Paris. Bei der Suche nach einer Ersatzlösung für die nach Protesten in der Bretagne auf unbestimmte Zeit zurückgestellte Einführung einer Ökosteuer für Nutzfahrzeuge ab 3,5 Tonnen scheint sich in Paris eine Kompromisslösung abzuzeichnen. Sie würde aus Elementen zweier Konzepte bestehen, die die Umweltministerin Ségolène Royal und eine damit beauftragte Parlamentarierkommission in die Debatte eingebracht haben. Es ginge dabei im Wesentlichen um eine gebührenfreie Straßennetz-Nutzung von 281 bis 844 Kilometer je nach Fahrzeuggewicht und Umweltverträglichkeit des LKW. Zugute käme dies in erster Linie kleineren lokalen Unternehmern, würde aber bedeuten, dass der Staat auf jährliche Ökosteuereinnahmen in Höhe von 300 Millionen Euro verzichten müsste, wie die Pariser Les Echos berichtet. Um dies zu vermeiden, soll die Freigrenze mit einem Vorschlag der Ministerin gekoppelt werden, der vorsieht, die Ausfallsumme über die privaten Autobahn-Lizenznehmer hereinzuholen, das heißt, diese entsprechend zur Kasse zu bitten.
Wie das im Einzelnen geschehen soll, ist noch unklar und wird Gegenstand von Verhandlungen mit den Autobahnbetreibern sein. Royal rechtfertigt deren Einbeziehung in das Projekt damit, dass sie seinerzeit bei der Lizenzvergabe von extrem günstigen Konditionen profitiert hätten, derzeit pro Jahr 8,5 Milliarden Euro Umsatz erzielten und Gewinne in Höhe von 2 Milliarden Euro aufwiesen.
Der momentan angepeilte Kompromiss würde allerdings am Prinzip einer Ökosteuer für LKW festhalten. Die umstrittene „écotaxe poids lourds“ stösst jedoch bei der Umweltministerin seit ihrem Dienstantritt auf strikte Ablehnung, zumindest in deren bislang verfolgter und bis zur Startreife gebrachten Form durch das Firmenkonsortium Ecomouv’. Schon in diesem Jahr werden dem Pariser Fiskus wegen des aktuellen Projektstopps insgesamt 800 Millionen Euro entgehen. Sollte keine Ersatzlösung gefunden werde, könnte sich dieser Betrag im Endeffekt auf 1,1 Milliarden Euro erhöhen. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass sich das Betreiberkonsortium bislang noch nicht zu den Regierungsbemühungen um einen Ausstieg aus dem Dilemma und eine neue Lösung geäußert hat, sondern offensichtlich vorzieht abzuwarten, wie sich die Dinge weiter entwickeln. (jb)