Paris. Nach dem Senat, der Zweiten Kammer des französischen Parlaments, hat jetzt auch die Nationalversammlung dem Gesetz zur Einführung einer speziellen Ökosteuer für Nutzfahrzeuge ab 3,5 t zugestimmt. Angenommen wurde der Text von 298 Abgeordneten, 212 stimmten dagegen.
Die Vertreter der neuen rechtsliberalen Partei UDI des damaligen Umweltministers Jean-Louis Borloo, auf dessen Betreiben und unter dessen Federführung die Steuer seinerzeit etabliert wurde, enthielten sich der Stimme. Damit ist der Weg frei für den Start der neuen Abgabe zum 1. Oktober.
Die „écotaxe poids lourds“ ist das Kernstück des Umweltgipfels „Grenelle de l’environnement“ von 2009. Die neue Abgabe wird für die Nutzung der bisher nicht mautgebundenen französischen Nationalstraßen (RN), auf Autobahnabschnitten und auch auf einer Reihe von Departementstraßen (D) erhoben. Die Einnahmen sollen offiziell zur Finanzierung des geplanten ökologischen Umbaus im französischen Verkehrssystem dienen. Vertreter der Opposition qualifizierten das jetzt verabschiedete Gesetz als nicht mehr konform mit dem „Geist von Grenelle“. Es sei zu komplex, ineffizient und ungerecht. Die Partei UMP des vormaligen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy ließ durchblicken, man werde den Text eventuell auf seine Verfassungsmäßigkeit überprüfen lassen.
Das Gesetz sieht unter anderem vor, dass die zunächst von den Straßengütertransporteuren über den Systembetreiber Ecomouv’ und seine Partner erhobenen Straßennutzungsgelder im Rahmen einer Pauschal-Lösung an ihre Verladerkunden weitergegeben werden. Von der Steuer befreit sind Milchsammel-Tankwagen und Fahrzeuge, die dem Staat gehören. Damit konnte sich die Bretagne als größte französische Molkereiregion ein weiteres Mal durchsetzen, nachdem ihr vorher schon wegen ihrer extremen Randlage ein um die Hälfte reduzierter Steuersatz zugebilligt worden war. Jeweils 30 Prozent beträgt dieser Peripheriebonus für die Südwestregionen Aquitaine und Midi-Pyrénées.
Ursprünglich sollte die Ökosteuer schon ab dem 20. April probeweise im Elsass eingeführt und ab 20. Juli landesweit erhoben werden. Weil das Betreiberkonsortium Ecomouv’ mit den Vorbereitungen in Verzug geraten war, wurde der Start auf Oktober verschoben. Verkehrsminister Frédéric Cuvillier schätzt den hierdurch dem Staat entstehenden Einnahmeausfall auf rund 80 Millionen Euro pro Monat. (jb)