Seoul. Die in Seoul beheimatete Korean Air Lines hat ein Angebot für den Erwerb von 45 Prozent an der verlustreichen staatlichen Czech Airlines (CSA) abgegeben. „Wir haben den zuständigen tschechischen Stellen für diesen Minderheitsanteil eine förmliche Kaufofferte nach einer umfangreichen Unternehmensüberprüfung von CSA unterbreitet“, bestätigte Sprecher Nathan Cho von Korean Air Lines gegenüber lokalen Medien in Seoul. Sollte seine Linie den Zuschlag der Prager Regierung erhalten, wäre es die erste Beteiligung der Koreaner an einer ausländischen Fluglinie.
Das Angebot der Koreaner basiert auf strategischen Interessen. Aus diesem Grunde vereinbarten beide Seiten vergangenen Dezember auch die Durchführung gemeinsamer Linienflüge zwischen Prag und Seoul nach dem Codesharing-Prinzip, also der partnerschaftlichen Vermarktung und Nutzung ein und desselben Fluges. Durch die Beteiligung an einer in der Europäischen Union beheimateten Linie, die ebenso wie Korean Air Lines dem weltweiten Sky-Team-Bündnis angehört, erhielten die Koreaner die EU-Flugrechte für Verkehre in Drittstaaten. Außerdem könnten sie auf das bestehende Routennetz der tschechischen Gesellschaft nach Osteuropa zurückgreifen.
Prag als Drehkreuz für die Belieferung koreanischer Firmen
Speziell auf diesem Markt ist Korean Air Lines bislang noch wenig präsent, betrachtet Länder wie die Ukraine und Polen, die Balkanregion oder das westliche Russland jedoch zunehmend als wichtige Quell- und Zielgebiete für den Passagier- und Frachttransport. Hinzu kommt die starke Präsenz von koreanischen Firmen in der Tschechischen Republik und der Slowakei, die sich über das Drehkreuz Prag vorteilhaft bedienen ließen. Einen Großteil ihrer in Ostasien gefertigten Bauteile erhalten die dortigen Industrieunternehmen wie etwa Samsung, Hyundai oder die LG-Gruppe vorwiegend per Luftfracht.
Derzeit bedient Korean die Route Seoul-Prag viermal in der Woche. Im Rahmen der Codeshare-Vereinbarung plant auch die tschechische Linie die Aufnahme von zwei Flügen wöchentlich auf dieser Strecke. Aufgrund der bereits bestehenden Partnerschaft zwischen beiden Unternehmen und weiterer Synergiepotenziale beurteilen Luftfahrtanalysten wie Geschäftsführer Dirk Steiger von der Frankfurter Aviainform den geplanten finanziellen Einstieg von Korean bei der CSA als industriepolitisch sehr rational.
Stimmt die Prager Regierung dem Angebot zu, wäre dies ein Rückschlag für die Ambitionen von Qatar Airways. Auch sie hatte Interesse an einem Einstieg bei der tschechischen Linie bekundet und mit der Überprüfung der Bücher begonnen. (hs)