Härtere Strafen

Endlich besteht Klarheit: Am 8. Oktober 2021 hat der Bundesrat einem neuen Bußgeldkatalog zugestimmt. Nun muss die neue Verordnung nur noch vom Bundesverkehrsminister unterschrieben und dann im Bundesgesetzblatt veröffentlicht werden. Nach Ablauf von drei Wochen nach dem ersten Veröffentlichungstag tritt die Verordnung dann in Kraft. Der Bußgeldkatalog ist Teil der Bußgeldkatalogverordnung. Dort wird geregelt, mit welchen Verwarnungen, Bußgeldern oder Fahrverboten welche Verkehrsverstöße geahndet werden sollen. Eigentlich trat die Novelle schon im April 2020 in Kraft, als Teil der 54. Novelle der Straßenverkehrsordnung (StVO). Und nach dieser Bußgeldkatalog-Verordnung sollten vor allem die Fahrverbote künftig deutlich früher verhängt werden können als bisher. Allerdings war diese Neuregelung so sehr umstritten, dass der Streit zwischen der Bundesregierung und mehreren Bundesländern eskalierte. Mit der Folge, dass der Artikel 3 der 54. StVO-Novelle bereits im Juli 2020 im neuen Bußgeldkatalog außer Vollzug gesetzt wurde. Alle anderen Neuregelungen galten dagegen unverändert weiter. Formfehler verzögerte die Novelle Hintergrund dafür war letztlich ein Formfehler: Im Vorwort der Novelle wurde die gesetzliche Grundlage für Fahrverbote nicht genannt. Weitreichende Verbote dürfen indes nicht einfach durch eine Verordnung des Ministers geregelt werden. Es sein denn, der Gesetzgeber erlaubt genau das dem Verordnungsgeber. Das war zwar hier der Fall, weil es ein solches Erlaubnisgesetz gab. Nur wurde dies im Vorwort der Novelle eben nicht ausdrücklich benannt. Was wiederum gegen das Zitiergebot verstieß. Mit der Folge, dass einige Bundesländer sich wegen dieses Formfehlers weigerten, die Novelle anzuerkennen, und so die Chance nutzten, den neuen Bußgeldkatalog mit den ungeliebten erleichterten Fahrverboten loszuwerden. Schließlich konnte oder wollte Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer nicht anders und wies die Bundesländer an, wieder den alten Katalog anzuwenden. Teilweise drastisch erhöhte Bußgelder Seitdem wurde diskutiert, gerungen und gestritten. Den bereits ausgehandelten neuen Katalog einfach ohne Formfehler neu zu verabschieden, kam nicht in Betracht. Man wollte neu verhandeln und einen neuen Versuch starten, die erleichterten Fahrverbote zu verhindern. Ergebnis ist der nun vorliegende neue Bußgeldkatalog, der jetzt am 8. Oktober vom Bundesrat akzeptiert wurde. Die Neuregelung der Fahrverbote ist damit zwar vom Tisch. Dafür gibt es aber neue, teilweise drastisch erhöhte Bußgelder, vor allem für Geschwindigkeitsüberschreitungen und Parkverstöße. Im Übrigen hat der Bundesrat zeitgleich in einer begleitenden Entschließung die Bundesregierung dazu aufgefordert, die Verwarnungsgeldgrenze von bisher 55 Euro zu erhöhen. Andernfalls würden, wird dies begründet, die vielen auf Bußgeldniveau erhöhten Verkehrsverstöße zu zu viel Mehrarbeit bei den Bußgeldabteilungen führen. Außerdem soll die Gebühr für den Fahrzeughalter bei Verstößen erhöht werden, bei denen der Fahrer nicht ermittelbar ist. Nachdem nun der neue Bußgeldkatalog in Kraft getreten ist, können auch die neuen Regelungen sanktioniert werden. Und diese haben es in sich: So wurden mit der 54. StVO Novelle nicht nur neue Bußgeldtatbestände eingeführt, sondern durch den gesamten Bußgeldkatalog fegte der Verschärfungswind. Sprich: Es wird künftig deutlich teurer. Park- und Halteverstöße So wird die Sanktion für verbotswidriges Parken auf Geh- und Radwegen auf bis zu 110 Euro angehoben. Das Ticket für unberechtigtes Parken auf einem Schwerbehinderten-Parkplatz steigt von 35 auf 55 Euro. Außerdem wird ein neuer Tatbestand eingeführt: