Zur Sparsamkeit erzogen

Lange ließ sich DAF Zeit, bis die Niederländer ihren bereits Mitte des vergangenen Jahres intensiv gelifteten XF zum VR-Profi-Test schickten. Wobei sich bei manchen beim Anblick des Testwagens die Frage aufdrängt, was hier denn nun eigentlich neu sein soll. Optisch veränderten die Designer nämlich lediglich dezent die Frontpartie und spendierten eine neu gestaltete Sonnenblende. Deutlich mehr tat sich im nicht sichtbaren Bereich: Die Verteilung der Antriebskraft übernimmt nun endlich auch bei DAF der modernere Traxon-Schaltautomat vom Zulieferer ZF. Zusätzlich nahm sich die Entwicklungsabteilung den altehrwürdigen MX13-Sechszylinder vor. Neue Einspritz-Software mit höherer Verdichtung, reibungsärmere Kolben, neue Einspritzdüsen und ein effizienterer Turbolader seien hier nur als Auszug der Maßnahmen genannt, die das Aggregat effizienter machen sollen. Zusätzlich stiegen Leistung und Drehmoment. Das Testfahrzeug trieb die mittlere Einstellung mit exakt 483 PS und maximal 2500 Newtonmetern Drehmoment an - 21 PS und vor allem 200 Nm mehr als bei der vergleichbaren Vorgängermotorisierung. Nur 1000 Touren bei Tempo 85 Daraus schöpften die DAF-Ingenieure Mut zu lang übersetzten Hinterachsen. Am extremsten treibt es die im Testwagen verbaute 2,21er-Achse, die das Drehzahlniveau beim Testfahrzeug auf niedrige 1000/min bei Reisetempo 85 absenkt. Doch bevor jetzt mancher Unheil wittert, geben wir Entwarnung: Für den Fahrer bringt das sehr niedrige Drehzahlniveau keine Mehrarbeit oder Nachteile mit sich. Erstens, weil Traxon die Rückschaltungen schnell und harmonisch ausführt, und zweitens, weil der XF bezogen auf das Vormodell deutlich leiser wurde und dem Motor Vibrationen auch im Drehzahlkeller fremd sind. Dass zurückgeschaltet wird, realisiert man meist nur durch einen Blick auf den Drehzahlmesser. Das gilt auch bergab, wo die Getriebesteuerung schon auf der Kuppe mitunter gleich zwei Gänge zurückschaltet, um genügend Drehzahl für die 490 PS der MX-Motorbremse zu schaffen. In heftigen Gefällen kam die verstärkte Auspuffklappe aber auch mit unserem teilbeladenen Testauflieger nicht ohne Hilfe der Betriebsbremse aus. Wir plädieren daher wie so oft für den optional erhältlichen, souveräneren ZF-Intarder. Bergauf sucht die Getriebe-Software ihr Heil dagegen nicht sofort in einem Gangwechsel. Zumindest mit unserem 24 Tonnen leichten Krone-Testtrailer auf der Sattelplatte bleibt der zwölfte Gang bis unter 900 Touren eingelegt. Das System will so lange als möglich die Drehmomenterhöhung in der höchsten Fahrstufe ausnutzen. In den dann folgenden niedrigeren Gängen kommen dann "nur" noch 2350 Newtonmeter an der Hinterachse an.Die Motor-Getriebe-Abstimmung lässt allerdings schon vermuten, dass es sich beim Test-XF für einen Vertreter der 480-PS-Klasse nicht gerade um einen Temperamentsbolzen handelt. Das stimmt auch, liegt aber weniger am niedrigen Drehzahlniveau. Auch nicht am GPS-Tempomaten, den wir während der Testfahrt wie immer auf praxisnahe +5/-5 km/h einstellten. Der vorausschauende Geschwindigkeitsregler arbeitet unauffällig und zufriedenstellend, ohne an die Regelgenauigkeit der Systeme aus Södertälje oder Wörth heranzukommen. Ähnlich wie beim Daimler stören wir uns an der Abstimmung des Ecorolls. Genauer daran, wann Letzterer beim Hineinrollen in Steigungen beendet wird. Das passiert nämlich erst, wenn der Zug wieder exakt auf die eingestellte Tempomatgeschwindigkeit heruntergerollt ist. Bis der Kraftschluss dann wiederhergestellt ist, sind wertvolle km/h verloren gegangen, die der Antrieb mühsam wieder aufholen