Paris. Die französische Bahnaufsicht Autorité de régulation des activités ferroviaires (Araf) hat mehrere Ausführungsbestimmungen für die eingeleitete Bahnreform in Frankreich kritisiert, die auf die Zusammenführung der Staatsbahn SNCF und dem Infrastrukturträger RFF zielt. Bezweifelt wird dessen Unabhängigkeit im Rahmen der geplanten Konstruktion. Kritisch kommentiert Araf auch die Nutzungsbedingungen, die die Staatsbahn ihren Konkurrenten einzuräumen gedenkt. Araf bezweifelt ebenso, ob der Gesetzgeber sich genügend um die „Euro-Kompatibilität“ der Bahnreform gekümmert habe.
Die Behörde hat die Aufgabe, darüber zu wachen, dass der Bahnbetrieb und der Wettbewerb reibungslos und insbesondere ohne Diskriminierung von SNCF-Konkurrenten erfolgen. Ihre Entscheidungen werden durch ein Gremium von 7 Bahn-, Rechts- und Wirtschaftsfachleuten getroffen. Sie hat allerdings nur eine kommentierende und keine verpflichtende Funktion. Das von ihr Ende November unter die Lupe genommene Reformgesetz sieht ein Konstrukt vor mit SNCF als Dach mit 2 Unterrinheiten: „SNCF Réseau“ (bisher der Infrastrukturträger RFF) und „SNCF Mobilités“ als Bahnbetreiber. Der damit intendierten Funktions- und Statusverteilung erteilt Araf ein Negativvotum und beurteilt die Verankerung des Netzverantwortlichen in diesem Konstrukt als nur „mit Vorbehalt“ positiv. Es müsse gewährleistet werden, dass die Ausführungsbestimmungen nicht das Recht konkurrierender Bahnunternehmen auf diskriminierungsfreien Zugang zum Netz verletzten und die Wettbewerbsentwicklung nicht behindern, heisst es in der Araf-Stellungnahme. Die Autonomie des Infrastrukturverwalters müsse garantiert werden. „Die neue Architektur des Bahnsystems“ räume SNCF jedoch die Möglichkeit ein, auf den Funktionsbereich SNCF Réseau Einfluss auszuüben.
Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die vom Gesetz vorgesehene Finanzverteilung zwischen den industriellen und kommerziellen Komponenten des zukünftigen Bahnschemas. In der bisher geplanten Form sei sie nicht klar genug definiert, bemängelt die Regulierungsbehörde. Befürchtungen, dass das historische Bahnunternehmen seine Marktstellung und seinen aus der Integration des Netzbetreibers resultierenden Informationsvorsprung ausnutzen könnte, seien „nicht nur theoretischer“ Natur.
Die französische Bahnreform soll in erster Linie dazu dienen, die Verschuldung des Staatsbetriebs in Höhe von 44 Milliarden Euro abzubauen. (jb)