unberechtigtes Parken auf einem Parkplatz für elektrisch betriebene und Carsharing-Fahrzeuge. Hier werden zukünftig 55 Euro fällig. Dabei parkt auch derjenige (Lkw-)Fahrer verbotswidrig auf einem E-Platz, wenn er nachts auf einem Supermarktparkplatz ruhen will und mit seinem Heck so dicht an die Ladesäule herangefahren ist, dass diese nicht mehr ordnungsgemäß bedient werden kann. Bei Parkverstößen in amtlich gekennzeichneten Feuerwehrzufahrten oder mit Behinderung von Rettungsfahrzeugen erfolgt eine Erhöhung des Bußgelds auf bis zu 100 Euro. Die Sanktion für rechtswidriges Parken an engen oder unübersichtlichen Straßenstellen oder im Bereich einer scharfen Kurve wird auf bis zu 55 Euro angehoben. Ganz allgemein wird der "normale" Halt- und Parkverstoß statt bisher mit bis zu 15 Euro mit einem Verwarnungsgeld bis zu 55 Euro geahndet. Die Folge bei rechtswidrigem Parken im Schienenraum kann bis zu 70 Euro betragen. Ein Tatbestand "Schienenverkehr nicht Vorrang gewährt" wird eingeführt und ein Verstoß hiergegen mit 80 Euro geahndet. Verkehrsverstöße rund um Rettungsgasse Verkehrsverstöße rund um das Thema Rettungsgasse wollte der Gesetzgeber besonders streng ahnden, auch weil es hier in der Vergangenheit immer wieder den Vorwurf gab, "Täter" würden zu lasch sanktioniert. Bislang musste ein Pkw- oder auch Lkw-Fahrer bei Verkehrsverstößen rund um die Rettungsgasse mit maximal 200 Euro Bußgeld rechnen. Künftig gibt es dafür jetzt auch einen Monat Fahrverbot. Neu ist auch: Wer verbotswidrig durch die Rettungsgasse fährt, zahlt mindestens 240 Euro und erhält zwei Punkte und einen Monat Fahrverbot. In beiden Fällen können bis zu 320 Euro fällig werden, wenn dabei andere behindert, gefährdet oder Fahrzeuge beschädigt werden. Bei fehlerhaften Abbiegevorgängen oder einer Sorgfaltspflichtverletzung beim Ein- oder aber Aussteigen werden die Geldbußen sogar verdoppelt, und im Falle einer Gefährdung wird zusätzlich ein Fahrverbot von einem Monat verhängt. Vermeidbare Belästigung Die vorschriftswidrige Nutzung von Gehwegen, linksseitig angelegten Radwegen und Seitenstreifen wird künftig mit bis zu 100 Euro Geldbuße geahndet. Bislang lag das Bußgeld hier bei bis zu 25 Euro. Auch das sogenannte Auto-Posing ahndet der neue Bußgeldkatalog künftig strenger. So wurde die Geldbuße für das Verursachen von unnötigem Lärm und einer vermeidbaren Abgasbelästigung sowie für das belästigende unnütze Hin- und Herfahren von bislang bis zu 20 Euro nun auf bis zu 100 Euro angehoben. Zudem werden nun die Geldbußen bei Halt- oder Parkverstößen auf Bussonderstreifen und im Haltestellenbereich von bis zu 35 Euro auf bis zu 100 Euro erhöht. Rechtsabbiegen innerorts Neu ist die Pflicht für Lkw, beim Rechtsabbiegen innerorts nur mit Schrittgeschwindigkeit zu fahren. Ein Verstoß gegen diese Neuregelung wird mit 70 Euro Bußgeld geahndet. Konkret heißt es dazu neu in Paragraf 9 Abs. 6 StVO: "Wer ein Kraftfahrzeug mit einer zulässigen Gesamtmasse über 3,5 Tonnen innerorts führt, muss beim Rechtsabbiegen mit Schrittgeschwindigkeit fahren, wenn auf oder neben der Fahrbahn mit geradeaus fahrendem Radverkehr oder im unmittelbaren Bereich des Einbiegens mit die Fahrbahn überquerendem Fußgängerverkehr zu rechnen ist." Sprich: Es muss also nicht grundsätzlich und immer beim Abbiegen auf mindestens zehn Stundenkilometer abgebremst werden. Entscheidend ist die Frage, ob an der Kreuzung oder Einmündung mit Radfahrern oder Fußgängern zu rechnen ist. Das ist immer der Fall, wenn es einen gesondert gekennzeichneten Rad- oder Fußweg gibt, oder wenn tatsächlich Radfahrer oder Fußgänger zu sehen sind. Das Schrittgeschwindigkeitsgebot gilt aber auch, wenn an der