Berlin. Die Hamburger Spedition Konrad Zippel verstärkt ihr Engagement für CO2-freie Lieferketten: Am Montag wurden im Berliner Westhafen in Anwesenheit von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) die ersten drei nagelneuen Scania-Zugmaschinen mit Erdgasantrieb (CNG) für den Standort Berlin vorgestellt. Weitere fünf sollen bis Juni folgen.
Der Clou ist jedoch, dass die Lkw mit Biomethan angetrieben werden und so im Vergleich zu fossilem Erdgas rund 80 Prozent weniger CO2 ausstoßen. „Damit werden pro Jahr 1500 Tonnen CO2 eingespart“, sagte Scheuer. Biomethan ist chemisch identisch mit Erdgas und wird aus landwirtschaftlichen Reststoffen erzeugt, zum Beispiel Stroh. Die in Deutschland produzierte Menge an Biomethan reiche schon heute für 20.000 Lkw, sagte Zippel-Geschäftsführer Axel Plaß. „Da ist also noch Luft drin“, betonte er.
„Wir können uns vorstellen, bei entsprechenden Rahmenbedingungen die gesamte Flotte auf CNG umzustellen.“ Der Bund fördert die Anschaffung mit 8000 Euro je Fahrzeug aus dem Programm „Energieeffiziente und/oder CO2-arme schwere Nutzfahrzeuge“ (EEN-Programm). Alle Lkw werden außerdem mit dem Abbiegeassistenzsystem „LUIS Turn Detect“ ausgestattet. Zum Mehrpreis eines CNG-Lkw gegenüber einem Diesel wollte Zippel keine Angaben machen. Nach der Logik des Förderprogramms beträgt er jedoch mehr als 20.000 Euro
Einsatz im Seecontainer-Hinterlandverkehr auf der letzten Meile
Die Zugmaschinen werden für den Einsatz im Seecontainer-Hinterlandverkehr auf der letzten Meile zum Kunden eingesetzt, wobei diese „Meile“ auch knapp 80 Kilometer lang sein kann. Zippel bedient schon seit vielen Jahren die Relation vom Hamburger Hafen nach Berlin mit eigenen elektrisch angetriebenen Containerganzzügen. Bisher wurden die Container mit Diesel-Lkw ausgefahren.
Um auch die letzten dieselbefeuerten Abschnitte in der Lieferkette umzustellen, arbeitet die Spedition nach eigenen Angaben zusammen mit dem Eisenbahnpartner IGS außerdem an einer Hybridlok. Wie zu hören war, soll sie zunächst im Hamburger Hafen eingesetzt werden.
Zippel beschäftigt sich schon seit 2016 mit CNG-Antrieb im Lkw. 2018 startete bereits ein kleiner Pilotversuch im Leipziger Raum mit drei Lkw, damals noch unterstützt aus dem Förderprogramm der Mobilitäts- und Kraftstoffstrategie (MKS) der Bundesregierung.
Geringe Kosten und einfache Betankung
Als Grund für die Entscheidung, auf CNG (komprimiertes Erdgas) statt LNG (Flüssigerdgas) zu setzen, nannte Plaß gegenüber der VerkehrsRundschau die ausgereifte Technik, die geringeren Kosten und die einfache Betankung. Schon bei den ersten Sondierungen seien zwei CNG-Tankstellen in der Nähe des Westhafens ausfindig gemacht worden. Einziger Haken sei, dass die Tankstellen primär auf Pkw ausgelegt seien: Im Idealfall sei der 150 Kilogramm fassende Tank zwar in zehn Minuten gefüllt; wenn aber drei Lkw auf einmal kämen, dauere es etwas länger, weil das aus dem städtischen Gasnetz kommende Erdgas erst an der Tankstelle nachverdichtet werden muss. Die Reichweite mit 150 Kilogramm beträgt 500 Kilometer.
Zwei anwesende Zippel-Fahrer äußerten sich gegenüber der VerkehrsRundschau dennoch hochzufrieden: Das Tanken sei eine „absolut saubere Angelegenheit“ - kein Dieselgeruch mehr an den Händen. Leiser ist der gasbetriebene Ottomotor auch: Am Montag wurde eine Zahl von 10 db (A) genannt – das entspricht einer Halbierung des Motorgeräuschs.
Nur einen Wermutstropfen hat der Umstieg aus Fahrersicht: Hatte ihnen Zippel bisher immer Lkw im oberen Leistungsbereich zur Verfügung gestellt, müssen sie sich jetzt mit 410 PS zufriedengeben. „Für Berlin und Brandenburg reicht es“, räumten sie aber ein. (roe)