"Grün" ist nett, aber nicht zwingend

Christian Faggin nimmt ökologisches Verhalten sehr ernst. "Ich bin Überzeugungstäter", sagt der Sprecher der Geschäftsführung bei der internationalen Spedition Alpensped in Mannheim. Privat fährt er mit dem Fahrrad ins Büro und auch im Geschäft hat er damit begonnen, ökologische Mindeststandards einzuführen. Das komplette Unternehmen ist nach dem Umweltmanagementstandard ISO 14001:2004 zertifiziert und gibt einen Nachhaltigkeitsbericht heraus. Beides ist in der Branche keineswegs selbstverständlich. Zudem ermittelt Alpensped für das Unternehmen den CO2-Fußabdruck. Auch dies geschieht auf Basis einer internationalen Norm, der ISO EN DIN 14064. Grünes Engagement bei Alpensped Seit 2012 weist Alpensped zusätzlich für jede durchgeführte Sendung den spezifischen Transport Carbon Footprint (TCF) auf allen Einzel- und Sammelrechnungen aus - zertifiziert nach DIN EN 16258. Zum teilweisen Ausgleich des CO2-Ausstoßes wird ein Projekt von My-Climate, das ländliche Haushalte in Tansania mit Solarstrom versorgt, gefördert. Auf diese Weise kompensierte Alpensped im vergangenen Jahr 779,2 Tonnen des Klimagases. Der Fuhrpark der vertraglich gebundenen Transportunternehmer ist standardmäßig bereits mit zahlreichen Euro-5-Fahrzeugen ausgestattet. Euro-6 sei das Ziel, so Faggin. Und auch die Fahrer werden künftig auf Schulungen zur CO2-Reduzierung geschickt. "Damit beweisen wir einmal mehr, dass auch kleinere Unternehmen nachhaltig arbeiten und wirtschaften können", sagt Faggin. Von den Kunden werde ein solch "grüner" Transport noch nicht standardmäßig gefordert. Der Mittelständler mit knapp 20 Millionen Euro Umsatz im Jahr fährt unter anderem für Firmen wie VW, Rewe, Kärcher, SCA Hygiene sowie Arcelor-Mittal. Die Verbesserung der CO2-Bilanz ist seit einigen Jahren das große Thema in der Logistik. Die Deutsche Post etwa hat sich zum Ziel gesetzt, ihre eigenen Emissionen und die der Subunternehmer bis zum Jahr 2020 um 30 Prozent zu reduzieren. Die Anstrengungen kommen keineswegs aus rein umweltfreundlichen Überlegungen. Nachhaltige Aspekte würden bei der Vergabe von Transportaufträgen eine zunehmende Rolle spielen, beobachtet Adalbert Wandt, Präsident des Speditionsverbandes BGL. Größere Verlader wollen Umweltdaten Daniel Jaetsch von Green Freight Europe, eine Initiative, die Emissionen im europäischen Straßengütertransport reduzieren will, bestätigt, dass bei den Verladern die Anforderungen steigen. Immer häufiger würde vor der Auftragsvergabe nach den CO2-Emissionen gefragt. "Es gibt einen Bewusstseinswandel aufseiten der Verlader", meint auch Peter Baumann, Geschäftsführer der Speditionskooperation 24-Plus. Vereinzelt würden die Mitglieder der Kooperation eine gesteigerte Nachfrage nach CO2-Daten feststellen. Flächendeckend sei das allerdings noch kein Thema. Druck machen vor allem die großen Konzerne. "Manche Kunden verlangen ein Umweltmanagement, um überhaupt in die Auswahl zu kommen", weiß Faggin. Die ISO 14001 wird dort als Mindestkriterium angesehen. Der Verband der chemischen Industrie hat für seine Mitgliedsunternehmen die Initiative Green Logistics ins Leben gerufen. Darin wird empfohlen, sich auf die CO2-Reduzierung zu fokussieren, da diese im Verkehr fast 90 Prozent aller Treibhausgase verursachen. Das Chemieunternehmen Lanxess etwa verlangt von seinen Auftraggebern, dass sie ihre CO2-Emissionen verringern. Dazu gehören etwa technische Maßnahmen, um die Abgase der Fahrzeuge zu reduzieren, Verbrauch reduzierende Reifen aber auch alternative Antriebstechniken. Zu den möglichen Maßnahmen der Dienstleister gehören eine 14001-Zertifizierung oder ein Eco-Management and Audit Scheme (Emas). Der Auftragnehmer sollte in der Lage sein, intermodale Transportlösungen anzubieten, einen CO2-Report vorzulegen, aber auch Fahrerschulungen nach Eco-Drive und Behaviour Based Safety (BBS) und der Einsatz von Fahrzeugen mit höchsten Abgasnormen werden bei Lanxess gerne gesehen. Beim Autohersteller Daimler ist das Alter des eingesetzten Fuhrparks ein Thema bei der Vergabe und der Bewertung von Transportdienstleistungen. "Wir fordern ein modernes Equipment", so ein Firmensprecher. Auch das Logistikkonzept werde unter die Lupe genommen. Wer über intermodale Konzepte den CO2-Ausstoß verringern könne, sammle ebenfalls Pluspunkte. Konkurrent BMW strebt in Ausschreibungen "eine Optimierung hinsichtlich der Auslastung und Wahl der Verkehrsträger an". Dabei werde etwa die Bahn gegenüber dem Straßenverkehr bevorzugt. Das Möbelhaus Ikea hat mit I-Way einen Verhaltenskodex entwickelt, an den sich Transporteure halten müssen. Beim Seetransport gehören etwa das jährlich zu erstellende Clean Cargo Performance Metrics Tool zur Ermittlung des CO2-Ausstoßes von Schiffen dazu. LKW dürfen nicht