Einfacher umsteigen

Es gibt kaum jemanden im deutschen Transportgewerbe, der sich nicht aufregt über die Blockabfertigung an der Grenze zwischen Deutschland und Österreich. Aber: Womöglich haben die Daumenschrauben der Tiroler doch ihr Gutes. Zumindest die Partner des Projektes Future Trailer können den Blockaden auf der Brennerstrecke aber etwas Gutes abgewinnen. Denn Blockabfertigungen bedeuten kilometerlange Staus auf den Autobahnen. Und die Lkw-Staus ziehen Störungen in der Lieferkette nach sich, die dazu führen, dass sich Spediteure und Verlader mit dem Gedanken befassen, ihre Transporte auf die Schiene zu verlagern. 95 Prozent der Trailer nicht KV-fähig Hier kommt der Future Trailer ins Spiel. Denn eine solche Verlagerung ist mit dem heutigen Stand der Technik nicht mal so eben von heute auf morgen umsetzbar. Nur fünf Prozent aller eingesetzten Sattelauflieger sind kranbar und damit für den Kombinierten Verkehr (KV) geeignet. Also müssen andere, neue Lösungen her. Denn 95 Prozent der derzeit auf Deutschlands Straßen verkehrenden Sattelauflieger verfügen nicht über Greifkanten und Verstärkungsträger, die notwendig sind, um per Kran das Gefährt in einen Waggon zu heben. Auch am Future Trailer finden sich nicht solche Elemente, aber er kann dennoch im KV eingesetzt werden: Denn der Sattelauflieger wird auf eine Platte geschoben und zusammen mit dieser Platte - Nikrasa genannt - vom Kran in den Waggon gehievt. Die Platte führt jedoch dazu, dass der Waggon mit Sattelauflieger nicht mehr durch alle Tunnel passt. Für einen flexiblen europaweiten Bahntransport fehlen ganze 15 Zentimeter. Das schränkt den Einsatz des Future Trailers ein und kratzt gehörig an seiner Wettbewerbsfähigkeit im Vergleich zum Straßen- oder KV-Trailer. Das LKZ (Logistik-Kompetenz-Zentrum) Prien hat vergangene Woche in Berlin 15 Maßnahmen vorgestellt, mit denen ein optimaler Hüllraum geschaffen werden soll, der einen reibungslosen Intermodaltransport europaweit ermöglicht. Erarbeitet haben diese Maßnahmen Experten des Bahnunternehmens TX Logistik, der Spedition Zitzlsperger sowie der Trailer-Hersteller Krone, Schmitz Cargobull und Schwarzmüller (siehe Kasten). Unter anderem, um diese 15 Zentimeter einzusparen, haben die Projektpartner sich mit den drei entscheidenden Faktoren befasst, die Einfluss nehmen auf die Höhe: den Auflieger, den Waggon und die Infrastruktur. "Bei dem Trailer haben wir wesentliche Fortschritte erzielt", lautet die Einschätzung von Karl Fischer vom LKZ Prien. Zwei der 15 Maßnahmen befassen sich mit der Plane. Da auf dem Zug der Trailer höheren Geschwindigkeiten und damit stärkeren Kräften ausgesetzt ist, müssen die Planenspanner eine bahntaugliche Sicherung gewährleisten. Zudem muss die Plane häufiger auf das sogenannte "Planenflattern" überprüft werden. Doch stellen diese Maßnahmen für die Trailerhersteller keine Hürden dar. Denn diese Planen kommen nach Angaben der Trailerhersteller schon jetzt bei den kranbaren Aufliegern zum Einsatz. Zudem ist kurzfristig eine Verstärkung des Chassis am Sattelanhänger notwendig, weil im Waggon die Trailer höheren Kräften ausgesetzt sind. Mittelfristig soll hingegen das Problem dadurch gelöst werden, dass die Federung am Waggon verbessert wird. 300 bis 400 Kilo mehr Nutzlast "Die Trailerhersteller haben ihre Hausaufgaben damit erledigt. Wenn jetzt noch Änderungen bei den Waggons erfolgen, die neue Anforderungen an die Auflieger nach sich ziehen, könnten wir wieder gefordert werden", sagt Roland Klement, Vorstandsmitglied von Schmitz Cargobull. Der Auflieger ist auch bereits erhältlich, wie Klement und Roland Hartwig, CEO der Schwarzmüller Group, versichern. "Dadurch, dass wir Greifkanten und Verstärkungsträger weglassen konnten, haben wir weniger Material eingesetzt und erreichen eine höhere Nutzlast", zählt Hartwig einen Vorteil des Future