Diese Russland-Exporte sind verboten

Die Europäische Union (EU) hat Vladimir Putin Daumenschrauben angelegt. Zugangsbeschränkungen für staatliche Banken zum europäischen Finanzmarkt, ein Verbot von Rüstungslieferungen, ein Exportverbot für bestimmte Hochtechnologiegüter an das russische Militär und Ausfuhrverbote für Spezialtechnik zur Ölförderung sollen bewirken, dass Russland sein Verhalten in der Ukraine-Krise ändert. Es handelt sich um sogenannte Maßnahmen der dritten Sanktionsstufe (sektorale Wirtschaftssanktionen), die der Europäische Rat bereits im März dieses Jahres für den Fall fehlender Kooperation von russischer Seite angedroht hatte und am 31. Juli 2014 beschlossen hat. Die entsprechende EU-Verordnung 833/2014 gilt unmittelbar seit dem 1. August 2014 in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Dual-Use-Güter exportieren ist verboten Laut dieser Verordnung sind der Verkauf, der Export, die Lieferung und das Verbringen von Dual-Use-Gütern, die sowohl zivilen als auch militärischen Zwecken die, sowohl zivilen als auch militärischen Zwecken dienen können, untersagt. Darunter fallen zum Beispiel Software für Verschlüsselungssysteme, spezielle Werkzeugmaschinen und Hochleistungscomputer. Zudem dürfen europäische Unternehmen Spitzentechnologie, die Russland für Erdölbohrungen beispielsweise in der Tiefsee und in der Arktis braucht, nicht mehr dorthin exportieren. Dazu zählen unter anderem bestimmte Rohre, Bohrmaschinen oder Bohrwerkzeuge. Das ebenfalls beschlossene Waffenembargo erfasst nicht nur die Ausfuhr im Zusammenhang mit den in der EU-Militärgüterliste aufgeführten Gütern und Technologien, sondern auch die technische oder finanzielle Unterstützung, die Einfuhr, den Kauf oder die Beförderung aus Russland. Kernstück der Restriktionen ist die Kappung des Zugangs von russischen Banken mit einer staatlichen Beteiligung von mehr als 50 Prozent zu den europäischen Finanzmärkten. Ein Handelsverbot für neue Anleihen und ein Kaufverbot für EU-Bürger soll die Fähigkeit der Banken, die russische Wirtschaft zu finanzieren, verringern. Auch die wissentliche oder absichtliche Teilnahme an Tätigkeiten, mit denen die Umgehung der besagten Beschränkungen bezweckt oder bewirkt wird, ist verboten. Die jüngst beschlossenen Sanktionen ergänzen bereits seit Juni bestehende Liefer- und Investitionsverbote für die Halbinsel Krim sowie die Stadt Sewastopol. Schwarze Listen werden voller Außerdem stehen mittlerweile 20 Organisationen und 87 Personen auf "schwarzen Listen". Sie sind nach Angaben der EU für Handlungen verantwortlich, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen. Ihnen dürfen weder unmittelbar noch mittelbar Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen zur Verfügung gestellt werden oder zugute kommen. Der Deutsche Speditions- und Logistikverband (DSLV) weist darauf hin, dass auch Transportdienstleistungen unter wirtschaftliche Ressourcen fallen. Ebenso umfasst der Begriff Gelder finanzielle Vermögenswerte und Vorteile jeder Art, unter anderem Wechsel, Bürgschaften, Akkreditive und Konnossemente, erklärt Jutta Knell, Geschäftsführerin und Außenwirtschaftsrechtsexpertin des DSLV. Darum ruft der Verband zu erhöhter Wachsamkeit auf und rät Unternehmen, sich umgehend bei ihren Software-Anbietern zu erkundigen, ob derartige Embargolisten in ihre Compliance-Software eingepflegt und regelmäßig aktualisiert werden. Sollte dies nicht der Fall oder gar keine Software vorhanden sein, besteht nach Auffassung von Knell dringender Handlungsbedarf. DSLV kritisiert ungenaue Formulierung Risiken sieht der DSLV vor allem bei güterbezogenen Sanktionen. "Hier müssen sich Spediteure und Logistiker in den meisten Fällen auf Informationen verlassen, die aus den Frachtpapieren und Aufträgen hervorgehen", sagt Knell. Die Unternehmen hätten weder genaue Kenntnis über die Ware noch über deren Verwendungszweck in Russland. In diesem Zusammenhang kritisiert der Verband das schwammig formulierte Exportverbot für Dual-Use-Güter, die ganz oder teilweise für militärische Zwecke bestimmt sein könnten. Danach ist es verboten, bestimmte Waren zu bestimmten Zwecken unmittelbar oder mittelbar an natürliche oder juristische Personen, Organisationen oder Einrichtungen in Russland oder zur Verwendung in Russland zu verkaufen, zu liefern, zu verbringen oder auszuführen. "Der Transport und die Ablieferung von Waren durch einen Frachtführer beim russischen