älter als zehn Jahre sein und die Lieferanten müssen einen Plan mit konkreten Zielen vorlegen, wie sie jährlich ihren CO2-Emissionen verringern wollen. Die meisten mittelständischen Verlader sind noch nicht so weit. Hier wird nachhaltiges Verhalten zwar gerne gesehen, ist aber in den seltensten Fällen tatsächlich Bestandteil bei der Auftragsvergabe. Was auch daran liegen mag, dass sich der Mittelstand in den wenigsten Fällen bereits eigene Klimaschutzziele verordnet hat. Wenn bei diesen Unternehmen ökologische Kriterien bei der Ausschreibung verlangt werden, steht nicht selten der Wunsch nach Kosteneinsparungen im Vordergrund. Viele Auftraggeber verlangen von ihren Transporteuren den Einsatz von Euro-5-Fahrzeugen, weil dafür die Mautgebühren geringer sind. Dieser Kostenvorteil soll natürlich weitergegeben werden. So können zu große Anstrengungen sogar kontraproduktiv sein. Wer seinen CO2-Ausstoß stark senkt, verbraucht zumeist deutlich weniger Treibstoff. Das kann zu Nachverhandlungen über den Diesel-Zuschlag führen. Gleichzeitig ist die Bereitschaft, für umweltfreundlichen Transport zu bezahlen, gering. "An erster Stelle steht immer noch der Preis", lässt Alpensped-Geschäftsführer Faggin keine Zweifel aufkommen, nach welchen Kriterien die Aufträge vergeben werden. Dennoch ist er überzeugt, dass sich seine Investitionen mittelfristig rechnen werden. "Vor allem bei Preisgleichheit kann das den Ausschlag geben", so Faggins Erfahrung. Einige Mittelständler fordern bereits jetzt von ihren Dienstleistern umweltfreundliches Verhalten. So hat sich etwa die Eckes-Granini Gruppe als Gründungsmitglied der "Lean and Green"-Initiative verpflichtet, ihre Treibhausgas-Emissionen bei der Lagerhaltung und im Transport innerhalb von fünf Jahren um 20 Prozent zu reduzieren. Das könne man nur mit seinen Logistikdienstleistern zusammen erreichen, so das Unternehmen. Für die Überprüfung nutzt Eckes-Granini den Green-Check von der Logistik Akademie Janz aus Dornstadt. Diese stellt die Energie- und Treibhausbilanz der Logistikunternehmen fest und ermittelt, wie sich die aktuelle CO2-Bilanz verbessern lässt. Für die Dienstleister ist der Check verpflichtend. Mehr Nachfrage nach Grüner Logistik? Bei der Initiative Green Freight Europe ist man überzeugt, dass die Frage nach nachhaltigen Kriterien insbesondere bei großen Unternehmen zunehmen wird. In vielen großen Unternehmen werde Nachhaltigkeit immer häufiger zu einem festen Bestandteil des Risikomanagements. Nachhaltigkeits-Checklisten helfen dabei, potenzielle Risiken zu erkennen und im Vorfeld auszuschließen. Vor allem Unternehmen aus kritischen Branchen wie der Chemie legen verstärkt Wert auf "grüne" Logistikdienstleistungen. Nach einer Untersuchung der Unternehmensberatung Bearing-Point nutzen Unternehmen mittlerweile sogenannte Sustainability Score Cards, um die Anstrengungen ihrer Logistikdienstleister zu verfolgen und als Anforderungskatalog für neue Partner. Andere nutzen den Fragebogen für die Logistikbranche der Global Reporting Initiative, der über 160 ökologische, ökonomische und soziale Punkte abfragt. Bei den Spediteuren kommt das nicht immer gut an. Schon heute klagen viele Dienstleister über die Flut von Fragebögen. Trotz der steigenden Nachfrage nach ökologischer Nachhaltigkeit springen viele Ansätze aus Umweltsicht immer noch zu kurz. Oft wird zu einseitig der CO2-Ausstoß betrachtet und die Verlagerung des Straßengüterverkehrs auf die Schiene gefordert. Andere Einflüsse wie Methangase, umweltschädliche Kühlmittel, Wasserverbrauch, Abfallentsorgung oder Lärmemissionen werden dagegen kaum berücksichtigt. Erweitert man das "grüne" auf den treffenderen Begriff "nachhaltig", spielen auf einmal auch andere Punkte eine Rolle. Vorbildliches soziales Verhalten, etwa bei den Arbeitsstandards oder der Bezahlung oder die Einhaltung von Anti-Korruptions-Maßnahmen, zwar gerne gesehen, wird aber zumeist nicht erwartet. Eine Ausnahme sind auch hier fast ausschließlich die Großunternehmen. Bei Daimler etwa fließen Arbeitsstandards und die Geschäftsethik in die Bewertung mit ein. Auch bei Eckes-Granini werden bei der Vergabe von Logistikaufträgen soziale Aspekte, wie die Entlohnung der Mitarbeiter, abgefragt. Typische Umweltfragen Das fragen Verlader oftmals bei der Auftragsvergabe ab: - Zertifiziertes Umweltmanagement nach ISO 14001- Grundlegende Daten zu den CO2-Emissionen (zum Beispiel zu den Messmethoden)- Fahrerschulungen zu spritsparender Fahrweise- CO2-Effizienz (wie effektiv fährt man bestimmte Strecken)- Moderner Fuhrpark (LKW mit Euro 5/6, automatische Reifendrucküberprüfung, Sidewings, Spoiler etc.)- Soziale Mindeststandards (zum Beispiel faire Entlohnung, Einhaltung von Arbeitsstandards) ah

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