"Maut für ausländische LKW nicht legal"

Herr Minister, wie ist der Stand bei der sogenannten Ecotaxe, der Öko-Maut, die Frankreich einführen will? Die Ecotaxe ist im November zunächst auf Eis gelegt worden. Denn zum einen hat es technische Probleme gegeben, zum anderen hat sich starker Widerstand gegen das Projekt geregt. Es hat zum Teil ziemlich heftige Proteste dagegen gegeben ... Genau, vor allem in der Bretagne. Nun, die Ecotaxe ist ein Gesetz. Daher müssen die Abgeordneten des Parlaments Vorschläge machen, mit welchen Mitteln die Infrastruktur finanziert werden kann. Man wird die Abgabe nicht mehr Ecotaxe nennen. Aber wir werden, ausgehend von den bisherigen Vorschlägen, ein vereinfachtes System vorstellen, das von den Betroffenen besser verstanden wird. Das heißt also: Die Ecotaxe in ihrer ursprünglichen Form wird es nicht geben? Ja, es wird etwas anderes kommen. Es gibt verschiedene Überlegungen, wie man Quellen der Finanzierung finden kann. Daran ist auch die Frage geknüpft, wie man den bestehenden Vertrag mit der Betreibergesellschaft Ecomouve beenden kann. Wenn der Staat den Vertrag auflöst, würde uns das 800 Millionen Euro kosten. Ist es Ihnen das wert? Nein, ich glaube nicht. Aber ich bin nicht der Premierminister. Und es ist der Premierminister, der die Entscheidung treffen wird. Es war zwischenzeitlich wohl auch im Gespräch, eine LKW-Maut für ausländische LKW einzuführen. Wie wahrscheinlich ist es, dass eine solche Lösung kommt anstatt einer abgeänderten Form der Ecotaxe? Eine solche LKW-Maut wäre nicht legal. Man kann nicht einfach eine Maut nur für ausländische LKW einführen. Aber in Deutschland haben Sie ja zum Beispiel ein System, in dem man eine einheitliche Maut für alle Fahrzeuge erhebt, und dann über Kompensationsmaßnahmen einheimische Unternehmen wieder entlastet. Dieses System werden wir uns genau anschauen. Bis wann ist mit einer Entscheidung zu rechnen, wie die Gebühr für LKW tatsächlich aussehen wird? Normalerweise sollte eine Entscheidung vor Ende Juni getroffen werden. Das Parlament hat bereits vorgeschlagen, zunächst einen Testversuch mit dem neuen System zu machen, falls ein solches neues System tatsächlich vorgeschlagen wird. Zunächst wird es also eine Grundsatzentscheidung des Premierministers Ende Juni geben. Danach entscheidet das Parlament, wie dieser Beschluss in der Praxis umgesetzt wird. Ein wichtiges Thema in Deutschland, aber auch in Frankreich, ist der Wettbewerb der Transportunternehmen mit billigen Konkurrenten vor allem aus den östlichen Nachbarstaaten. Wie relevant ist dieses Problem in Frankreich? Wir haben verschiedene europäische Initiativen angestoßen. Zunächst haben wir zusammen mit anderen Ländern, unter anderem Italien, Belgien und Dänemark, einen gemeinsamen Brief an EU-Verkehrskommissar Siim Kallas zu diesem Thema verfasst. Deutschland hat ihn auch unterschrieben. Darüber hinaus gab es auf unsere Initiative im April eine Konferenz in Paris mit Vertretern aus zehn Ländern. Bei der Veranstaltung ging es um die Konkurrenzsituation und Sozialdumping im Straßengütertransport. Dies hat zu einer Mitteilung während des informellen Treffens der EU-Verkehrsminister in Athen geführt. Darin werden Ergebnisse der Konferenz zusammengefasst und der sogenannte "Aufruf von Paris" zu diesem Thema formuliert. Mit der griechischen EU-Ratspräsidentschaft hoffen wir, einen formellen Beschluss zu diesem Thema vom Verkehrsministerrat verabschieden zu können. Was sind die wichtigsten Inhalte dieser Erklärung? Sprechen Sie sich dagegen aus, die Kabotage in Europa freizugeben? Das ist die Position Frankreichs. Nein zur Liberalisierung der Kabotage, solange es keine Harmonisierung der Gesetzgebungen und der Sozialbedingungen gibt. In der