Ein-Prozent-Regelung oder Fahrtenbuch?

Ein Dienstwagen gehört für Vertriebsmitarbeiter und Führungskräfte zum Gehaltspaket. Meist trägt der Arbeitgeber sämtliche Kosten und überlässt den Kollegen das Firmenauto auch für private Fahrten. Von der Regelung profitieren beide Seiten: Das Unternehmen setzt die Netto- Fahrzeugkosten als Betriebsausgaben ab und macht den Vorsteuerabzug geltend. Der Mitarbeiter spart sich die teure Anschaffung sowie den Unterhalt eines eigenen Pkw und fährt privat auf Firmenkosten. Allerdings muss er die Privatnutzung als geldwerten Vorteil versteuern. Damit der Dienstwagen ein attraktives Gehaltsextra bleibt, sollten Arbeitgeber prüfen, mit welcher Besteuerung der Arbeitnehmer günstiger fährt: mit der pauschalen Ein-Prozent-Regelung oder dem Nachweis der tatsächlichen Kosten per Fahrtenbuch. Klare Regeln zur Privatnutzung von Firmenwagen vermeiden Ärger mit dem Finanzamt und teure Steuernachzahlungen. Die wichtigsten rechtlichen und steuerlichen Fragen. 1 Wie funktioniert eigentlich die Ein-Prozent-Regelung? Wer kein Fahrtenbuch führt, versteuert für die Privatnutzung des Dienstwagens monatlich pauschal ein Prozent des inländischen Bruttolisten-Neupreises - zum Zeitpunkt der Erstzulassung - als Arbeitslohn. Maßgeblich ist die unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers plus Kosten für Sonderausstattung einschließlich der Umsatzsteuer. Es spielt dabei keine Rolle, ob das Unternehmen diesen Preis tatsächlich gezahlt hat. Beträgt der Preis laut Liste 50.000 Euro, ergibt sich ein geldwerter Vorteil von 500 Euro monatlich, für den Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag sowie gegebenenfalls Kirchensteuer und Sozialversicherungsbeiträge abzuführen sind. Das Finanzamt besteuert sowohl die private Nutzung gekaufter als auch geleaster und gemieteter Firmenautos nach der Ein-Prozent-Regel. 2 Was ist günstiger: Die Ein-Prozent-Regel oder die Fahrtenbuchmethode? "Vielfahrer profitieren von der Ein-Prozent-Regelung", betont der Friedberger Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht Stefan Kasparek. Für Angestellte, die privat viel unterwegs sind, ist sie häufig günstiger, besonders wenn der Arbeitgeber alle Fahrzeugkosten plus Sprit und Waschanlage trägt. Da die Ein-Prozent-Regelung auf den Bruttolisten-Neupreis abstellt, ist sie bei gebrauchten Dienstwagen oder abgeschriebenen Fahrzeugen sowie für Angestellte, die nur wenig privat fahren, meist die schlechtere Variante. In diesen Fällen lohnt es sich, zur Berechnung des geldwerten Vorteils die niedrigeren tatsächlichen Kosten heranzuziehen. Mitarbeiter müssen dann allerdings ein Fahrtenbuch führen, um private und geschäftliche Fahrten belegen zu können. Sie entscheiden zum Jahresbeginn gemeinsam mit ihrem Arbeitgeber, nach welcher Methode der geldwerte Vorteil ermittelt wird. Ein Wechsel für dasselbe Fahrzeug ist mitten im Jahr nicht mehr möglich. Korrekturen können Beschäftigte erst später in ihrer Steuererklärung vornehmen, indem sie niedrigere Kosten per Fahrtenbuch nachweisen. Wie lässt sich die Besteuerung vermeiden, wenn Mitarbeiter den Dienstwagen nicht privat nutzen? Wer das Firmenauto nicht privat fährt, zahlt dafür auch keine Steuer. Was selbstverständlich sein sollte, sieht das Finanzamt in der Praxis meist anders. Die Beamten gehen davon aus, dass Beschäftigte, die häufig mit dem Dienstwagen unterwegs sind, diesen auch privat nutzen und besteuern den geldwerten Vorteil nach der pauschalen Ein-Prozent-Regelung. Dies können Unternehmen nur vermeiden, indem sie ihre Mitarbeiter verpflichten, ein Fahrtenbuch zu führen. Alternativ ist es möglich, die Privatnutzung des Firmenautos im Arbeitsvertrag auszuschließen. Klare, schriftlich fixierte Regeln helfen Ärger