Einzelwagenverkehr

Einzelwagenverkehr Es läuft noch nicht rund Nach dem Vorbild der Stückgutkooperationen haben sich einige Bahnen zu X-Rail zusammengetan, um dem Einzelwagenverkehr neue Impulse zu verleihen. Die Kunden reagieren jedoch unterschiedlich. Die Zahlen klingen vielversprechend: 92.000 Einzelwagenverkehre wickelte die europäische Kooperation X-Rail 2012 auf 390 Schienenstrecken ab. 2013 waren es sogar 107.000 Verkehre auf 450 Strecken. „Auch 2014 ist ein leichtes Wachstum bei den Wagenverkehren möglich“, zeigt sich X-Rail-Chef Sassan Rabbet zuversichtlich. „Ansonsten wollen wir die Qualität unserer Dienstleistungen vor allem auf denjenigen Strecken verbessern, welche unsere Stammkunden nutzen.“ Mit einer Vorlaufzeit von drei Tagen, einer Pünktlichkeitsquote von 90 Prozent und grenzüberschreitender Sendungsverfolgung hat X-Rail laut Rabbet neue Benchmarks für internationale Wagenladungsverkehre gesetzt. Als Nächstes soll ein neues Buchungssystem installiert werden. Ab 2015 können Kunden internationale Einzelwagenverkehre (EWV) auf der X-Rail-Homepage ordern. Erweiterung von X-Rail stockt Das hört sich alles ziemlich gut an für diese noch sehr junge Kooperation. Auffallend einsilbig jedoch reagiert X-Rail auf Fragen nach der Expansion in neue Länder. 2013 wurde noch die Erschließung des wichtigen norditalienischen Marktes verkündet. 2014 ist von einer weiteren Expansion keine Rede mehr. Dabei würde ein solcher Schritt für die vor vier Jahren von DB Schenker Rail und sechs weiteren Bahnunternehmen gegründete Kooperation naheliegen, zumal die meisten X-Rail-Partner kaum neue Waggonkapazitäten zur Verfügung stellen können. Wichtige Märkte wie Polen und Frankreich sind ans X-Rail-Netz bisher aber nicht angeschlossen. Von Norditalien abgesehen agiert die Kooperation ausschließlich in den angestammten Märkten ihrer Gründungsmitglieder. Als Konsequenz kann sie fast nur Nord-Süd-Verkehre und kaum Ost-West-Relationen anbieten. Das bedauert mancher Kunde. „An X-Rail sollten weitere Bahnen wie die französische SNCF unbedingt teilnehmen“, wünscht sich Hans-Robert Schmidt, Logistikleiter von Lanxess. Der Spezialchemiehersteller, der jeden vierten Bahntransport über X-Rail abwickelt, exportiert vor allem synthetischen Kautschuk nach Frankreich. Auch die Spediteure reagieren enttäuscht. Mancher Marktteilnehmer hat die Kooperation bereits abgeschrieben. „Von X-Rail sprechen unsere 54 Mitglieder kaum noch“, sagt Olaf Krüger, Vorstandsvorsitzender der Bahnspediteurskooperation IBS. „Die Gesellschafter dieses Zusammenschlusses haben offenbar ausreichend mit hausgemachten Problemen zu kämpfen und können nicht noch zusätzliche Mittel für internationale Verkehre bereitstellen.“ Krüger spielt auf die rückläufigen Zahlen an, welche manche X-Rail-Gesellschafter weiterhin für Schienengüterverkehre melden. So ging die Verkehrsleistung von DB Schenker Rail im ersten Halbjahr 2013 um 6,7 Prozent zurück. Vor allem Eisen-, Stahl-, Holz-, Papier- und Baustofftransporte brachen ein – also Märkte mit einem besonders hohen Anteil an Einzelwagenverkehren. Sie stehen weiter in direkter Konkurrenz zum LKW. Ansonsten machen dem Markt die Folgen der Umstrukturierungen seit den 90er-Jahren zu schaffen. Das Rationalisierungsprogramm „Mora C“, das die Deutsche Bahn nach 2000 umsetzte, sah EWV nur für Großkunden vor. Alle anderen sollten auf die preiswertere Straße wechseln. Als Folge legten vor allem Unternehmen in der Region