Im Schwebezustand

Wie jeder Entsorgungsfachbetrieb wird auch die Container Dienst Dreieich GmbH einmal im Jahr von unabhängigen Sachverständigen überprüft. Solche Kontrollen schreibt die Entsorgungsfachbetriebsverordnung (EfbV) vor, die Mindeststandards für jedes zertifizierte Unternehmen formuliert. Seit Sommer 2017 haben die Sachverständigen mehrfach unangemeldet vorbeigeschaut. Auch Mitarbeiter des Regierungspräsidiums Darmstadt (RPDA), der Aufsichtsbehörde von Südhessen, suchten den südhessischen Entsorgungsfachbetrieb wiederholt ohne vorherige Mitteilung auf. Einen konkreten Anlass für ihre Kontrollen nannten sie nicht. Alles okay bei Container Dienst Dreieich Inhaber Thomas Totzek nimmt die Angelegenheit sportlich. "Vermutlich wird mein Betrieb deswegen gerne geprüft, weil er solche Details auch von qualifizierten Mitarbeitern übersehen werden, sind wir für diese Hinweise sehr dankbar", weiß Totzek diesen Besuchen auch etwas Positives abzugewinnen. Der südhessische Entsorgungsfachbetrieb bekommt die Folgen der Novellierung der EfbV früher als viele andere Branchenunternehmen zu spüren. Das Regelwerk, das am 1. Juni 2017 in Kraft getreten ist, formuliert nicht nur schärfere Anforderungen an die Qualifizierung des Personals, den Versicherungsschutz fürs Unternehmen oder die Geräte für die Entsorgungsprozesse. Vielmehr werden auch die Prüfer selbst noch stärker in die Pflicht genommen. Über die jährlichen Pflichttermine hinaus sollen sie jeden zertifizierten Standort auch unangekündigt besuchen. Die Einzelheiten hierzu soll eine neue Vollzugshilfe regeln, an der gegenwärtig die Länderarbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) mit Hochdruck arbeitet. Ihr gehören Vertreter des Bundes sowie der 16 Bundesländer an. "Wir sind gespannt, ob dieses Papier bis Weihnachten fertig ist", sagt Werner Baumann, Geschäftsführer der Entsorgergemeinschaft Regionaler Wirtschaftsverkehre (EGRW) in Frankfurt/Main. Die Gemeinschaft qualifiziert und zertifiziert über 100 kleine und mittlere Containerdienste, Speditionen und sonstige Mitgliedsunternehmen, welche in der Entsorgungswirtschaft tätig sind. Verbände legen Protest ein Mit einer ähnlichen Situation sehen sich die Entsorgungsfachbetriebe bei der neuen Gewerbeabfallverordnung (Gew-AbfV) konfrontiert, welche die Vorschriften für Mülltrennung und -behandlung nochmals verschärft hat. Sie trat am 1. August 2017 ebenfalls ohne neue Vollzugshilfe in Kraft. Voraussichtlich erst 2018 wird die LAGA diese vorlegen. "Bislang gibt es nicht einmal einen Entwurf", wundert sich Baumann. Die Abfallwirtschaft fürchtet, dass die bestehenden Vollzugshilfen weiter verschärft werden. Gegen den LAGA-Entwurf für die neue EfbV haben der Bundesverband der Deutschen Entsorgungswirtschaft (BDE) und drei weitere Branchenverbände Protest eingelegt. In einer gemeinsamen Stellungnahme kritisieren sie Terminvorschriften für die Jahresprüfungen sowie Anwesenheitsvorgaben für Fachpersonal. Andererseits hat der gegenwärtige Schwebezustand auch Vorteile. Weil keine Vollzugshilfe vorliegt, verzichten viele Behörden offenbar vorerst auf unangemeldete Kontrollen. Auch große Entsorgungsfachbetriebe wie die Bremer Nehlsen GmbH, die in fünf Bundesländern gewerbliche und private Abfälle entsorgt, haben bislang an keinem zertifizierten Standort unangemeldete Kontrollen erlebt. Viel hängt allerdings auch von der Aufsichtsbehörde selbst ab. So hält manches Landesamt und Regierungspräsidium unangemeldete Prüfungen auch ohne Vollzugshilfe für möglich. "Wir kontrollieren anlassbezogen", versichert ein Sprecher des Regierungspräsidiums Darmstadt. Wenn etwa Nachbarn sich über Gerüche beschweren oder Fragen zu den Zulassungsmodalitäten offen seien, werde die Behörde tätig. Kontrolleure stärker kontrolliert Von "gehäuften Überprüfungen" will das Regierungspräsidium jedoch nichts wissen. Die novellierte EfbV fordere die Mitarbeiter schließlich in einem ganz anderen Bereich heraus. Sie müssen weit stärker als bisher die Kontrolleure kontrollieren. Die Verordnung legt präzise fest, welche Voraussetzungen Prüfer von TÜV und anderen Überwachungsorganisationen erfüllen müssen und wie lange diese einen zertifizierten Betrieb kontrollieren dürfen. Spätestens nach fünf Jahren muss ein anderer Sachverständiger diese Aufgabe übernehmen. Auch Entsorgergemeinschaften wie EGRW werden stärker in die Pflicht genommen. Sie müssen die Überwachungsbehörden über Ein- und Austritte von Mitgliedsunternehmen informieren und bei konkreten Anfragen auch weitere Einzelheiten mitteilen. Mancher Entsorgungsfachbetrieb stellt sich wegen dieser Paragrafen bereits jetzt auf schärfere Jahresüberprüfungen ein. "Mein Betrieb ist auf eine solche Entwicklung ebenso