mit dem Finanzamt zu vermeiden. Dieses darf keinen geldwerten Vorteil ansetzen, wenn der Arbeitnehmer nicht befugt ist, das Firmenauto für Privatfahrten zu nutzen, urteilten die Richter des Bundesfinanzhofs (Urteil vom 21.03.2013, Az.: VI R 46/11). Die Ein-Prozent-Regelung kommt nur zur Anwendung, wenn Arbeitgeber ihren Beschäftigten das Fahrzeug per Arbeitsvertrag oder einer Nutzungsvereinbarung für private Fahrten überlassen. Wer einen Fuhrpark mit mehreren Dienstwagen unterhält, sollte jedoch zur Sicherheit Fahrtenbuch führen lassen. Wer abends kontrolliert, dass die Fahrzeugschlüssel in der Firma verbleiben, erspart sich zudem lästige Nachfragen der Betriebsprüfer. 3 Welche Regeln gelten für Unternehmenschefs? Stehen mehrere Fahrzeuge für die Geschäftsführung zur Verfügung, unterstellen Betriebsprüfer gerne, dass Unternehmer sämtliche Dienstwagen auch privat nutzen. Pro Monat setzen sie für jedes Fahrzeug ein Prozent des Bruttolistenpreises an. Es droht eine teure Steuernachforderung, denn meist präsentieren die Beamten die Rechnung für mehrere Jahre plus Zinsen. Die Prüfer fahren einen strikten Kurs. Das Argument vieler Chefs, sie könnten nicht zwei oder mehr Autos gleichzeitig fahren, lassen sie nicht gelten. Wer behauptet, er nutze bestimmte Fahrzeuge nicht privat, muss dies per Fahrtenbuch belegen. Dies gilt auch für geschäftsführende Gesellschafter von GmbHs. Dem Fiskus reichen arbeitsvertragliche Regelungen, die GmbH-Chefs eine Privatnutzung von Dienstwagen verbieten, nicht als Beweis aus. Ohne sauber geführtes Fahrtenbuch fällt es daher schwer, die Steuernachforderung abzuwehren. Generell gilt jedoch: Besitzen Steuerpflichtige ein gleichwertiges privates Fahrzeug oder ist das Firmenauto für private Fahrten ungeeignet (Werkstattwagen ohne Sitze, Sportwagen für Väter kleiner Kinder) steigen die Chancen vor Gericht. Sie können sich auf drei Urteile des Bundesfinanzhofs berufen (Urteil vom 19.5.2009, Az.: VIII R 60/06, Urteil vom 18.12.2008, Az.: VI R 34/07 und 4.12.2012, Az.: VIII R 42/09). 4 Welche Anforderungen stellt der Fiskus an das Fahrtenbuch? Wer die tatsächlichen Kosten als geldwerten Vorteil ansetzen möchte, muss Fahrtenbuch führen. Dann zählen für die Steuer die Anschaffungskosten einschließlich Umsatzsteuer sowie alle laufenden Fahrzeugkosten - inklusive der jährlichen AfA, jedoch ohne Sonderabschreibungen. "Da Fahrtenbücher oft nicht täglich geführt werden und betrugsanfällig sind, erkennt das Finanzamt diese schon bei kleineren Fehlern nicht an", warnt Steuerexperte Kasparek vor Nachlässigkeiten. Der Fiskus besteht auf folgenden Pflichtangaben: Datum, Kilometerstand, Reiseziel und -route bei Umwegen, Zweck der Reise sowie Name und Adresse des Geschäftspartners sind zu Beginn und Ende jeder Fahrt ins Fahrtenbuch einzutragen. Wer es sich einfach macht und im Fahrtenbuch .. auf seinen Terminkalender oder Kundenlisten verweist, riskiert, dass das Finanzamt die Fahrten als privat deklariert und Steuern verlangt. Alle Eintragungen sind im Fahrtenbuch vorzunehmen, entschied auch der Bundesfinanzhof (Urteil vom 13.11.2012, Az.: VI R 3/12). Die Pflichtangaben können nicht durch externe Aufzeichnungen ersetzt werden. Bei privaten Touren sind nur die Kilometer zu vermerken. Für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte reicht ein entsprechender Vermerk. Er muss vollständig und richtig sein. "Sind die Eintragungen lückenhaft oder stimmen nicht mit Tankquittungen und anderen Belegen überein, ist das ganze Fahrtenbuch wertlos", betont Kasparek. "Dann gehen Betriebsprüfer von Steuerhinterziehung aus und prüfen besonders genau." Ob Firmen ein Fahrtenbuch in Papierform oder eine elektronische Variante nutzen, bleibt ihnen überlassen. Es muss jedoch sichergestellt sein, dass Eintragungen nicht nachträglich manipuliert werden können. 