muss. Sparprogramm reduziert das Tempo Wenn die Elektronik ihn lassen würde. Denn zusätzlich zum GPS-Tempomaten hat DAF noch ein weiteres Spritsparsystem namens "Dynamic Cruise" hinterlegt. Dieses unterbindet an Bergen im Tempomatmodus den Abruf der vollen Motorleistung. Statt möglichen 85 km/h belässt es die Elektronik bei Tempo 83 und erlaubt sich, im Rollmodus auch die im GPS-Tempomaten hinterlegten -5 km/h mitunter noch mal zu unterschreiten. Das mag einige Zehntel Diesel sparen, geht aber zulasten des Temperaments, weshalb der XF für einen Vertreter dieser Leistungsklasse gefühlt langsam unterwegs ist. Viele Fahrer werden sicher dem Sparwillen des XF per Tritt aufs Gaspedal ein Ende setzen, wonach es spürbar zügiger bergauf geht. Immerhin hat man bei Dynamic Cruise die Wahl. Bei der automatisierten Schaltung lässt DAF dagegen keine Schalteingriffe zu. Bei Rückschaltungen können wir das noch nachvollziehen, dass aber auch keine manuellen Hochschaltungen mehr akzeptiert werden, dagegen nicht. Die lassen sich nur über das Gaspedal provozieren, was zugegebenermaßen passabel funktioniert. Oder der Fahrer beendet das Eco-Programm per Druck auf den rechten Lenkstockhebel. Dann sind manuelle Schalteingriffe möglich, zusätzlich dreht das Getriebe die Gänge höher aus. Nach einigen Sekunden übernimmt die Elektronik allerdings wieder das Kommando - per Reaktivierung des Eco-Modus. In dem mag sich der XF langsamer anfühlen, rationell gesehen ist er aber auch mit allen Sparprogrammen nur ein halbes km/h pro 100 Kilometer langsamer als vergleichbar motorisierte Konkurrenten. Die haben aber verbrauchsseitig das Nachsehen: Auf unserer Testrunde, wie immer per Referenzfahrzeug abgeglichen, kam der 480er-DAF mit 24,33 l/100 km aus und setzt sich damit bis auf Weiteres an die Spitze unseres Verbrauchsrankings. Das lange Warten hat sich also gelohnt! Alle Tests und Fahrberichte für Abonnenten www.verkehrsrundschau-plus.de Der DAF XF im TÜV-Urteil Wie bei jedem Profi-Test der VerkehrsRundschau begutachtete der TÜV SÜD auch den DAF XF 480 in Sachen Service und Wartung. Im Rahmen des letztjährigen Facelifts streckte DAF die Wartungsintervalle auf bis zu 200.000 Kilometer, was selbstredend nur mit teuren Synthetik-Ölen möglich ist. Ob die Wartungsrechner diese Distanzen tatsächlich erlauben oder den Niederländer früher in die Werkstatt beordern, wird die Zukunft zeigen. Wer den Schmierölwechsel selbst erledigt, freut sich darüber, dass sich der Ölfilter ohne große Tropfmengen einfach tauschen lässt. Nachgefüllt wird über die gut erreichbare Einfüllöffnung unter der Frontklappe, wo auch Kühlflüssigkeit und Scheibenwaschwasser ergänzt werden. Ein Ölpeilstab ist direkt am Motor verbaut. Alle Flüssigkeitsstände werden vom Bordcomputer überwacht. Nicht optimal: Zum Nachfüllen des Lenköls oder zum Luftfiltertausch muss man die Kabine ankippen. Zu empfehlen sind die optionalen LED-Scheinwerfer, die für angenehme Fahrbahnausleuchtung sorgen. Die LED-Rückleuchten sollten ein Lasterleben ohne Ausfall überstehen. bj Kommentar Sehr sparsam, aber ...Der DAF XF 480 legt auf unserer Teststrecke einen neuen Rekordverbrauch hin. Großen Anteil daran haben GPS-Tempomat und Dynamic Cruise. Vor allem Letzteres hilft, die letzten Zehntel Diesel zu sparen, beschneidet den Niederländer an Bergen aber in seiner Leistungsfähigkeit. Für viele Fahrer wird er damit zur Spaßbremse mutieren - weshalb sie das System per Tritt aufs Gaspedal übersteuern werden.Kontakt: jan.burgdorf@springernature.comJan Burgdorf VR-Testredakteur

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