Es geht doch nur um Mäuse

Kaufen wir bei Ebay anders ein als im Supermarkt um die Ecke und sind wir fairer zu einem Verkäufer, dem wir beim Abschied die Hand schütteln? Es gab Zeiten, da fuhren Leute in die Stadt, um Besorgungen zu machen. Der Käufer begab sich selbst zum Markt und entschied sich bestenfalls zwischen Karstadt und Hertie. Heute trägt jeder Besitzer eines Smartphones alle möglichen Märkte in der Hosentasche und verfügt über komplette Preistransparenz. Online-Shopping ist das ideale Spielfeld für Schnäppchenjäger. Neuerdings feiern vornehmlich jugendliche Mädchen Zalando-Partys, bei denen es darum geht, sich beim Onlinehändler die neuesten Klamotten auszusuchen, nur um den ganzen Krempel einige Tage später wieder zurückzuschicken. Begünstigt der mehr oder weniger anonyme E-Commerce Konsumenten, die sich um die Konsequenzen ihres Handelns keine Gedanken machen? Vor gut einem Jahr sorgte ein ungewöhnliches Experiment für Aufsehen, das die Auswirkungen von Märkten auf moralische Werte untersuchte (siehe Interview). Der Bonner Wirtschaftswissenschaftler Armin Falk und die Ökonomin Nora Szech, zum Zeitpunkt der Studie Professorin an der Uni Bamberg, heute Lehrstuhlinhaberin für politische Ökonomie am Karlsruher Institut für Technologie, wollten herausfinden, ob Menschen, die als Marktteilnehmer den Preis einer Ware aushandeln, anders entscheiden als außerhalb des Marktgeschehens. In dem Experiment mussten sich die Teilnehmer entscheiden, ob sie lieber das Leben einer Labormaus retten oder die Maus für einen bestimmten Geldbetrag preisgeben würden. Das Ergebnis war erstaunlich. Wenn die Wissenschaftler die Teilnehmer des Experiments vor die Wahl Geld oder Leben stellten, waren "nur" 46 Prozent der Teilnehmer bereit, die Maus sterben zu lassen. Diese Quote änderte sich drastisch, wenn die Maus zum Handelsobjekt wurde und sich ein Verkäufer und ein Käufer einen Betrag von 20 Euro teilen sollten. Der Verkäufer verfügte in dieser einfachen Marktsituation über eine Maus. Weigerte sich der Verkäufer, das Leben des Tiers gegen Geld herzugeben, gingen Verkäufer und Käufer leer aus und die Maus überlebte. Einigten sich die Parteien, erhielt der Käufer 20 Euro minus den Preis, den er bereit war, dem Verkäufer zu bezahlen. Das Leben der Maus war in diesem Fall verwirkt. In dieser Situation waren 72 Prozent der Verkäufer bereit, die Maus für einen Betrag von zehn Euro oder weniger zu verkaufen. In einer Marktsituation mit mehreren Verkäufern und Käufern stieg diese Quote sogar auf 76 Prozent und der Preis für die Maus pendelte sich bei um die 5 Euro ein. Was die Versuchsteilnehmer erst nachträglich erfuhren: Bei den Mäusen handelte es sich um "überzählige Mäuse" aus Tierversuchslaboren. Sie wären aus Kostengründen getötet worden. "Die Teilnehmer unseres Experiments konnten also Tiere retten, die sonst sicher getötet worden wären", erklärt Nora Szech. Das ändert nichts am Ergebnis des Experiments: Der Markt korrumpierte eindeutig die moralischen Werte der Probanden. Regeln für elektronische Marktplätze "Es ist für Märkte wichtig, dass es Regeln gibt", glaubt Nora Szech. Je anonymer Märkte sind, desto wichtiger seien Spielregeln, die Vertrauen schaffen. Das bestätigt Marcel Frings, Chief Representantive des Frachtenbörsenanbieters Timocom: "Sicherheit hat immer Priorität." Anonymität wäre Gift für die Plattform. "Daher gilt der Grundsatz, dass jeder gleich sehen soll, mit wem er es zu tun hat", erklärt Frings. Der eigentliche Geschäftsabschluss findet niemals über den Marktplatz statt, sondern ganz klassisch per Telefon und Fax. Ein Frachtenbörsenanbieter aus Spanien wirbt damit, jedes Jahr 2,5 Millionen Euro nur in Qualitäts- und Sicherheitsvorkehrungen zu stecken. Die Vorsorge scheint sinnvoll: Laut einer Studie der Uni Regensburg zur Informationssicherheit im E-Commerce wurden bei 19 Prozent der befragten E-Commerce-Händler sensible Daten gestohlen, fast 20 Prozent der Onlineshops wurden bereits gehackt. Irgendwo da draußen lauert das Böse.

BGA: Situation im Großhandel ist schlecht

Luftfracht: DHL Express und Shell kooperieren

Konjunktur: KfW Research senkt Wachstumsprognose

Export: USA bleiben wichtigster Handelspartner

Batteriehersteller: Northvolt beantragt Gläubigerschutz

Alle Schlagzeilen

Es geht doch nur um Mäuse

HASHTAG

#Frachtenbörsen

Umfrage: Was Unternehmen von Frachtenbörsen halten

Die wahre Bedeutung der Frachtenbörsen

"Grün" ist nett, aber nicht zwingend

MEISTGELESEN

Emons Spedition siedelt sich am c-Port an

Bund und Länder fördern Brennstoffzellen-Lkw von Daimler Truck

Fiege baut Logistikzentrum bei Leipzig

STELLENANGEBOTE

Head of Logistics (w/m/d) mit fundierter Erfahrung im internationalen Versand

Schichtleiter (w/m/d) Logistik - Warenausgang

Leiter (w/m/d) Logistik Teilbereich Warenausgang

Koordinator (m/w/d) Intralogistik mit Teamleitungsfunktion

Area HR Business Partner

WEITERLESEN

NEWSLETTER