Erklärung in Luxemburg werden wir auch die Gründung einer EU-Agentur für den Straßengüterverkehr fordern. Eine solche Agentur gibt es für die Bahn, für den Flugverkehr, für den Seeverkehr, aber noch nicht für die Straße. Ist die Position zur Kabotage eine Mehrheitsmeinung unter den europäischen Verkehrsministern oder ist das eine spezielle Position Frankreichs und weniger anderer Länder? Es geht zunächst vor allem darum, der Europäischen Kommission klar zu machen, dass es hier ein Problem gibt. Das ist sehr wichtig. Und ich glaube, dass eine Mehrheit der Länder diese Erklärung unterstützen wird. Etwa Deutschland, Spanien, Portugal, Italien, Frankreich, Belgien, Dänemark, Griechenland. Vielleicht noch andere. Ein anderes Thema ist die Messung der CO2-Emissionen in Frankreich. Es wurde ja eingeführt, dass die Transporteure ausweisen müssen, wie hoch die CO2-Emissionen für Transporte sind. Wird das in der Praxis jetzt auch so umgesetzt und wie sind die Erfahrungen damit? Das System ist seit 1. Oktober 2013 in Kraft und wird langsam in allen Sektoren eingeführt, auch im Straßengütertransport. Gibt es für die Berechnung einen einheitlichen Standard, der vorgegeben ist? Es gibt dazu eine europäische Norm. Die französischen Regeln orientieren sich an dieser Norm, mit einigen wenigen Unterschieden. Werden die Auflagen von den Unternehmen im Straßengütertransport erfüllt? Die Unternehmen im Straßengütertransport kommen diesen Verpflichtungen ebenso nach wie die Unternehmen der anderen Verkehrsträger. Der gewerbliche Straßengütertransport ist in Frankreich sehr zersplittert und umfasst eine sehr große Zahl von Unternehmen. Die kleineren Unternehmen stoßen da manchmal auf Schwierigkeiten. Allerdings eignen auch diese sich nach und nach die Mittel zur CO2-Messung an. Gibt es bei Nichterfüllung der Vorgabe zur CO2-Messung Sanktionen und wenn ja, welche? Nein, es gibt keine Sanktionen. Noch ein Wort zum Weltverkehrsforum: Ein Hauptthema waren Mega-Trends, die den Verkehr beeinflussen. In Ihrer Rede haben Sie gesagt, dass wir "ganz neue Antworten" brauchen. Was meinen Sie genau? Die neuen Antworten sind die, die man in der Fortführung der Politik für nachhaltige Entwicklung findet. Das heißt erstens die Berücksichtigung der Umweltprobleme durch die Optimierung des Verkehrs, der Verkehrsträger und den Ausbau der Intermodalität. Zweitens die Balance der territorialen Entwicklung, das territoriale Gleichgewicht. Drittens die sozialen Fragen. Also die drei Säulen der nachhaltigen Entwicklung. Ist die Verkehrsverlagerung von der Straße auf die Schiene offizielle französische Linie in der Politik? Wir haben das offizielle Ziel, die nötigen Infrastrukturen für diesen Wechsel zu entwickeln. Ich denke an die Schienen-Autobahnen. Wir sind überzeugt von der Zunahme des Güterverkehrs und suchen nach Alternativen zur Straße. Vita Frédéric Cuvillier Frédéric Cuvillier wurde am 9. Dezember 1968 in Boulogne-sur-Mer, Département Pas-de-Calais, geboren. Seit dem 16. Mai 2012 ist er Beigeordneter Minister für Verkehr, Meeresangelegenheiten und Fischerei im Ministerium für Umwelt, nachhaltige Entwicklung und Energie und ist der derzeitigen Umweltministerin Marie-Ségolène Royal beigeordnet. 1984 trat der promovierte Jurist der Parti Socialiste (PS) bei. Von 1989 bis 1993 war er Parlamentarischer Assistent des Abgeordneten Guy Lengagne sowie anschließend Erster Sekretär der PS von Boulogne-sur-Mer. Im November 2002 wurde Cuvillier erstmals selbst als Nachfolger von Guy Lengagne zum Bürgermeister gewählt und 2008 für eine weitere sechsjährige Wahlperiode wiedergewählt. Kurz nach seiner Ernennung zum Minister trat er im Juli 2012 als Bürgermeister zurück. diwi

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