Vom Profi gut beraten

Kuriersendung, Stückgut und Teilladung: Viele mittelständische Transport- und Logistikunternehmen werben mit Transportlösungen aus einer Hand. So können sie als Mitglied von Kooperationen Zustellungen zu zahlreichen nationalen oder internationalen Zielen außerhalb ihrer Stammregion anbieten. Kostenproblemen auf der Spur Genau diese Vernetzungen entpuppen sich aber zuweilen als Kostenfalle. "Die Gebiete der Netzwerke sind häufig nicht deckungsgleich", urteilt Unternehmensberater Bernhard Rieger, Inhaber von BR Consulting in Röhrmoos bei Dachau. "Als Konsequenz können manche Mitgliedsunternehmen ihre Lkw-Züge auf ihren Verteilerverkehren nicht voll auslasten." Rieger weiß, wovon er spricht. Vor wenigen Wochen schloss er die Beratung eines nordbayerischen Branchenunternehmens mit rund 170 Mitarbeitern ab. Der Dienstleister, der zwei bekannten Kooperationen angehört, muss Riegers Analysen zufolge für Zustell- und Abholtouren deutlich mehr Fahrzeuge als notwendig einsetzen. "Als Folge eines intransparenten Fuhrparkmanagements ist die Disposition diesem Problem bislang nicht auf die Spur gekommen", bilanziert Rieger. Nun aber packt das von ihm beratene Unternehmen die empfohlenen Veränderungen an. So konnte es laut Rieger dank verbesserter Tourenplanung die Kosten um mehrere Prozent senken. Das Beispiel zeigt, dass sich Beratung auch für kleinere und mittlere Unternehmen rechnet. Da dort fallweise viele Betriebsabläufe seit Jahren - zuweilen sogar seit Jahrzehnten - nicht mehr hinterfragt worden sind, kommen Berater hier fast immer bislang unentdeckten Kostentreibern auf die Spur, die die Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigen. Allein aufgrund ihrer vielfältigen Erfahrungen, die sie zum Beispiel in früheren Projekten gesammelt haben, können sie für frischen Wind im Unternehmen sorgen. Allerdings tun sich dem Vernehmen nach offenbar insbesondere mittelständische Transport- und Speditionsbetriebe mit dem "Blick von außen" schwer. Die weitaus meisten Berater betreuen daher überwiegend oder sogar ausschließlich Verlader. "Allenfalls sehr große Logistikunternehmen mit über 300 Millionen Euro Umsatz wollen mit uns ihre Kostenprobleme in den Griff bekommen", bestätigt John Albert Eke, Geschäftsführer des Echinger Beratungsunternehmens Exxent Consulting. "Gerade kleinere und mittlere Branchenunternehmen können jedoch mit einer Beratung weit höhere Einsparungen erzielen." Mehrere jüngere Projekte von Exxent hatten auch die Akquisition von Neukunden zum Gegenstand. Vor allem im Vertrieb bleiben viele Unternehmen laut Eke unter ihren Möglichkeiten. "Die meisten warten auf Einladungen für Ausschreibungen und gehen nicht von sich aus auf mögliche Kunden zu", beobachtet der Berater (siehe Kasten Seite 24). Auch die operative Betriebsführung bleibt ein beliebtes Beratungsthema. Diese Erfahrung hat Christian Schober gemacht. "Viele Unternehmen haben Nachholbedarf bei Abrechnungen und Controlling", berichtet der Logistikberater aus Germering bei München. "Für jede Managemententscheidung ist jedoch Kostentransparenz von herausragender Bedeutung." Ohne Kenntnis von Kennzahlen und Prozesskosten kann kein Unternehmer über Standortwechsel, Neugeschäfte, Digitalisierungsprojekte, IT-Anschaffungen oder auch Leasingraten entscheiden. "Beim Aufbau dieser Kompetenzen sind viele Unternehmen weiterhin im Verzug", urteilt Schober. Anderen Branchenunternehmen brennen die Themen Preisfindung und Software-Auswahl unter den Nägeln. So stehen viele Speditionen vor der Herausforderung, höhere Fahrerlöhne an die Kunden weiterzugeben und ihre IT-Lösungen an deren wachsenden Anforderungen anzupassen. Und natürlich spielt die Digitalisierung von Lager- und Transportdienstleistungen in vielen Beratungsprojekten eine überragende Rolle. Vor allem Unternehmen, die an Endkunden zustellen, können neue Lösungen kaum ohne Berater realisieren. "Die Distributionslogistik dieser Dienstleister muss sich in puncto Schnelligkeit und Effizienz an den von Amazon vorgegebenen Standards orientieren", erläutert Andreas Kick, Executive Vice President der 4 Flow AG in Berlin. An upgedateten IT-Prozessen und zusätzlichen Services wie Same-Day-Lieferung führt seiner Erfahrung nach kein Weg vorbei. Aber auch für die Integration von neuen Partnern und Kunden sind laut dem Berater durchgehend digitalisierte Prozesse wichtig. So würden viele Auftraggeber mit ihren Dienstleistern Daten in Echtzeit austauschen wollen, was für Letztere mit großem Aufwand verbunden sei. "Vor allem auf interkontinentalen Transportketten und bei Kapazitätsengpässen wünschen Kunden genaue Informationen, wo sich ihre Sendungen