Hamburger Hafen

Hamburger Hafen Große Nachfrage, aber schlechte Preise Kein Hafen in Europa setzt so stark auf die Bahn im Hinterlandverkehr wie der Hamburger Hafen. Zahlreiche KV-Operateure tummeln sich mittlerweile in diesem Markt. Die Folge: Es drohen Überkapazitäten. Das Bessere ist bekanntlich der Feind des Guten. Knapp 720.000 TEU (20-Fuß-Standardcontainer) werden jährlich zwischen Hamburg und Bayern umgeschlagen. 67 Prozent der Container gehen auf die Schiene – macht immerhin über 482.000 TEU. Vor drei Jahren waren es noch knapp 428.000 TEU (62 Prozent). Noch viel Luft nach oben „Da ist noch viel Luft nach oben“, urteilt Karl Fischer, Leiter des Logistikkompetenzzentrums (LKZ) Prien. Der Bahnanteil an den Bayern-Hinterlandverkehren des Hamburger Hafens kann seiner Meinung nach um bis zu zehn Prozent steigen. Fischer muss es wissen: Er leitet das Projekt „Hafen Hamburg 62 Plus“. In diesem lotete das LKZ das Marktpotenzial von intermodalen Hinterlandverkehren aus. „Hamburg muss sich stärker auf die Operateure und ihre Kunden einstellen“, mahnt der Logistikexperte. Vor allem zwei Unternehmen haben in den letzten zwei Jahren ihre Anteile kräftig ausgebaut: Metrans, die Bahntochter der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA), sowie TFG Transfracht, der Hafenhinterlandverkehrsspezialist der Deutschen Bahn (DB). Transfracht fährt heute ein Dutzend Terminals in Baden-Württemberg, Bayern und Südhessen an und hat außerdem in Österreich und der Schweiz Fuß gefasst. Aufsehen erregte zuletzt die Aufnahme des Kombi-Terminals Ludwigshafen (KTL) ins TFG-eigene Netzwerk im Juni 2013. Damit baut die Bahn-Tochter nicht nur ihre Präsenz in einer Region aus, welche die meisten Export- und Importverkehre über die Häfen Amsterdam/Rotterdam/Antwerpen (ARA) abwickelt. Außerdem verfügt sie über ein Sprungbrett in west- und südeuropäische Märkte. „Das KTL eignet sich als ideale Hinterlanddrehscheibe für Gateway-Verkehre nach Frankreich, Italien oder Spanien“, bestätigt Sebastian Kolb, Regionalleiter West von Transfracht. Auch Metrans hat im Oktober 2013 Ludwigshafen mit zunächst drei Rundläufen in der Woche angeschlossen. Außerdem fährt die HHLA-Tochter seitdem Basel an. Zusätzlich eröffnete sie in ihrem tschechischen Heimatmarkt ein eigenes Terminal 180 Kilometer östlich von Prag. Von hier aus können Österreich, die Slowakei und Ungarn erschlossen werden. Trimodal von Hamburg bis nach Mainz Mit diesem Expansionsdrang können kleinere Operateure kaum Schritt halten. Mancher Marktteilnehmer zeigt sich trotzdem erfinderisch. So baute IGS Logistics Group in Hamburg, welche mit der Spedition Konrad Zippel ein eigenes Bahnnetzwerk aufgebaut hat, die Rundläufe von der Nordsee nach Aschaffenburg trimodal aus. Vom Terminal des Mainhafens aus startete das Logistikunternehmen jetzt eine wöchentliche Binnenschifffahrtslinie zum Terminal Mainz, welches per Schiff und Schiene direkt an die ARA-Häfen angebunden ist (siehe Seite 22/23). Außerdem eröffnete IGS Logistics einen Rundlauf nach Kornwestheim und hat jetzt nahezu alle großen Terminals in Süddeutschland am Netz. Für die Zukunft bleibt IGS jedoch skeptisch. „Wir haben vor allem in Süddeutschland Überkapazitäten im Hinterlandverkehr“, sagt Oliver Matthiesen, IGS-Leiter für intermodale Verkehre. „Als Folge stehen die Preise massiv unter Druck.“ Weit über zehn Prozent hätten diese in den letzten zwei Jahren nachgegeben, Tendenz weiter fallend. Denn die Großen bauen ihr Netz weiter aus. Mit dem Fahrplanwechsel 2013/14 hat Transfracht die Zahl der Rundläufe nach Süddeutschland kräftig erhöht. So gibt es jetzt wöchentlich elf Abfahrten nach Ludwigshafen, acht nach Ulm und 18 nach Regensburg. „Auch Metrans wird weiter in den deutschen Markt hineinwachsen“, ist Matthiesen überzeugt. In wichtigen Terminals wie Kornwestheim und Frankfurt/Main ist die Metrans noch nicht präsent. Über einen weiteren Ausbau ihrer Hinterlandverkehre schweigt sich die börsennotierte HHLA jedoch aus. Aber ihr