Ampeln sorgen für Transparenz

Ist von der "Liste der sieben Todsünden" die Rede, meint dies den Anhang IV zur Verordnung (EG) 1071/2009: eine Liste der sieben schwersten Verstöße, die den Zugang einer Person oder eines Unternehmens zum Güterkraftverkehrsmarkt verhindern können. Zum 1. Januar 2017 wurde die Verordnung (EG) 1071/2009 um die VO (EU) 2016 /403 ergänzt. Zusammen mit der Richtlinie 2006/22/EG, die die Grundlagen für die staatlichen Kontrollen beinhaltet, regeln diese Verordnungen, welche Unternehmen Zugang zum Markt erhalten. "Durch die neuen Vorschriften sollen Vorgehensweisen der einzelnen EU-Mitgliedsstaaten harmonisiert werden", erklärt Hartmut Nau, Schulungsleiter bei TachoEasy. Der Entwickler für Software- und Telematik-Systeme bietet auch Weiterbildungen für Transportunternehmen an. Laut Schulungsleiter Nau werden Unternehmen nach der neuen Verordnung nach Schwere und Häufigkeit von Verstößen eingestuft. Betriebe mit erhöhtem Risiko - einer Häufung schwerer Verstöße - sollen häufiger und strenger kontrolliert werden. "Gemeint ist hier grundsätzlich das Risiko, dass es zu Todesfällen oder schweren Körperverletzungen im Straßenverkehr kommt", präzisiert Nau. Die Regelungen für den Marktzugang gelten grundsätzlich für Unternehmen, die genehmigungspflichtigen Güterverkehr betreiben. Dabei geht es um Erwerb und Aufrechterhaltung der Gemeinschaftslizenz. Der Nachweis über die Erfüllung der Berufszugangsvoraussetzungen müsse jederzeit erbracht werden können, sagt Nau. Risikoeinstufung nach Zuverlässigkeit Neben einer tatsächlichen dauerhaften Niederlassung in einem der EU-Mitgliedstaaten, finanzieller Leistungsfähigkeit und der fachlichen Eignung nach VO (EG) 1071/2009 ist die wichtigste Voraussetzung für den Zugang zum Beruf im Güterkraftverkehr die Zuverlässigkeit des Unternehmens und der im Unternehmen verantwortlichen Personen. "Die Einhaltung der Vorschriften muss zuverlässig gewährleistet sein", erläutert Nau. Beim bisherigen Verfahren wurde die Risikoeinstufung anhand der Verstöße aus Artikel 6 der VO (EG) 1071/2009 vorgenommen. Dieser beschäftigt sich mit der Zuverlässigkeit des Unternehmers oder des Verkehrsleiters - reine Fahrerverstöße sind nicht enthalten. Begangene Verstöße wurden mittels eines Punktesystems bewertet: - schwerster Verstoß = 5 Punkte - schwerwiegender Verstoß = 3 Punkte - schwerer Verstoß = 3 Punkte - sonstiger Verstoß = 1 Punkt "Die eigentliche Risikoeinstufung war an das Erreichen bestimmter Punktzahlen gebunden", erklärt Nau. Wenn jemand die festgelegte Risikogrenze erreicht hat, wurde ein Verfahren zur Überprüfung der Berufszugangsvoraussetzungen eröffnet. Diese Grenze war abhängig von der Unternehmensgröße. Eine Überprüfung konnte eingeleitet werden bei Unternehmen mit - bis zehn Fahrzeugen ab fünf Punkten - bis 50 Fahrzeugen ab acht Punkten - über 50 Fahrzeugen ab elf Punkten "Die Überprüfung der Zuverlässigkeit des Unternehmers oder des Verkehrsleiters konnte die Aberkennung der Lizenz zur Folge haben", weiß Nau. Art und Schwere des Verstoßes zählen Mit Inkrafttreten der VO (EU) 2016/403 wurde das bisherige Punktesystem durch ein anschaulicheres Ampelsystem ersetzt. Dies soll eine EU-weite systematische Risikoeinstufung aller Verkehrsunternehmen ermöglichen. Die national geführten Verkehrsunternehmensdateien sollen künftig in einem europäischen