vorbereitet wie auf zusätzliche unangemeldete Kontrollen", sagt der Suhler Schüttguttransportunternehmer und Containerdienstleister Bernd Güth. Weil der Thüringer Betrieb auch gefährliche Abfälle wie Zementasbest entsorgt, muss er weitere Zertifizierungen entsprechend der europäischen Industrieemissionsrichtlinie (EID) absolvieren. "Wir dürfen uns schon jetzt an keinem Arbeitstag Fehler erlauben", schlussfolgert Güth. Weitaus mehr Ärger kann hingegen die GewAbfV verursachen, weil hier vor allem die Kunden gefordert sind. Sie müssen acht Abfallsorten, darunter Papier, Holz, Glas und Kunststoff, vor der Übergabe an den Entsorgungsdienstleister trennen und dies dokumentieren (siehe Kasten Seite 27). Der Gesetzgeber erlaubt eine Fehlerquote von höchstens fünf Prozent. Wenn diese überschritten wird, muss der Dienstleister nachträglich trennen. Alles deutet auf eine Verteuerung hin "Wir haben lange vor dem 1. August die Kunden über die verschärften Anforderungen des Gesetzgebers informiert", betont Michael Meyering, Geschäftsführer von Rüschen Entsorgung in Lathen. Weil nahezu alle Auftraggeber sich an die neuen gesetzlichen Vorgaben halten, kann sich der niedersächsische Entsorgungsfachbetrieb auf die Trennung der verbleibenden Gemische konzentrieren. Bis Anfang 2019 muss er seine Anlagen hierfür nachrüsten. Allenfalls für Abfälle, deren Trennung technisch nicht möglich oder "wirtschaftlich nicht zumutbar" ist, lässt der Gesetzgeber Ausnahmen zu. "Das wird auch eine Frage der aktuellen Marktpreise sein", ahnt Meyerling. Auf eine genaue Definition, was wirtschaftlich zumutbar ist, hat der Gesetzgeber nämlich verzichtet. Doch in Summe lässt sich jetzt schon sagen, dass die neuen Bestimmungen den Aufwand für die Entsorgung erhöhen werden. Mehr zum Thema finden Sie im Dossier "Recycling" www.verkehrsrundschau.de/dossiers Gadsys kommt Der Weg zum gläsernen Entsorger Viel ist auf dem Portal Gadsys derzeit noch nicht zu sehen. Ab Sommer 2018 soll dies anders werden. Jedes Zertifikat für einen Entsorgungsfachbetrieb wird dann auf dieser Plattform gelistet. Auch Prüfberichte sollen hier eingespeist werden, was einige Entsorger als datenschutzrechtlich problematisch empfinden. Im Auftrag von Bund und Ländern baut die Länder-Arbeitsgruppe Gemeinsame Abfall DV-Systeme (Gadsys) das Portal zum offiziellen Fachbetriebe- und Zertifizierungsregister aus. Gegenwärtig tüftelt sie an maschinenlesbaren Versionen der Zertifikate."Wir benötigen hierfür möglichst schnell verbindliche Vorgaben für unsere eigene Arbeit", drängt Werner Baumann die Arbeitsgruppe zur Eile. Die EGRW verschickt bereits digitale Dokumente und fürchtet, dass jetzt umfangreiche Updates bevorstehen. bot Neue Gewerbeabfallverordnung Neue Regelungen für Erzeuger, Besitzer und Behandler von Abfall Wenn eine 15 Jahre alte Verordnung abgelöst wird, dann kann man sich in einem Land wie Deutschland darauf einstellen, dass damit fühlbare Veränderungen einhergehen. Genau das ist bei der neuen Gewerbeabfallverordnung (GewAbfV) der Fall, deren neue Fassung am 1. August in Kraft getreten ist."Die Neufassung macht kleinen und mittelständischen Unternehmen das Leben deutlich schwerer als bisher", heißt es dazu in einem Rundschreiben des Bundesverbandes Sekundärrohstoffe und Entsorgung (BVSE). Als ein Grund werden umfangreiche Dokumentations- und Nachweispflichten für Erzeuger und Besitzer von Abfall genannt. Zu den Besitzern von Abfällen gehören auch Unternehmen, die Abfälle sammeln und befördern.Eine weitere Änderung der neuen GewAbfV: Jetzt müssen auch Holz, Textilien und Produktionsabfälle getrennt gesammelt und entsorgt werden. Wenn dies technisch, räumlich oder wirtschaftlich nicht möglich ist, müssen diese Mischabfälle zu einer zugelassenen Vorbehandlungsanlage gebracht werden und dort entsprechend entsorgt werden.Jean Doumet vom Bundesumweltministerium bezifferte den zusätzlichen Erfüllungsaufwand für die Branche auf jährlich 16 Millionen Euro, verursacht hauptsächlich durch die Getrenntsammlung und die Zuführung zur Vorbehandlung statt zu energetischer Verwertung. Hinzu kämen 192 Millionen Euro als einmaliger Umstellungsaufwand, verursacht vor allem durch neue Anforderungen an die Vorbehandlung. Damit aber nicht genug: Das neue Verpackungsgesetz, das im Mai 2017 verabschiedet wurde, sieht deutlich höhere Recyclingquoten vor. So soll zum Beispiel die Recycling-Quote für Kunststoffverpackungen von bisher 36 Prozent bis zum Jahr 2022 auf 63 Prozent steigen. Auch bei anderen Verpackungsmaterialien werden die Recycling-Quoten deutlich erhöht, bei Metallen, Glas und Papier auf 90 Prozent. Der Abfall wird dadurch nicht mehr, aber die Entsorgung spürbar anspruchsvoller und damit aufwendiger. cd