Coup vom April 2012 hat sich längst ausgezahlt. Vor knapp zwei Jahren verkaufte das Unternehmen seine Anteile an Transfracht (50 Prozent) der DB. Im Gegenzug übernahmen die Hamburger die DB-Anteile an den Kombioperateuren Metrans und Polzug. An Metrans hält HHLA nach der Transaktion 86,5 Prozent. Mit diesem Tochterunternehmen, das von jeher schwarze Zahlen schrieb und eigene Lokomotiven und Waggons hat, war der Aufbau eines eigenen Hinterlandnetzes leichter möglich als mit der defizitären Transfracht. Für 2013 meldet die HHLA für alle Hinterlandverkehre einen Zuwachs von stolzen 18 Prozent auf 1,2 Millionen TEU. Den Löwenanteil hat Metrans mit der Expansion in den deutschen, österreichischen und schweizerischen Markt beigesteuert. „Wir haben unseren Marktanteil in einem stagnierenden Umfeld kräftig gesteigert und unsere Wettbewerbsposition unter schwierigen Rahmenbedingungen gestärkt“, freut sich HHLA-Chef Klaus Dieter Peters. Mit vergleichbaren Zahlen für 2013 kann kein Konkurrent dienen. Der größte Wettbewerber TFG Transfracht meldet infolge der Schließung zweier kleinerer Relationen in der Schweiz und Österreich einen Rückgang von 50.000 TEU auf 825.000 TEU. Die übrigen Marktteilnehmer müssen sich mit Wachstumsraten von höchstens fünf Prozent begnügen. Günstige Preise reichen nicht aus Mit konkreten Aussagen für 2014 halten sich die einzelnen Marktteilnehmer auffallend zurück. Die Furcht, als Folge des zunehmenden Preisdrucks Wachstumspotenziale nicht realisieren zu können und im sich abzeichnenden Verdrängungswettbewerb den Kürzeren zu ziehen, ist mit Händen zu greifen. „Von den prognostizierten fünf Prozent Wachstum für Container-Verkehre werden sicher auch die intermodalen Hinterlandverkehre profitieren“, hofft Berit Börke, Prokuristin bei TFG Transfracht. „Wir werden 2014 unsere Verbindungen stärken und unseren Kundenservice weiter ausbauen“, schließt sie neue Relationen jedoch offenbar aus. Jetzt bleibt die spannende Frage, ob die Operateure ihre massiv ausgebauten Netze aufrechterhalten können. Andernfalls werden wohl wieder die Vorschläge von „Hafen Hamburg 62 Plus“ aufs Tapet gebracht. Die Projektpartner hatten ein überzeugendes Leercontainermanagement und eine bessere Vernetzung der Terminals angemahnt. „Mit billigen Preisen allein sind weitere Verlagerungen auf die Schiene nicht zu schaffen“, sagt Fischer. „Auch Bündelungspotenziale müssen ausgeschöpft werden.“ ❙❚■ Stefan Bottler, freier Journalist Hinterlandverkehr nach Österreich Konkurrenz nimmt zu Etwa ein halbes Dutzend Operateure bieten knapp 70 wöchentliche Rundläufe von Hamburg nach Österreich an. Mit einem Jahresaufkommen von 300.000 TEU ist der Alpenstaat der zweitgrößte Markt nach Bayern. Aller-dings machen den Marktteilnehmern sinkende Preise und starke Voluminaschwankungen vor allem bei Importen zu schaffen. „Die Zeit der zweistelligen Zuwächse ist vorbei“, sagt Mario Gruber, Sales Manager von IMS Cargo. „2014 werden wir höchstens um zwei Prozent zulegen.“ Gruber sieht vor allem infolge des wachsenden Engagements von RCA, Transfracht und Metrans einen Verdrängungswettbewerb heranziehen. Auch die RCA spricht von maximal drei Prozent Wachstum im laufenden Jahr. Der Konzern will die vorhandenen Verbindungen ab Salzburg, Wien und Wolfurt (18 Rundläufe) weiter ausbauen. Auch nach Triest gibt es einen zusätzlichen Rundlauf. Ansonsten sehen die Marktteilnehmer die Adria-Hinterlandverkehre vorerst nicht auf Augenhöhe mit den Hamburg-Hinterlandverkehren. „Trotz kürzerer Entfernung sind die Adria-Angebote weiterhin teurer“, sagt Gruber. So müssen auf wichtigen alpenquerenden Strecken wie dem Semmering zwei Lokomotiven eingesetzt werden. bot Die Operateure im Hinterland-verkehr haben auch Österreich, Schweiz und Osteuropa im Blick „Als Folge von Überkapazitäten stehen die Preise massiv unter Druck“ Oliver Matthiesen, Leiter Intermodale Verkehre, IGS Logistics Group Schwerpunkt Kombinierter Verkehr

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