Empfänger ist nach herrschender Auffassung ein unmittelbares Verbringen", sagt Knell. Organisiere ein Logistiker unter Einschaltung eines Frachtführers einen Russland-Export, handele es sich zumindest um mittelbares Verbringen. "Die Embargowaren müssen also überhaupt nicht nach Russland transportiert werden, es genügt ein Verbringen zur Verwendung in Russland zu bestimmten Zwecken", fasst die Expertin zusammen. Das bedeute, dass auch innerdeutsche Transporte beispielsweise zu einem Flughafen unter die Sanktionen fallen, wenn die gelisteten Waren zu einer verbotenen Verwendung in Russland bestimmt seien. Um sichergehen zu können, dass kein güterbezogener Embargoverstoß vorliegt, rät der DSLV deutschen Spediteuren dazu, die als Anlage beigefügte Exportvollmacht beziehungsweise bei reinen Transporten eine vergleichbare Bescheinigung in allen Fällen vom Auftraggeber unterzeichnen zu lassen. "Die Vollmacht kann gegebenenfalls um einen explizit auf das Russland-Embargo bezogenen Passus erweitert werden", erläutert Knell. Sie weist darauf hin, dass das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle darüber hinaus Ausfuhrgenehmigungen nur erteilt, wenn die Ware ausfuhrgenehmigungspflichtig ist. Insofern mache es keinen Sinn, vom Exporteur pauschal für alle Fälle Ausfuhrgenehmigungen zu verlangen. "Auch sollten Spediteure nur in Ausnahmen Nullbescheide selbst beantragen oder Auskünfte einholen, da das Bundesamt anderenfalls hoffnungslos überlastet wäre." Bei ernsthaften Zweifeln an der Unbedenklichkeit der Ware könnten sie aber auf die Vorlage eines Nullbescheides beziehungsweise eine positive Auskunft durch ihren Auftraggeber bestehen. "Auch dies sollte die Ausnahme bleiben", sagt die Außenhandelsrechtsexpertin. Verstöße gegen Sanktionen sind teuer Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle setzt die EU-Embargos gegen Russland in Deutschland administrativ um, soweit sie Güter, technische Hilfe und wirtschaftliche Ressourcen betreffen. Für die behördliche Umsetzung betreffend Gelder, Finanzmittel und Finanzhilfen ist die Deutsche Bundesbank zuständig. Wer sich nicht an die Sanktionen hält, der muss mit drastischen Strafen rechnen. Diese Strafen richten sich nach nationalem Recht. Unternehmen, die vorsätzlich den Embargovorschriften zuwiderhandeln, droht nach Paragraf 18, Absatz 1 des Außenwirtschaftsgesetzes (AWG) eine Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren. Darunter fällt nach Angaben des DSLV auch bedingt vorsätzliches Handeln. Dies ist der Fall, wenn ein Unternehmen einen Verstoß billigend in Kauf nimmt. Verstöße gegen das Waffenembargo zieht gemäß Paragraf 17 des AWG eine Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren nach sich. Fahrlässige Verstöße gegen die EU-Sanktionen können laut Paragraf 19 des AWG als Ordnungswidrigkeit mit einem Bußgeld von bis zu 500.000 Euro geahndet werden. Die von der EU beschlossenen Verbote gelten übrigens nicht, wenn die Handlungen dazu dienen, einen Vertrag zu erfüllen, der vor dem 1. August 2014 geschlossen wurde. Geschäftspartner sollte man überprüfen Der DSLV empfiehlt Spediteuren und Logistikern deshalb die Abwicklung von Russlandgeschäften über eine zentrale Compliance-Stelle im Unternehmen. Darüber hinaus solle man alle an einem Auftrag beteiligten Personen, Organisationen und Einrichtungen - soweit bekannt - anhand der EU-Antiterrorismus-Verordnungen, Russlandsanktionsliste und US-Listen überprüfen. Eine sogenannte konsolidierte Liste aller auf schwarzen Listen geführten Personen und Organisationen könne man zum Beispiel auf der Webseite der Europäischen Union herunterladen, erklärt Knell. Schadensersatzanspruch Kein Geld zurück wegen gescheiterter Geschäfte Wenn ein Neugeschäft wegen der der EU-Sanktionen gegen Russland nicht zustande kommt und demzufolge auch der Export der Ware hinfällig wird, gibt es keine Möglichkeit für die betroffenen Unternehmen und die beauftragten Dienstleister, Schadensersatz zu verlangen. Das schreibt das"Handelsblatt" unter Berufung auf Wirtschaftsanwalt Konrad Walter von der Kanzlei CMS Hasche Sigle.Anders sehe es aus, wenn die zuständigen deutschen Behörden eine bereits erteilte Ausfuhrgenehmigung wegen der Sanktionen widerrufen. Dann kann es laut "Handelsblatt" im Einzelfall Schadensersatzansprüche des betroffenen Unternehmens gegen die Bundesrepublik Deutschland geben. ag

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