Rennes. Frankreich hat im April 2014 ein neues Bußgeldverfahren eingeführt: den elektronischen Bußgeldbescheid (PVE). Blitzanlagen und Ampelüberwachungen dokumentieren nun Verkehrsverstöße, die die neu geschaffene Behörde „Agence Nationale de Traitement Automatisé des Infractions“ (Antai) in Rennes automatisch verarbeitet und danach verfolgt. Wie der Gesamtverband des Verkehrsgewerbes Niedersachsen (GVN) mitteilt, flattern seitdem auch vielen deutschen Transportunternehmen die Bescheide ins Haus.
Wenn die Antai einen Verstoß ahndet, erhält der Fahrzeughalter über ein automatisiertes Verfahren eine Zahlungsaufforderung und ein Widerspruchsformular. Geht der Bescheid an eine deutsche Adresse, ist das Formular auf Deutsch verfasst. Es enthält die Beschreibung des Verstoße. Ein Beweisfoto muss der Halter bei Bedarf jedoch selbst anfordern. An die deutschen Halteradressen kommt die Antai durch das Kraftfahrt-Bundesamt, das mit der 2013 umgesetzten europäischen Richtlinie 2011/83 verpflichtet ist, Behörden aus anderen Mitgliedsstaaten ihre Halterdaten auf Anfrage zu übermitteln.
Bußgeld schon bei einem Stundenkilometer zu viel
Das französische Bußgeldsystem ist streng. Schon wenn abzüglich der Toleranz 51 Stundenkilometer in einer Tempo-50-Zone auf dem Tacho stehen, ahndet die Antai laut dem Deutschen Speditions- und Logistikverband (DSLV) Geschwindigkeitsübertretungen – auch von ausländischen Fahrern. Die Höhe des Bußgeldes richtet sich dabei nach dem Zeitpunkt der Zahlung. Wer innerhalb von 46 Tagen bezahlt, den kostet der oben genannte Verstoß beispielsweise 90 Euro, danach 135 Euro. Wer sich mehr als 76 Tage Zeit lässt, den bittet der französische Staat sogar mit 375 Euro zur Kasse.
Da die Anlagen in der Regel laut dem DSLV von hinten blitzen, erhält bei Sattel- und Gliederzügen der Halter des Aufliegers- oder des Anhängers die Zahlungsaufforderung. Nach französischem Recht ist der Halter aber nur von der finanziellen Haftung befreit, wenn er beweisen kann, dass ein anderer das Fahrzeug gefahren hat und dessen Personalien weitergibt. Wie solche Fälle von den französischen Behörden weiter verfolgt werden, ist derzeit nach Verbandsauskunft noch unklar.
Der GVN rät allen im Frankreichverkehr eingesetzten Fahrern, sich an die Geschwindigkeitsbegrenzungen zu halten. In den letzten Jahren habe Frankreich ein weites Netz fest installierter Radaranlagen aufgebaut. Auch eine große Zahl mobiler, in Zivilfahrzeugen eingebauter Geräte ist im Einsatz. (ks)