Erfurt. Ist in einem Arbeitsvertrag von „Vollzeitbeschäftigung“ die Rede, ist damit eine regelmäßige Arbeitszeit von 40 Wochenstunden gemeint, wenn es darüber hinaus keine ausdrückliche Bestimmung des Umfangs der Arbeitszeit gibt. Bei einem Arbeitnehmer, der mehr als 40 Wochenstunden leistet, fallen Überstunden an. Sofern feststeht, dass der Arbeitgeber diese veranlasst hat, der Mitarbeiter sie aber nur unzureichend nachweisen kann, darf das Gericht den Mindestumfang der geleisteter Überstunden nach Paragraf 287 Absatz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 und Satz 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) schätzen. Das entschied das Bundesarbeitsgericht in Erfurt unter Berücksichtigung einer Fünf-Tage-Woche. Die Vergütung von Überstunden sei nicht allein deshalb ausgeschlossen, weil es keine entsprechenden Regelungen im Arbeitsvertrag gebe.
In dem Fall ging es dort um einen Busfahrer, der im Linienverkehr tätig gewesen war. Konkrete Angaben, wie viele Stunden pro Tag oder Woche gearbeitet werden müssen, enthielt dessen Arbeitsvertrag nicht, sondern lediglich eine Klausel, wonach es sich um eine Vollzeitstelle handele. Vertraglich war der Mann nicht nur zum Fahren, sondern unter anderem auch zur vorher Abfahrtkontrolle und nachher zur Reinigung des Busses verpflichtet. Durch die Zusatzaufgaben hatte er mitunter deutlich länger als vereinbart arbeiten müssen. Als der Busfahrer diese Mehrarbeit vergütet haben wollte, war es zum Streit mit seinem Arbeitgeber gekommen, woraufhin der Arbeitnehmer geklagt hatte. Das Bundesarbeitsgericht glaubte dem Kläger und schätzte anhand der Einsatzpläne und dessen Angaben zum Umfang der Mehrarbeit, weil der Busfahrer nicht jede Überstunde einzeln darlegen konnte. Die zugewiesene Arbeit sei nicht ohne die Leistung von Überstunden zu erbringen gewesen, hieß es. (ag)
Urteil vom 25.03.2015
Aktenzeichen 5 AZR 602/13