Trailers auf. Im Vergleich zu den kranbaren KV-Trailern ist der Auflieger 300 bis 400 Kilogramm leichter, kann also mehr Nutzlast mitnehmen. Aber: Dafür dürfen KV-Trailer im Vor- und Nachlauf inklusive Zugmaschine 44 Tonnen wiegen. "Der Future Trailer kann technisch mehr befördern, gesetzlich zulässig sind aber nur 40 Tonnen", sagt Klement. Damit hängt auch eine weitere Maßnahme zusammen: die Zulassung eines einheitlichen Achsabstandes bei den Trailerachsen im Vor- und Nachlauf des KV. Dazu müssten gesetzliche Regelungen angepasst werden. Zu den weiteren Maßnahmen gehören Erleichterungen bei den Trailern wie ein starrer Unterfahrschutz anstatt eines derzeit noch erforderlichen, hochklappbaren Unterfahrschutzes, Optimierung der Leuchten am Trailer oder die Wahrung der Kompatibilität von seitlichen Schutzeinrichtungen. Um die Kompatibilität zwischen Auflieger und Taschenwagen zu gewährleisten, lautet eine weitere Forderung "Ausmusterung von Taschenwagen, die keine Standardtrailer aufnehmen können". Im europäischen Intermodaltransport gibt es laut LKZ neun verschiedene Waggontypen. Waggons stillzulegen, ist jedoch nicht einfach, weil deren Lebensdauer hoch ist und vor allem auch ausländische Bahnen ältere Exemplare einsetzen. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Optimierung der Stützbockhöhe am Taschenwagen. Mittels einer Sattelplatte am Stützbock wird der Königszapfen des Trailers befestigt. Vorgeschlagen wird, dass die Stützbockhöhe angepasst wird und somit weitere Zentimeter beim Hohlraum gespart werden. Zudem fordern die Projektteilnehmer ein europaweit einheitliches Verfahren zur Berechnung des Lichtraumprofils im europäischen Schienennetz. "Um den KV noch weiter nach vorne zu bringen, sind im nächsten Schritt die Waggonbauer gefordert", sagt Klement. Das LKZ Prien hat bereits entsprechend reagiert: "Wir haben die Weichen für das Projekt 'Future Intermodal Wagon' gestellt", sagt Fischer. Wieder erhalten die Bayern dabei Unterstützung von ihrem Verkehrsministerium. "Wir wollen die Maßnahmen aus dem Projekt Future Trailer weiterentwickeln und neue Lösungsansätze für den Taschenwagen der Zukunft erarbeiten", sagt Fischer. Als wichtige Player sieht er dabei die Vermieter von Waggons wie VTG oder Wascosa an, da die mit ihrem Angebot wesentlich bestimmen, welche Wagen zum Einsatz kommen. Unterstützung seitens der Politik ist dem LKZ auch bei dem neuen Projekt gewiss. "Der Future Trailer hat beispielhaft gezeigt, wie sich die Zusammenarbeit im Intermodaltransport verbessern lässt", sagt Enak Ferlemann (CDU), parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesverkehrsminister, bei der Vorstellung der Projektergebnisse. Doch vor allem die Anwender müssen mitspielen. Einer von ihnen ist Thomas Eberl, Geschäftsführer der Zitzlsperger Spedition. "Der Future Trailer ermöglicht den Transportunternehmen zukünftig einen leichteren Marktzugang zur Schiene", sagt er. Er muss es wissen: Denn er hat seit 2017 zwei Future Trailer in seinem Unternehmen im Einsatz. Mehr zum Thema im Dossier Kombinierter Verkehr www.verkehrsrundschau.de/dossiers Projekt Future Trailer Von der Industrie bis zum Spediteur: alle Akteure im KV dabeiDas Projekt "Future Trailer" wurde von der Zitzls-perger Spedition & Logistik und dem Logistik-Kompetenz-Zentrum (LKZ) Prien gemeinsam initiiert. Es wird zu 50 Prozent vom Bayerischen Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr gefördert. Zu den Partnern gehören die drei Trailer-Hersteller Fahrzeugwerk Bernard Krone, Schmitz Cargobull und Wilhelm Schwarzmüller sowie das private Schienengüterverkehrsunternehmen TX Logistik. An dem Projekt haben aber noch weitere Akteure mitgewirkt wie Transportunternehmen, Waggon-Hersteller, Infrastruktur- und Terminalbetreiber und Vertreter aus der Politik. cd

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