Wer jetzt am Zug ist

Warum soll man sich eigentlich als Transportunternehmen überhaupt mit dem KV befassen? Güter auf die Schiene zu bringen, ist nicht nur unheimlich kompliziert. Zudem ist man von Akteuren abhängig, deren Ruf bezüglich Zuverlässigkeit nicht gerade der beste ist. Also lässt man alles beim Alten und fährt weiter fleißig Lkw. Einerseits. Andererseits: Keinem Segment im Güterverkehr wird ein solch großes Wachstum vorhergesagt wie dem KV. Bis zum Jahr 2019 ist für den Intermodalverkehr in Deutschland immerhin eine Zunahme von jährlich über 2,6 Prozent prognostiziert. Also ist diese Form des Transports nicht nur aus Umweltschutzgründen attraktiv, sondern muss sich auch wirtschaftlich lohnen. Allen Widrigkeiten zum Trotz. Aber von diesen Widrigkeiten gibt es eine ganze Menge. Zu viele, waren sich die Teilnehmer am Symposium Logistik Innova-tiv in Prien, ausgerichtet letzte Woche vom Logistik-Kompetenz-Zentrum (LKZ) in Prien, einig. Fehlt es wirklich an KV-fähigen Trailern? Ein Beispiel sind die technischen Einschränkungen. Längst nicht jeder Sattelauflieger ist für den KV geeignet: "15 Prozent aller von uns pro Jahr produzierten Auflieger sind KV-fähig", sagte Gero Schulze Isfort, Geschäftsführer der Bernard Krone Holding. Bestätigt wurde er in dieser Aussage von Roland Klement, Vorstandsmitglied bei Schmitz Cargobull. Zu wenig, um den KV nach vorne zu bringen? Schulze Isfort ist da anderer Ansicht. Alleine sein Unternehmen produziere pro Jahr 5500 KV-fähige Trailer. Bei Schmitz Cargobull dürften es nicht viel weniger sein. Nach den Recherchen von Schulze Isfort gibt es jedoch in Europa nur 14.000 Stellplätze für Sattelauflieger. Die Produktion von Krone und den anderen Aufliegerherstellern sei also mehr als ausreichend, um alle Waggons zu bestücken. Allerdings kritisierte er, dass niemand ausreichende Informationen darüber habe, wie viele und vor allem welche Taschenwagen es für den KV gibt, weshalb die 14.000 Waggons nur eine ungefähre Größe seien. Nikrasa erleichtert den Einstieg in den KV Eric Feyen, Direktor Technik bei der Internationalen Vereinigung für den Kombinierten Verkehr Schiene-Straße (UIRR), ist sich dieses Mankos bewusst. Deshalb macht der Verband gerade eine Befragung unter seinen Mitgliedern. In wenigen Wochen soll ein Ergebnis vorliegen, wie der Waggonpark unter den KV-Operateuren der UIRR aussieht. Es gibt noch zahlreiche andere Hürden, die den Einsatz des KV erschweren: die höheren Gewichte der KV-Trailer zum Beispiel (die Rede ist von 400 Kilogramm), verursacht durch die höhere Stabilität, die aufgrund des Umschlags notwendig ist. Wird ein solcher KV-Trailer im reinen Straßentransport eingesetzt, schmälert das Mehrgewicht die Nutzlast. Hier kann die Nikrasa-Lösung Abhilfe schaffen: Nicht kranbare Sattelauflieger (Nikrasa) werden auf eine Plattform gefahren und dann in den Waggon gehoben. Allerdings wiegt die Plattform etwas über zwei Tonnen. Wenn also komplette Züge damit ausgestattet werden, bedeutet das einen erheblichen Nutzlastverlust. Am Rande der Veranstaltung wurde jedoch gemunkelt, dass eifrig an einer Reduzierung des Gewichts der Platte gearbeitet werde. Um einen wirklichen Schub für den KV zu erzeugen, schlug Wolfgang Thoma, Chef der Spedition Ansorge vor, die KV-Fähigkeit von Trailern zur Pflicht zu machen - so wie Sicherheitssysteme im Lkw auch verbindlich sind. Dem hielt Schulze Isfort entgegen, dass damit bei allen Sattelaufliegern - auch bei denen, die ausschließlich die Straße nutzen - ein Nutzlastverlust einhergehe und damit der CO2-Ausstoß ansteige. "Das ist jedoch ein ganz wichtiges Ziel der Verkehrspolitik: die CO2-Emissionen im Güterverkehr zu senken", sagte Schulze Isfort gegenüber der VerkehrsRundschau. Neben dem Fahrermangel sei das ein Hauptgrund, warum der KV weiter an Bedeutung gewinnen werde. Doch wer ist jetzt am Zug, wenn es darum geht, die zahlreichen Hürden im KV abzubauen und Intermodaltransporte damit interessanter zu machen? Die Politik, die Nutzfahrzeugbranche, die Waggonhersteller, die Bahnen, die Spediteure? Eine eindeutige Antwort gab auch das Symposium auf der Insel Herrenchiemsee nicht. Aber eines war allen Beteiligten klar: Im Gegensatz zum Ort der Veranstaltung ist eine Insellösung keine Alternative. Und das LKZ will mittels des Projekts "Future Trailer" (siehe Kasten) alle Beteiligten ins Boot holen, um so eine gemeinsame Lösung, einen Standard zu entwickeln, der es auch dem Mittelstand ermöglichen soll, vom Wachstum im Intermodalverkehr zu profitieren. Mehr zum Thema im Dossier Kombinierter Verkehr www.verkehrsrundschau.de/dossiers Forschungsprojekt Future Trailer Eine Kooperation der KV-Spediteure angestrebt Mit einer Standardisierung des Sattelaufliegers im Kombinierten Verkehr (KV) will das Logistik-Kompetenz-Zentrum (LKZ) Prien mehr Transporte von der Straße auf die Schiene holen. "Vorbild ist der Iso-Standardcontainer und seine Erfolgsgeschichte", sagte Karl Fischer, Geschäftsführer des LKZ, auf dem Symposium Logistik Innovativ 2016. Dazu wird es ein Projekt mit dem Titel "Future Trailer" geben.Joachim Herrmann, der bayerische Innen- und Verkehrsminister, hatte am Vorabend des Symposiums bereits die finanzielle Unterstützung des Projektes durch die bayerische Landesregierung zugesagt. "Future Trailer" soll laut Fischer eine Handlungsempfehlung für den KV sein.Darin sollen Vorgaben und Vorschläge für einen Standardsattelauflieger gemacht werden. Zudem sei in einem weiteren Projekt geplant, so Fischer gegenüber der VerkehrsRundschau, Business-Modelle für den Mittelstand zu erarbeiten. So werde überlegt, nach dem Vorbild in der Stückgutspedition einen Leitfaden zur Gründung von Kooperationen im KV zu erstellen. Über solche Kooperationen könnten dann auch mittelständische Transportunternehmen den Zugang zum KV finden.Die Ergebnisse von Future Trailer sollen Ende 2017 vorliegen. Finanziert wird das 300.000 Euro teure Projekt zur Hälfte vom Freistaat Bayern. Die andere Hälfte soll die Wirtschaft beisteuern. cd

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