Hamburg. Mit einer nationalen Initiative wollen Industrie, Häfen und Reeder den Einsatz von Flüssiggas (LNG) in der Schifffahrt voranbringen. „Wir wollen dafür sorgen, dass Deutschland einen entscheidenden Schritt macht”, sagte Ole von Beust am Montag in Hamburg. Die Beratungsfirma des früheren Hamburger Bürgermeisters hat die Geschäftsführung der neuen Initiative übernommen. Bund und Länder sollen mit gutem Beispiel vorangehen und Schiffe des öffentlichen Dienstes mit LNG betreiben, so wie Forschungsschiffe, Zollboote, Schiffe der Wasserschutzpolizei und wenn möglich auch Marineschiffe.
Innerhalb von fünf Jahren soll in mindestens fünf deutschen Häfen die Versorgung mit LNG sichergestellt sein. Den Anfang macht voraussichtlich der Hamburger Hafen, wo ab Mitte nächsten Jahres LNG verfügbar sein werde, sagte Mahinde Abeynaike, Geschäftsführer der Bomin Linde LNG. Das Gemeinschaftsunternehmen des Linde-Konzerns und des Hamburger Ölhändlers Marquard+Bahls will die LNG-Infrastruktur in Deutschland aufbauen.
Das flüssige Gas kommt tiefgekühlt mit einer Temperatur von minus 163 Grad Celsius auf großen Tankern nach Europa. Zu den Hauptlieferanten gehört Katar, es gebe aber auch andere Liefermöglichkeiten. In Europa landet das LNG in großen Importterminals, zum Beispiel in Rotterdam oder Zeebrügge. Von dort kann es mit kleineren Schiffen oder per LKW weitertransportiert werden. In Deutschland ist lediglich der Bau von Versorgungsstationen vorgesehen. Mit zwei Stationen in Hamburg und Bremerhaven könne bereits ein längerer Küstenstreifen versorgt werden, sagte Abeynaike.
Die Schifffahrt in Nord- und Ostsee ist mit Beginn des kommenden Jahres strengeren Umweltauflagen unterworfen, die sich auf drei Wegen erfüllen lassen: Mit dem bisherigen Schweröl als Kraftstoff und einer aufwendigen Filtertechnik und Rauchgasreinigung, mit schwefelarmem Schiffsdiesel und mit LNG. „Wir sind preislich gegen Schiffsdiesel mit Sicherheit konkurrenzfähig”, sagte Abeynaike. Es komme darauf an, das Henne-Ei-Problem zu lösen: Reeder setzen nicht auf LNG-getriebene Schiffe, so lange es keine Versorgungsstruktur gibt. Und die wird nicht aufgebaut, so lange keine Kunden in Sicht sind.
„LNG ist nicht nur die umweltfreundlichste, sondern auch die kommerziell aussichtsreichste Lösung”, sagte Tilmann Greiner vom Schiffsmaschinenhersteller MAN. „Es wird kommen.” Sein Unternehmen biete Dual-Fuel-Motoren an, die sowohl mit LNG als auch mit anderem Kraftstoff betrieben werden können. Darauf setzt auch die Fährschiff-Reederei Aktiengesellschaft Ems, die als erste deutsche Reederei in konkrete Projekte investiert, zum Beispiel eine LNG-betriebene Borkum-Fähre. „Es hat alles gut gepasst”, sagte Knut Gerdes von der AG Ems. Die geplanten Schiffe werden zunächst per LKW mit LNG versorgt.
Mit LNG lässt sich der Schadstoff-Ausstoß von Seeschiffen stark reduzieren: Bei CO2 um 30 Prozent, bei Stickoxiden (NOx) und Schwefeldioxid (SO2) um mehr als 90 Prozent. Die Initiative will erreichen, das innerhalb von fünf Jahren 50 zusätzliche Schiffe auf LNG umgerüstet oder neue eingesetzt werden. Zudem sollen jährlich 250 Schiffe mit Landstrom versorgt werden, der mit LNG erzeugt wird. (dpa)