Elektromobilität: Hamburg will Ladepunkte auf 10.000 erhöhen

Bürokratieentlastung: Bundesrat stimmt neuer Verordnung zu

Automobilzulieferer: Bosch will weitere Stellen streichen

A7 wird zeitweise gesperrt

Schwerpunktkontrollen: Viele Verstöße von Lkw und Bussen

Alle Schlagzeilen

Im Schwebezustand

HASHTAG

#Transportrecht

Benelux-Staaten tauschen Daten aus Lkw-Kontrollen aus

Ampeln sorgen für Transparenz

Wenn ein Unterschied Probleme bringt

MEISTGELESEN

Emons Spedition siedelt sich am c-Port an

Änderung durch EU-Mobilitätspaket: Mitführungspflicht verdoppelt sich

Duvenbeck übernimmt Sander Logistics

STELLENANGEBOTE

Head of Logistics (w/m/d) mit fundierter Erfahrung im internationalen Versand

Schichtleiter (w/m/d) Logistik - Warenausgang

Teamleiter Lager im Handelslager/ Brennschneidbetrieb (w/m/d)

Koordinator (m/w/d) Intralogistik mit Teamleitungsfunktion

Leiter (w/m/d) Logistik Teilbereich Warenausgang

WEITERLESEN

NEWSLETTER