Franzosen machen Druck

Frankreich hat sich in diesem Sommer als wunderbares Gastgeberland für den europäischen Fußball gezeigt. Für den europäischen Straßengüterverkehr indessen ist Frankreich ein zunehmend schwieriger Partner: Neue Gesetze und bisweilen mehr als eigenwillige Interpretationen europäischen Rechts, gepaart mit wenig charmanter französischer Bürokratie, machen Frankreich-Transporte zu einem für Unternehmen mehr und mehr riskanten Unterfangen. So ist dort seit 2014 das Verbringen der regulären Wochenruhezeit im mit einer Schlafkabine ausgerüsteten Fahrzeug für Lkw-Fahrer verboten; deren Arbeitgeber riskieren hohe Geldstrafen und Gefängnis. Fahrer werden hierdurch gezwungen, ihre Fahrzeuge, selbst wenn sie mit diebstahlgefährdeten Gütern beladen sind, faktisch allein und schutzlos zu lassen. Der Verweis auf bewachte Parkplätze hilft nicht weiter: Die gibt es auch in Frankreich kaum. Belgien hat nachgezogen, der Rest der EU-Mitgliedstaaten zieht es vor, auf eine Brüsseler Lösung zu warten. Frankreichs Verstoß gegen EU-Recht Weiter ging der französische Alleingang mit der mit EU-Arbeitszeitrecht überhaupt nicht zu vereinbarenden Interpretation, dass bei Zwei-Fahrer-Besatzungen die Beifahrerzeit Arbeitszeit sei. Bei den von den französischen Kontrollautoritäten freihändig und gegen europäisches Recht angenommenen Verstößen wurden Bußgelder von 750 Euro festgelegt und kassiert. Hier hat sich La France zwischenzeitlich von der EU-Kommission zurückpfeifen lassen. Mindestlohn auch in Frankreich fällig Zum 1. Juli 2016 der nächste Streich: die Loi Macron. Mit dem nach dem französischen Wirtschaftsminister benannten Gesetz wird die Verpflichtung zur Zahlung des Mindestlohns, die bislang nur französische Arbeitgeber in die Pflicht nahm, auch auf ausländische Transportunternehmer ausgeweitet, wenn diese grenzüberschreitende Beförderungen von oder nach Frankreich oder Kabotageverkehre innerhalb Frankreichs durchführen. Der Mindestlohn beläuft sich auf 9,67 Euro brutto und kann, beim Steuern schwerer Lkw, bis zu 10,00 Euro je Stunde betragen. Ausgenommen sind lediglich Transitfahrten und Beförderungen im Werkverkehr. Die bürokratischen Anforderungen sind erheblich: Entsende-Zertifikate, übersetzte Versionen des Arbeitsvertrages und gegebenenfalls entsprechende Tarifverträge sind mitzuführen. Bei Verstößen gegen diese Dokumentationspflichten drohen erhebliche Geldbußen. Deutschlands Vorreiterrolle Vonseiten der deutschen Verkehrswirtschaft hat die Regelung erhebliche Kritik erfahren. Frankreich mag einwenden, wer im Glashaus sitze, solle nicht mit Steinen werfen. Schließlich hat Frankreich nur mit einer Mindestlohnregelung nachgezogen, die Deutschland seit dem 1. Januar 2015 mit seinem Mindestlohngesetz vorgelebt hat. Wobei Deutschland, anders als Frankreich, auch keine Ausnahme für den Werkverkehr zugelassen hat. Die deutsche Verkehrswirtschaft hatte allerdings auch die deutsche Regelung beanstandet. Kritik kommt im Übrigen selbst von der Internationalen Straßentransport-Union (IRU): Die Weltorganisation des Straßengütertransports hatte die französische Regierung Ende Juni aufgefordert, das Inkrafttreten des Gesetzes zu verschieben, bis Klarheit über alle administrativen Anforderungen herrsche. Transportunternehmen, denen bei Verstößen Geldbußen bis zu 500.000 Euro drohten, müsse Zeit gegeben werden, sich auf die neue französische Rechtslage einzustellen. Die IRU-Rufe verhallten in Paris freilich ebenso ungehört wie die von der EU-Kommission und Verkehrsverbänden aus ganz Europa geäußerte Kritik. Trotz der zwischenzeitlich von der Kommission gegen Frankreich und Deutschland eingeleiteten Schritte steht zu befürchten, dass auch andere EU-Mitgliedstaaten ihre nationalen Mindestlohn-Regelungen auf ausländische Transportunternehmer anwenden werden. Die Entwicklung gibt insgesamt Anlass zu großer Sorge. Der grenzüberschreitende Straßengütertransport war bislang jedenfalls eine Brüsseler Regelungs-Domäne. Nunmehr gehen die nationalen Regierungen dazu über, durch eigene Gesetze und Verordnungen das heimische Gewerbe schützen und damit die jeweiligen nationalen Märkte abschotten zu wollen. Der Austausch wirtschaftlicher Leistungen wird schwieriger. Eine ungesunde Dynamik, die von Kommission und Rat dringend erörtert werden muss. Jeder dieser nationalen Alleingänge bedeutet einen Schritt aus dem Binnenmarkt heraus. "Brexits" allenthalben wären dann kein völlig unrealistisches Szenario mehr. Soweit darf es nicht kommen. EU-Kommission greift ein Am 16. Juni 2016 kündigte die Europäische Kommission rechtliche Schritte gegen Frankreich und Deutschland an und berief sich dabei auf die systematische Anwendung der jeweiligen Mindestlohngesetze beider Staaten auf den Transportsektor.

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