Paris. Nach der Ende Oktober vollzogenen einseitigen Kündigung des Vertrages mit dem Systembetreiber Ecomouv‘ sucht die Pariser Umweltministerin Ségolène Royal jetzt nach einer Lösung, die die unabdingbaren Folgekosten für den Staat möglichst gering halten. Bisherige Schätzungen bewegen sich zwischen 800 Millionen und mehr als einer Milliarde Euro.
Rechtsgutachten soll Vertrag in Frage stellen
Royal stellte zunächst die Verfassungskonformität der unter der Regierung des vormaligen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy mit Ecomouv‘ geschlossenen Verträge in Frage. Sie stützt sich dabei auf die Ansicht des Rechtsprofessors François Lichère, demzufolge sich das Projekttandem Staat/Privatwirtschaft hätte darauf beschränken müssen, dem Konsortium lediglich die Wartung der technischen Installationen zu übertragen als einer Art öffentlicher Dienstleistung, nicht jedoch die gewerbliche volle Nutzung des Systems. Ob dies jedoch als Hebel ausreicht, um den Staat glimpflicher davonkommen zu lassen, bleibt abzuwarten. Momentan hüllen sich beide Seiten über den aktuellen Stand ihrer Verhandlungen in Schweigen.
Paris würde sich auf Rechtsstreit einlassen
In Rom traf Ségolène Royal vor Kurzem mit dem Ecomouv‘-Vorstand und Giovanni Castellucci zusammen. Er ist Chef der zu Benetton gehörenden Gruppe Atlantia, die 70 Prozent des Ecomouv‘-Kapitals kontrolliert. Am Rande der Gespräche unterstrich Royal ihre Präferenz für eine Verhandlungslösung. Sollte eine solche nicht erzielt werden können, werde Paris aber auch nicht vor einem Rechtsstreit zurückschrecken, fügte sie hinzu.
Wohin mit den Kontrollbrücken?
Die Frage, was aus den von Ecomouv‘ errichteten und nun quasi obsolet gewordenen Kontrollbrücken werden soll, kann die Ministerin derzeit noch nicht beantworten. Ihre Überlegungen gehen in Richtung Verwendung durch die Gendarmerie oder die Regionen, in denen die Brücken aufgestellt sind. Denkbar sei auch ein Verkauf ins Ausland.
Die Schadensersatzhöhe, die bisher von dem vorgesehen gewesenen Systembetreiber mit 830 Millionen Euro beziffert wurde, will Royal nicht so ohne weiteres akzeptieren und meint, man müsse erst einmal feststellen, wieviel genau von jedem der beiden ehemaligen Vertragspartner für das Ökosteuerprojekt ausgegeben wurde. Dazu gehörten auf französischer Seite die Kosten für den Einsatz von 150 Zöllnern und ausserdem sei Ecomouv‘ nicht der einzige Geschädigte, denn dadurch, dass das System als solches nicht funktioniert habe und auch der geplante Probelauf im Elsass nicht zustande gekommen sei, seien Frankreich seinerseits Einnahmenausfälle entstanden. (jb)