Bericht aus Brüssel

Bericht aus Brüssel Wenn Industrie auf Politik trifft Bei einer Konferenz der Fahrzeughersteller zum „LKW der Zukunft“ in Brüssel wurde erneut deutlich: In den Augen der offiziellen EU-Vertreter ist der LKW nur ein notwendiges Übel. Der LKW der Zukunft ist „Innovativ, verbrauchsarm und sicher“. Unter diesem Titel hatte der Dachverband der europäischen Automobilhersteller, Acea, zu einer Veranstaltung in Brüssel geladen. Das mit hochkarätigen Sprechern besetzte Programm sollte einen Eindruck davon vermitteln, mit welchen Ideen die Hersteller sich für die Zukunft rüsten. Vor dem Eingang der Brüsseler Konferenzräume hatten sechs europäische LKW-Hersteller ihre neuesten Euro-6-Modelle geparkt. Botschaft: Die Zukunft hat bereits begonnen. „Die LKW-Industrie ist gut gerüstet“, sagte wenig später Wolfgang Bernhard, Chef von Daimler Trucks und Vorsitzender der LKW-Sparte bei Acea. Er verwies auf die Errungenschaften der Branche: Die Schadstoffemissionen seien seit 1990 um 98 Prozent gesenkt worden, der Kraftstoffverbrauch sei innerhalb von 30 Jahren um ein Drittel gesunken. Die Zahl der Verkehrstoten mit LKW-Beteiligung sei seit 2000 um 60 Prozent gefallen. Die Branche hat sich ein hehres Ziel gesteckt: Null Verkehrstote durch LKW. „Das ist unsere Vision“, sagte Bernhard. Neue Vorgaben zu Maßen und Längen Die EU-Kommission hat in ihren aktuellen Vorschlägen zu neuen Maßen und Gewichten von LKW klar gemacht, wie der Truck der Zukunft aussehen soll. Die Industrie ist davon wenig begeistert, beispielsweise von der Idee, das Fahrerhaus zu verlängern und runder zu gestalten, um es windschnittiger und sicherer bei Unfällen zu machen. Wenn es um Einsparpotenzial für Sprit und damit CO2gehe, solle man vor allem am Heck der Fahrzeuge ansetzen, sagte Bernhard. Dort könne man mit wenig Investitionen viel sparen. Die EU-Kommission will künftig eine Verlängerung von bis zu zwei Metern zulassen, um den LKW windschnittiger zu machen. Lang-LKW seien aus der Sicht eines Herstellers nicht unbedingt zu befürworten. „Denn ich verkaufe dann ja weniger Fahrzeuge, nur zwei statt drei“, so der Daimler-Mann. Wenn die EU es jedoch Ernst mit ihren CO2-Zielen meine, führe am Lang-LKW kein Weg vorbei. Mit Fakten stützte Cindy Miller, Präsidentin von UPS-Europa, diese Einschätzung. Ein Jahr lang hätte UPS in Norddeutschland den Lang-LKW eingesetzt. Das Fazit: 21.700 Liter weniger Kraftstoff, 70.000 weniger gefahrene Kilometer, 57,2 Tonnen weniger CO2im Vergleich zum herkömmlichen Laster. Neue Gesetze zur CO2-Senkung EU-Klimakommissarin Connie Hedegaard kündigte bei der Veranstaltung neue EU-Gesetze zur Senkung des CO2-Ausstoßes von LKW an. Wann sie kommen werden, ist allerdings noch offen. Zunächst müsse mit einer CO2-Kennzeichnung der Neufahrzeuge begonnen werden, basierend auf einer Messmethode, die die EU-Kommission in Zusammenarbeit mit Herstellern entwickelt hat. Ginge es nach dem Willen von Acea, sollte es bei dieser Kennzeichnung auch bleiben. „Unsere Kunden zwingen uns von selbst dazu, immer sparsamer zu werden“, sprach sich Bernhard gegen gesetzliche Grenzwerte zum CO2-Ausstoß bei LKW aus. Dass der LKW aus Sicht vieler EU-Politiker ein geduldetes Übel ist , machte Jos Delbeke, Generaldirektor der Abteilung Klima bei der EU-Kommission, deutlich: „Wir sollten das ganze Gütertransportwesen in Europa neu organisieren“, schlug er vor und klagte über verstopfte Straßen durch das hohe Güterverkehrsaufkommen. ❙❚■ Kay Wagner, VR-Korrespondent in Brüssel