Straßburg. Immer noch greifen die meisten Verbraucher beim Autokauf zu Modellen mit Verbrennungsmotor. Dem Klima zuliebe will die EU das ändern und mehr Fahrzeuge mit niedrigem oder gar keinem CO2-Ausstoß auf die Straßen bringen - also zum Beispiel E-Autos oder wasserstoffbetriebene Wagen. Ein Weg, dieses Ziel zu erreichen, sind schärfere CO2-Grenzwerte für Neuwagen.
Das EU-Parlament hat sich dazu am Mittwoch auf eine gemeinsame Haltung geeinigt. Die Abgeordneten fordern eine Senkung der CO2-Grenzwerte um 40 Prozent bis 2030 im Vergleich zu 2020. Damit strebt das Parlament ehrgeizigere Ziele an als die EU-Kommission und die Bundesregierung, die den Ausstoß um 30 Prozent drücken wollen.
Ein Viertel der Treibhausgas-Emissionen stammen aus Transportsektor
Außerdem fordern die Abgeordneten, dass Autobauer bis 2030 mindestens 35 Prozent Autos mit geringem oder keinem CO2-Ausstoß verkaufen. Bevor neue Vorgaben verbindlich eingeführt werden können, muss sich das EU-Parlament aber mit den Mitgliedstaaten einigen. Die EU-Umweltminister wollen am 9. Oktober eine Position festlegen.
Rund ein Viertel der gesamten Treibhausgas-Emissionen in der EU stammten zuletzt aus dem Transportsektor. Dabei kommt Autos und Lastwagen die Rolle der wichtigsten Klimasünder zu - weit vor Flugzeugen und Frachtschiffen. Laut dem Umweltausschuss des EU-Parlaments ist der Transportsektor der einzige Bereich, in dem der Ausstoß an klimaschädlichen Gasen wie CO2 in der EU weiter wächst - im Gegensatz beispielsweise zur Landwirtschaft oder zur Industrie.
CO2-Grenzwerte für Neuwagen bis 2021: 95 Gramm pro Kilometer
Die aktuelle Vorgabe der CO2-Grenzwerte für Neuwagen und Kleintransporter bis 2021 liegt bei 95 Gramm pro Kilometer, der europäische Durchschnittswert liegt derzeit bei 118,5 Gramm. Eine weitere Senkung würde nach Vorstellung der EU-Abgeordneten Autohersteller verpflichten, mehr E-Autos an den Mann zu bringen.
Der verkehrspolitische Sprecher der Sozialdemokraten im EU-Parlament, Ismail Ertug, zeigte sich zufrieden. Damit könne das Klima geschützt werden, gleichzeitig könnten aber auch Arbeitsplätze und Wertschöpfung in Europa behalten werden. Weniger enthusiastisch fällt das Urteil der Grünen aus: „Das Europäische Parlament zeigt sich verhalten ehrgeizig“, erklärt die klimapolitische Sprecherin Rebecca Harms. Auch die Bundesregierung steuere auf Kurs der Autolobby. Aus Sicht der Umweltschutzorganisation BUND sind sogar mindestens 60 Prozent Reduktion bis 2030 technisch machbar und auch notwendig.
Die Autohersteller schlagen wegen der angepeilten 40 Prozent Alarm
Die am Mittwoch abgestimmten „extrem aggressiven“ Ziele zwängen die Industrie zu einer „dramatischen Umwandlung in Rekordzeit“, erklärt der europäische Herstellerverband Acea. Arbeitsplätze seien in Gefahr. Außerdem fehlten bislang die Voraussetzungen für so viele Autos mit Batterieantrieb.
Deutsche Hersteller setzen darauf, dass sich in den Verhandlungen zwischen Rat, Parlament und Kommission „Positionen durchsetzen werden, die durch Vernunft und Augenmaß geprägt sind.“ Aus Sicht von Bernhard Mattes, Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), setzt das EU-Parlament völlig unrealistische Ziele. „Die Ziele werden in diesem Zeitraum nicht umsetzbar sein. Schon der sehr ambitionierte Vorschlag der EU-Kommission würde die Erreichung der EU-Klimaziele sicherstellen.“
Dänemark und Norwegen wollen Verbrennungsmotor verbannen
Unterdessen will auch Dänemark Autos mit Verbrennungsmotoren von den Straßen verbannen. Bis 2030 soll der Verkauf von rein diesel- oder benzinbetriebenen Neu-Pkw auslaufen, sagte Ministerpräsident Lars Løkke Rasmussen. Stattdessen sollen die Dänen auf Hybrid-, Elektro- oder sonstige emissionsarme Fahrzeuge setzen. In Norwegen soll ab 2025 keine Neuzulassung von Pkw mit Verbrennungsmotor mehr möglich sein. Belgien plant ein Aus ab 2030, Frankreich für 2040. (dpa/stm)