5 Was gilt für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsplatz? Nutzen Mitarbeiter den Dienstwagen nicht privat, sondern nur für die Fahrt zur Arbeit, ist kein geldwerter Vorteil zu versteuern. Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sind der Erwerbssphäre zuzuordnen, entschieden die obersten Finanzrichter (Urteil vom 6.10.2011, Az.: VI R 56/10). Eine Privatnutzung liegt damit nicht vor. Die Besteuerung entfällt. Wer das Firmenauto jedoch auch privat fährt, muss den geldwerten Vorteil für das Pendeln zur Arbeit versteuern. Die Ein-Prozent-Pauschale erhöht sich monatlich um 0,03 Prozent des Listenpreises pro Kilometer (einfache Strecke). Statt der Pauschale können Beschäftigte auch auf einer Einzelbewertung bestehen. Ab dem kommenden Jahr müssen Arbeitgeber diese bei der Lohnbesteuerung anwenden, wenn der Mitarbeiter dies verlangt. In diesem Fall sind für maximal 180 Fahrten im Jahr 0,002 Prozent des Listenpreises pro Entfernungskilometer anzusetzen. Allerdings müssen Mitarbeiter dann genau dokumentieren und ihrem Arbeitgeber auflisten, wann diese Fahrten stattgefunden haben. Arbeitnehmer und Unternehmer dürfen Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte darüber hinaus mit 30 Cent je Kilometer und Tag als Werbungskosten in ihrer Steuererklärung geltend machen. 6 Mindern selbst getragene Spritkosten den geldwerten Vorteil? Ja, die Richter des Bundesfinanzhofs entschieden, dass Zuzahlungen des Arbeitnehmers - beispielsweise selbst getragene Spritkosten - vom steuerpflichtigen geldwerten Vorteil abgezogen werden dürfen (Urteil vom 30.11.2016, Az.: VI R/15 und Az.: VI R 49/14). Dies gilt sowohl für die Ein-Prozent-Regelung als auch für die Fahrtenbuchmethode. Weisen Mitarbeiter die Gesamtfahrleistung und die selbst gezahlten Kosten nach, berücksichtigt der Arbeitgeber dies gleich beim Lohnsteuerabzug und reduziert den geldwerten Vorteil. Bei einer Betriebsprüfung will der Fiskus aber alle Belege und die vertragliche Vereinbarung sehen. Zahlen Mitarbeiter zum Dienstwagen etwas dazu, ist es meist ratsam, ein Fahrtenbuch zu führen. Die Buchhaltung sollte zudem genau nachrechnen, damit der Arbeitnehmer kein Minusgeschäft macht, denn der geldwerte Vorteil reduziert sich auf maximal null Euro. Eine Anrechnung darüber hinausgehender Zuzahlungen als Werbungskosten ist nicht gestattet. Mehr zum Thema finden Sie im Dossier Steuern www.verkehrsrundschau.de/dossiers Steuervorteil Ab 2019 Rabatt für Elektro- und HybriddienstwagenArbeitnehmer, die ab dem kommenden Jahr als Firmenwagen ein neues Elektro- oder Plug-in-Hybridauto fahren und dieses auch für private Zwecke nutzen, müssen bis zum Jahr 2021 monatlich nur ein Prozent des halben statt des vollen Bruttolistenpreises des Fahrzeugs als geldwerten Vorteil versteuern. Wer Fahrtenbuch führt, setzt entsprechend nur die Hälfte der tatsächlichen Kosten an.Der Steuervorteil für die Privatnutzung von Dienstwagen gilt für alle Elektro- oder Hybridmodelle, die zwischen dem 1. Januar 2019 und dem 31. Dezember 2021 gekauft oder geleast werden.sah Rechenbeispiel So viel kostet die Privatnutzung des DienstwagensEin Vertriebsmitarbeiter nutzt den Dienstwagen laut arbeitsvertraglicher Regelung auch privat. Der Bruttolistenpreis des Fahrzeugs beträgt zum Zeitpunkt der Erstzulassung 30.550 Euro. Die jährlichen Kfz-Kosten belaufen sich auf 12000 Euro brutto inklusive Abschreibung. Im Jahr fährt der Mitarbeiter 55000 Kilometer. Davon entfallen 15000 Kilometer auf private Fahrten, 12000 Kilometer pendelt er zur Arbeit. Die Entfernung zwischen Wohnung und erster Arbeitsstätte beträgt 30 Kilometer.

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