Seite Häuser stehen, aus deren Einfahrten jederzeit und ungesehen jemand heraustreten oder -radeln kann. Und es gilt, wenn vorher auf der Strecke immer mal wieder Radfahrer oder Fußgänger unterwegs waren oder aus Erfahrung bekannt ist, dass mit ihnen an dieser Stelle gerechnet werden muss. Halten und Parken in zweiter Reihe Im Fokus des Gesetzgebers standen außerdem das Halten und Parken in zweiter Reihe. Verboten war das schon immer. In Zukunft kostet das Halten (weniger als drei Minuten, ohne das Fahrzeug zu verlassen) aber mindestens 55 Euro. Wenn durch das Halten jemand behindert wird, kann dies sogar bis zu 80 Euro kosten und einen Punkt in Flensburg bringen. Und das unerlaubte Parken kostet dann 80 Euro und bringt einen Punkt, wenn es länger als 15 Minuten dauert. Mehr zum Thema finden Sie unter #Verkehrsrecht www.verkehrsrundschau-plus.de/hashtag In Kürze Der Bundesrat stimmte nun dem neuen Bußgeldkatalog zu. Jetzt muss die neue Verordnung von Bundesverkehrsminister Scheuer unterschrieben und im Bundesgesetzblatt veröffentlicht werden. Erst dann tritt sie in Kraft. Was sich für Verkehrssünder ändert, was neu ist, und ab wann diese Regelungen gelten, zeigt der Artikel. Die 54. StVO Novelle in Kürze Die 54. StVO Novelle erhält vor allem neue Vorschriften zum Schutz von Fahrradfahrern und Fußgängern sowie zur Förderung von E-Mobilität und Carsharing. So wird beim Überholen von Fußgängern und Radfahrern ein Mindestüberholabstand von 1,5 Metern innerorts und zwei Metern außerorts vorgeschrieben. Rechtsabbiegende Fahrzeuge über 3,5 Tonnen dürfen innerorts nur mit Schrittgeschwindigkeit (maximal zehn Stundenkilometer) fahren, wenn mit Fahrrädern oder Fußgängern zu rechnen ist. Das Nebeneinanderfahrern von Radfahrern ist nun ausdrücklich erlaubt. Auf Schutzstreifen für den Radverkehr (gestrichelte weiße Linie) gilt ein generelles Haltverbot. Die Nutzung von Radarwarn-Apps auf dem Mobiltelefon ist ausdrücklich verboten. Unnötiger Lärm und vermeidbare Abgasbelästigungen oder das unnütze Hin- und Herfahren innerorts bei der Benutzung von Fahrzeugen (sogenanntes Posing) sind verboten. Künftig kann das unerlaubte Nutzen einer Rettungsgasse genauso verfolgt und geahndet werden wie das Nichtbilden einer Rettungsgasse. Es drohen hohe Bußgelder. (Matthias Westerholt) Geschwindigkeitsüberschreitung: Ab da wird es teuer Neue Bußgelder für Verstöße mit Anhänger oder Kfz über 3,5 t (Lkw) außerorts/innerort Neue Bußgelder für Geschwindigkeitsüberschreitungen mit Kfz mit gefährlichen Gütern oder Bussen außerorts/innerorts alt neu alt neu bis 10 km/h 15/20 € 30/40 € 30/35 € 60/70 € 11-15 km/h 20/30 € 50/60 € 35/60 € 70/120 € bis 15 km/h über 5 min. 70/80 € 140/160 € 120/160 € 240/320 € 16-20 km/h 70/80 € 14/160 € 120/160 € 240/320 € 21-25 km/h 80/95 € 150/175 € 160/200 € 280/360 € 26-30 km/h 95/140 € 175/235 € 240/280 € 400/480 € 31-40 km/h 160/200 € 255/340 € 320/360 € 560/640 € 41-50 km/h 240/280 € 480/560 € 400/480 € 700/800 € 51-60 km/h 440/480 € 600/700 € 560/600 € 800/900 € über 60 km/h 600/680 € 700/800 € 680/760 € 900/950 € Anmerkung: Anders als bei den Bußgeldern für Geschwindigkeits-überschreitungen sieht die neue Straßenverkehrsordnung (StVO) bei den Fahrverboten keine Änderungen vor. Das heißt: Fahrverbote gibt es auch nach Inkrafttreten der neuen StVO bei 31 Stundenkilometern zu viel innerorts und 41 Stundenkilometern außerorts. Das gilt es mit dem neuen Bußgeldkatalog zu beachten:Wer wiederholt mindestens mit 26 Stundenkilometern zu viel geblitzt wird, muss ebenfalls mit einem Fahrverbot rechnen (Stichwort Wiedderholungstäter-Regel). (Matthias Westerholt)

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