommel soll das neue SAF Modell-Luftfederaggregat besonders wirtschaftlich sein. Die Achse wurde in erster Linie für den Einsatz von Zentralachs- und Drehschemelanhängern, in Sattelkippern sowie Sattelaufliegern für Holztransporte optimiert und eignet sich laut SAF für alle Straßenverhältnisse und jedes Gelände. Das wartungsarme Kompaktlager 88x150 in Verbindung mit einer neuen Radnabe soll die Lebensdauer erhöhen und ist ausgelegt für den Betrieb mit Alu- und Stahlfelgen.Ebenfalls optimiert hat SAF Holland die Trommel-Technologie, um den Wartungsaufwand zu reduzieren. Die Outboard-Technologie an der Trommelbremse reduziert die Anzahl der Arbeitsschritte in der Werkstatt deutlich. Denn die Trommel ist hier vor der Radanlagefläche angebracht. So müssen die Servicekräfte zwar ebenfalls die Radmuttern lösen und das Rad abnehmen, können die Trommel dann aber einfach nach vorne abziehen, ohne Lager und Radkopf ausbauen zu müssen."Durch den wesentlich geringeren Aufwand bei der Demontage gehen Reparaturen schneller von der Hand. Das Fahrzeug ist rasch wieder auf der Straße und die Werkstatt kann gleich den nächsten Auftrag abwickeln", erklärt Bernd Brunsch, Leiter Serienentwicklung für Achsen und Bremsen bei SAF-Holland. Für Wartung und Reparaturen können Monteure übrigens bestehende Werkzeugsätze nutzen. gs