ihre Schienenanschlüsse still. „Solche Unternehmen sind nur mühevoll für nationale oder gar internationale Einzelwagenverkehre zurückzugewinnen“, berichtet Gerhard Wieland, Referatsleiter Schienenverkehr der IHK München. Problemländer Italien und Frankreich Weitaus schwieriger ist die Lage offenbar in Frankreich und Italien. Hier wurden der EWV derart zusammengestrichen, dass er im Markt kaum noch eine Rolle spielt. Für eine Teilnahme an X-Rail sind die nationalen Eisenbahngesellschaften SNCF und Trenitalia einfach nicht fit genug, mutmaßt Ralf Jahncke, Geschäftsführer der Logistikberatung Transcare. „Die Tatsache, dass X-Rail den norditalienischen Markt mit Tochterunternehmen der Gesellschafter und nicht mit Trenitalia erschließt, lässt aufhorchen.“ Grundsätzlich beurteilt der Marktkenner die Zukunft des EWV positiv. „Vor allem Verlader aus der Stahl-, Chemie-, Papier-, Holz- und Automotive-Industrie, welche auf der Straße mit Gewichts- oder Volumenproblemen zu kämpfen haben, werden solche Angebote weiterhin nutzen“, ist Jahncke überzeugt. Wohl auch deshalb machen Einzelwagenverkehre in Deutschland, Österreich und Schweiz weiterhin einen großen Teil der Schienengüterverkehre aus. DB Schenker Rail und RCA melden einen Anteil von rund 50 Prozent am gesamten Transportvolumen. In der Schweiz ist er vermutlich noch höher. Denn dort nutzen auch Handelsunternehmen den EWV von SBB Cargo. Kein Wunder, dass diese drei Bahngesellschaften die treibenden Kräfte von X-Rail sind. Im internationalen EWV wittern sie die größten Wachstumspotenziale. Wenn sie die Qualitätsanforderungen in punkto Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit und Laufzeiten erfüllen, könnten sie auch Elektronik- und andere hochwertige Produkte umschlagen, lautet die Hoffnung. Auf Großkunden aus der Papierindustrie setzt hingegen die schwedische Green Cargo. Wegen der großen Entfernungen in Skandinavien können EWV sich hier besser gegen Straßenverkehre behaupten. Um gegenüber dem LKW wettbewerbsfähig zu sein, investiert X-Rail auch in opti-mierte Dienstleistungen. „Vor allem mit zuverlässigeren Prognosen über die Laufzeit von Transporten kann die Schiene gegenüber der Straße noch konkurrenzfähiger werden“, urteilt Jahncke. Ähnlich sieht dies mancher Kunde. Von „dramatischen Verbesserungen“ schwärmt beispielsweise ThyssenKrupp. Mit X-Rail könnten endlich zuverlässige Schweizverbindungen mit ein oder zwei Tagen Laufzeit organisiert werden, meldet der Konzern – vor der Gründung der Kooperation 2010 sei dies unmöglich gewesen. Auch das neue Buchungssystem dürfte deshalb gut im Markt ankommen. Ein Trailer auf der X-Rail-Homepage gibt einen Vorgeschmack. Das System schlägt nach Eingabe von Abfahrts- und Ankunftsort drei Routen vor und nennt die voraussichtlichen Ankunftszeiten. Wenn Unwetter und andere Zwischenfälle zu Verzögerungen führen, werden Kunden automatisch informiert und neue Ankunftszeiten ermittelt. Mit solchen Services tut sich auch der Straßengüterverkehr noch schwer. ❙❚■ Stefan Bottler, freier Journalist Xrail – Daten und Zahlen Gründung: 2010 Jahresaufkommen: 107.000 Wagen (2013) Gesellschafter und Märkte: CD Cargo (Tschechien) FL Cargo (Luxemburg) DB Schenker Rail (Deutschland, Nordita-lien) Green Cargo (Schweden, Norwegen) RCA Rail Cargo Austria (Österreich, Un-garn, Norditalien) SBB Cargo (Schweiz) SNCB (Belgien, Niederlande) bot Schwerpunkt RailCargo

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