Den Haag. Ein seit rund einem Jahr schwelender Rechtsstreit zwischen der Lufthansa Cargo und der niederländischen Luftfahrtbehörde endete jetzt mit einer überraschenden juristischen Niederlage der Airline vor dem Haager Verwaltungsgericht. Es ging bei dem Fall um Frachtflüge zwischen Puerto Rico und Amsterdam. Diese untersagten die Richter in Den Haag nun der LH Cargo und schlossen sich damit der Auffassung der Luftfahrtbehörde des Landes an, die das Verbot der Direktverkehre verfügt hatte.
Bei dem Rechtsstreit ging es um die Frage, ob für Flüge von Puerto Rico nach Europa die Kriterien der Open-Skies-Regelung zwischen der EU und Nordamerika gelten, wonach eine Airline sämtliche Punkte zwischen beiden Märkten unbegrenzt anfliegen kann. Dies ist die Rechtsauffassung der Lufthansa Cargo. Sie verweist darauf, dass die Karibikinsel zum Hoheitsgebiet der USA gehört und ihre außenpolitischen Belange von Washington wahrnehmen lässt. Zudem läuft nach einem 2012 durchgeführten Referendum derzeit ein Aufnahmeverfahren als 51. US-Bundesstaat.
Streit um Blumentransporte
Wie LH-Sprecher Michael Goentgens sagte, habe die Lufthansa Cargo volle kommerzielle Freiheiten auf Puerto Rico, darf dort folglich Sendungen aus- und einladen. Bei den inkriminierten Flügen handelt es sich um Blumentransporte per MD-11-Frachter der LH Cargo aus Quito, Ecuador, die auf Puerto Rico zwischenlanden. Diese Stopps würden nur zum Auftanken der Frachter eingelegt, weshalb es sich um keine neuen Flüge von dort nach Europa mit eigener Flugnummer handele, befand jetzt das niederländische Gericht.
„Über diese Entscheidung sind wir überrascht und enttäuscht“, reagierte Sprecher Goentgens. Er kündigte eine genaue Prüfung der schriftlichen Begründung nach deren Erhalt an und schloss weitere juristische Schritte nicht aus. Derweil würden die Blumenflüge in Frankfurt enden, von wo aus die Sendungen per LKW nach Amsterdam gefahren werden. Durch die Sperrung Amsterdams für die Lufthansa Cargo und die Straßentransporte erhöht sich zwangsläufig der Ausstoß von Treibhausgasen.
Unverständnis bei Luftfrachtexperten
In einer ersten Reaktion bezeichnete Analyst Dirk Steiger vom Frankfurter Marktforscher Aviainform GmbH auf Anfrage der VerkehrsRundschau das Urteil des Haager Amtsgerichts als „völlig unverständlich“. „Das ist ein Anachronismus der hässlichsten Form, der uns zurück in das letzte Jahrhundert führt“, empörte sich Steiger. Er verwies darauf, dass die EU und die USA damit beginnen würden, die Bedingungen für ein transatlantisches Freihandelsabkommen auszuloten. „Zwischen den europäischen Staaten aber errichten wir durch solche Richtersprüche gleichzeitig wieder hohe Mauern, die den Wettbewerb extrem verzerren“, so Steiger. Im vorliegenden Fall sei das „Protektionismus pur“ für Air France-KLM- Martinair Cargo, kritisierte der Luftfahrtexperte. Fälle wie dieser gehörten vor die Europäische Wettbewerbskommission, empfahl er. (hs)