Interview der Woche: Brauchen wir eine Person wie Donald Trump?

Nimmt der Rechtspopulismus weltweit weiter zu? Nachdem die schlimmsten Befürchtungen in Frankreich oder Österreich nicht eingetreten sind, konnte man den Eindruck gewinnen, dass der Rechtspopulismus im Rückzug begriffen sei. Das glaube ich jedoch nicht. Das Phänomen beobachten wir schon seit 30 Jahren, es nimmt je nach Proteststimmung mal ab und mal zu. Brauchen wir in Deutschland einen wie Donald Trump, der den Trumps, Orbans und Le Pens dieser Welt die Stirn bietet? Wenn man es als ein Element des Rechtspopulismus betrachtet, dass er sich starker, charismatischer Figuren bedient, sind solche Entwicklungen in der Tat zu beobachten. Emmanuel Macron zum Beispiel, der das Parteiensystem in Frankreich aufgemischt hat und sich als neuer starker Mann etabliert. Auch Sebastian Kurz in Österreich ist ein Beispiel. Aber das ist natürlich nicht ausreichend. Was muss passieren, um das Ausdehnen des Rechtspopulismus zu verhindern? Man muss dem Rechtspopulismus inhaltlich begegnen. Das wird nur gelingen, indem man seine Ursachen bekämpft. Dazu gehört zum einen ein Gefühl der Zugehörigkeit, das man den Menschen vermitteln muss. Zum anderen gilt es, den Zusammenhalt auch in sozialer und wirtschaftlicher Hinsicht zu stärken - die Gesellschaft darf hier nicht immer weiter auseinanderdriften. Hat das Establishment versagt und trägt eine Mitschuld an dem Erstarken des Rechtspopulismus? Versagen hört sich sehr drastisch an. Wir haben es mit Entwicklungen wie der Globalisierung zu tun, die dazu führen, dass Nationalstaaten die wirtschaftlichen Parameter nicht mehr souverän gestalten können. Aber das Establishment muss sich den Vorwurf gefallen lassen, dass zumindest Teile von ihnen sich von der Lebenswirklichkeit eines erheblichen Teils der Bevölkerung abgekoppelt haben. Das trifft auch auf die sozialdemokratischen Parteien zu, die ja für sich reklamieren, dass sie besonders die Interessen der sogenannten kleinen Leute vertreten. Wer muss gegen den Rechtspopulismus aktiv werden? Da sind nicht nur die Eliten gefordert, sondern es ist auch eine gesellschaftliche Auseinandersetzung. Nehmen Sie das Beispiel Zuwanderung: Wir müssen uns untereinander verständigen, wie viel Zuwanderung insbesondere auch aus dem muslimischen Kulturkreis von der Gesellschaft verkraftet werden kann. Was können Unternehmer und die Wirtschaft gegen den Rechtspopulismus tun? Ein Unternehmen hat eine Vorbildfunktion, wenn es beispielsweise um Integration geht, um kulturelle Vielfalt. Die Wirtschaft kann und sollte in diesen Fragen über ihre Verbände auch öffentlich Position beziehen. Und drittens hat die Wirtschaft eine Funktion im Hinblick auf die soziale Gestaltung der Gesellschaft. Wenn in Deutschland 20 bis 30 Prozent der Bevölkerung zu schlechten Löhnen arbeiten, muss sie das auch als ihr Thema begreifen. Ist der Rechtspopulismus eine Welle, die irgendwann wieder abebbt, wie es bei der Piratenpartei zu beobachten war? Nein, denn die Rechtspopulisten haben Themen, die sie dauerhaft bearbeiten können wie den kulturellen und sozialen Zusammenhalt. Ich würde auch jede Wette eingehen, dass die AfD trotz der parteiinternen Querelen den Sprung in den Bundestag schafft. Sie sitzt in 13 Landesparlamenten und ist die größte Facebook-Partei. Zu glauben, die AfD könne kurzfristig wieder von der politischen Bühne verschwinden, ist eine Illusion. Rechtspopulismus Der Rechtspopulismus gewinnt immer mehr an Bedeutung. Der prominenteste Kritiker des Establishments dürfte der Präsident der USA, Donald Trump, sein. Doch auch rund um Deutschland gibt es starke Vertreter mit unterschiedlichsten rechtspopulistischen Facetten: Le Pen in Frankreich, Geert Wilders in den Niederlanden oder Viktor Orban in Ungarn. Professor Frank Decker ist Politologe und forscht zu Regierungssystemen, Parteien, Rechtspopulismus und Demokratiereform. Er ist Mitglied der SPD. cd

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