Zentralregister zusammengeführt werden. Eine rote Ampel kennzeichnet ein Unternehmen mit hohem Risiko, dessen Zugangsvoraussetzung unverzüglich überprüft werden muss. Ein Unternehmen mit gelber Ampel (mittleres Risiko) soll innerhalb von zwei Jahren überprüft werden. Bei niedrigem Risiko bleibt die Ampel grün. Die farbliche Einstufung erfolgt auf Grundlage des Schweregrads des Verstoßes, des Zeitraums sowie der Anzahl der eingesetzten Fahrer im Jahresdurchschnitt (siehe Tabelle links). Die "Todsündenliste" wurde um Vergehen erweitert und gleichzeitig konkretisiert. Seit Januar 2017 werden die Verstöße nach Art und Schweregrad in drei Kategorien eingeteilt: - SI = Serious Infringement/Schwerwiegender Verstoß - VSI = Very Serious Infringement/Sehr schwerwiegender Verstoß - MSI = Most Serious Infringement/ Schwerster Verstoß Die VO (EU) 2016/403 listet sämtliche Verstöße nach Art und Schweregrad der von ihnen ausgehenden Gefahr tödlicher oder schwerer Verletzungen (Beispiele siehe Tabelle oben). Zusätzlich bietet sie eine Grundlage, nach der wiederholt auftretende Verstöße zu einem schwereren Verstoß zusammengerechnet werden. "Drei Verstöße der Kategorie SI pro Fahrer pro Jahr werden zu einem VSI aufsummiert", erklärt Nau. "Drei VSI ergeben einen MSI, der die sofortige Einleitung einer Überprüfung zur Folge hätte." Gewissenhaftigkeit wird belohnt Hartmut Nau sieht in dem neuen System viele Vorteile für die Unternehmen: "Das Ampelsystem mit den kategorisierten Verstößen ist transparenter." Es sei klar ersichtlich, welche Folgen welcher Verstoß für ein Unternehmen haben kann. Bei konsequenter, EU-einheitlicher Umsetzung der Vorschriften könnte der Wettbewerb entzerrt und "schwarze Schafe" zum Marktaustritt gezwungen werden. "Unternehmen, die ihren gesetzlichen Verpflichtungen nachkommen, werden belohnt." Der Experte empfiehlt Unternehmern, die Strukturen und Verantwortlichkeiten im Unternehmen jetzt zu überprüfen. "Führen Sie, etwa im Rahmen eines Qualitätsmanagementsystems, rechtskonforme Prozesse im kompletten Beförderungsablauf ein", rät Nau. "Darin sollte ein Maßnahmenkatalog enthalten sein, der entsprechende Reaktionen auf Verstöße beinhaltet." Diese Maßnahmen sowie durchgeführte Qualifizierungen und Schulungen sollten detailliert dokumentiert werden. "Im Falle einer behördlichen Kontrolle haben Sie so einen Nachweis, dass Sie Ihren unternehmerischen Pflichten nachgekommen sind." Mehr zum Thema im Dossier "Lenk- und Ruhezeiten" www.verkehrsrundschau.de/dossiers Online-Seminare Noch Fragen?Die Informationen dieses Artikels entstammen dem Online-Seminar "Die Liste der Todsünden", das die VerkehrsRundschau am 27. September veranstaltet hat. Das vollständige Webinar mit weiteren Informationen und anschaulichen Praxisbeispielen sowie zahlreichen Fragen der Teilnehmer und Antworten des Experten Hartmut Nau finden VR-Abonnenten als Video im Profiportal VerkehrsRundschau plus unter:www.verkehrsrundschau-plus.de/fahrer/ webinare"Cyber-Risiken richtig versichern"Im nächsten Online-Seminar geht es um Cyber-Versicherungen.Termin: 8. November 2017, 15.00-16.00 Uhr Referent: Sascha Michel Kessel, Leiter Competence Center Cyber/Experte Betriebliche Haftpflichtversicherung (DMA), OSKAR SCHUNCK GmbH & Co. KG.www.verkehrsrundschau.de/cyber-risiken

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