gerade befinden", weiß der Berater. Vollständige Transparenz erforderlich Egal welche Prozesse eine Beratung zum Gegenstand hat, die Unternehmen müssen sich hierauf intensiv vorbereiten. Denn die Consultants wünschen vollständige Transparenz in allen Bereichen. "Stammdaten, Stammdaten und nochmals Stammdaten", möglichst in den neuesten Digitalformaten, fordert Markus Lohmann, Geschäftsführer von Vallée & Partner in Münster (siehe Kasten Seite 24). Viele Transport- und Speditionsbetriebe arbeiten aber weiterhin mit papiernen Unterlagen oder pflegen ihre Daten in Excel-Dateien, andere speichern abgeschlossene Vorgänge nicht ab und müssen diese vor dem Start der Beratung mühsam rekonstruieren. Diese aber kann nur erfolgreich sein, wenn die Unternehmensberater die Entwicklung der Volumina und Kosten während der vergangenen Jahre genau kennen. "Die statische Betrachtung von vorhandenen Strukturen reicht aber nicht mehr aus", betont Kick. Mindestens ebenso wichtig sind Wirtschaftsdaten. Über die letzten Jahresabschlüsse hinaus müssen dem Berater betriebswirtschaftliche Auswertungen der letzten zwei Jahre, Speditionsbücher, Tourenkalkulationen, Preisvereinbarungen und Inventarlisten vorgelegt werden. "Auch Serviceverträge können - abhängig vom Beratungsgegenstand - wichtig sein", ergänzt Schober. Dies aber setzt großes Vertrauen in den Berater voraus. Fehlt dieses, sollte die Geschäftsführung von einem Engagement absehen, auch weil Beratungsprojekte Zeit kosten. So dauern viele Beratungen Wochen oder gar Monate - vor allem, wenn der Berater wichtige Daten, die der Kunde nicht hat, selbst ermitteln muss. Als Konsequenz muss dieser Mitarbeiter für die Beantwortung von umfangreichen Fragekatalogen freistellen und sich Zeit für regelmäßige Jour Fix-Termine nehmen. Bei manchen Projekten nehmen solche Vorbereitungsarbeiten fast genauso viel Zeit in Anspruch wie die Beratung selbst. Auch während dieser müssen die Geschäftsführung und Mitarbeiter aus den betroffenen Abteilungen regelmäßig Überstunden leisten. Auf diesen verabreden sie mit dem Berater das weitere Vorgehen. "Vor allem beim Start eines Beratungsprojekts ist der Abstimmungsbedarf hoch", weiß Rieger. "Anschließend ist der Kunde vor allem bei der Umsetzung gefordert." Oft aber sträuben sich Mitarbeiter oder auch der Betriebsrat gegen die bevorstehenden Änderungen - vor allem wenn mit Entlassungen oder Versetzungen zu rechnen ist, und machen den Berater für die anstehenden Umbrüche verantwortlich. Transport- und Speditionsbetriebe sollten die Vorschläge eines Beraters trotzdem möglichst schnell umsetzen, empfiehlt jeder Consultant. Andernfalls können diese bei veränderten Rahmenbedingungen nicht mehr ihre Wirkung entfalten, die Unternehmen müssten dann die Ausgaben für die Beratung abschreiben, ohne von dieser wirklich zu profitieren. Der Wille, alte Pfade zu verlassen Vor der Entscheidung, einen Berater zu engagieren, sollte die Unternehmensführung daher stets einige grundsätzliche Fragen beantworten. "Ohne den Willen zur Veränderung, die Bereitschaft, alte Pfade zu verlassen und den Mut, sich vom Wettbewerb abzugrenzen, kann ein Beratungsprojekt nicht erfolgreich abgeschlossen werden", betont 4-Flow-Experte Kick. Mehr zum Thema im Dossier Unternehmensführung www.verkehrsrundschau.de/dossiers Praxislösung Spedition Jäger: Berater stellte alle Prozesse auf den Prüfstand Der Auftrag an Germeringer Logistikberater Christian Schober war eindeutig."Papierne Prozesse sollen durch elektronische Prozesse ersetzt werden", sagt Reinhard Jäger, Inhaber der gleichnamigen Kühlspedition in Nürnberg. "Ich wollte so die zahlreichen Überstunden im Bürobetrieb abbauen."Auftragserfassung, Disposition, Abrechnung, Buchhaltung - Schober stellte sämtliche Prozesse auf den Prüfstand und empfahl die Einführung eines neuen Speditionsprogrammes, das die sechs Büromitarbeiter in vielen Punkten entlastet. In Workshops prüften dann Firmenchef Jäger und Unternehmensberater Schober diverse Software-Programme, die für den 25- Mitarbeiter-Betrieb infrage kamen, und wählten ein hochpreisiges Produkt aus. Danach absolvierte jeder Büromitarbeiter eine zweitägige Schulung. "Jetzt ist die komplette Disposition digitalisiert", freut sich Jäger. "Viele Fehlerquellen, die durch die Übertragung durch Daten auf Listen und Papieren entstanden und Zeit kosteten, sind weggefallen."Auf Wunsch erhalten Kunden Ablieferbelege, Temperaturprotokolle und Rechnungen jetzt elektronisch. Außerdem wurde die Anbindung der Telematik verbessert. Von rundum zufriedenen Mitarbeitern schwärmt Firmenchef Jäger."Jetzt können sie bei Wochenendeinsätzen sofort Ausgleichstage nehmen." bot Tipp So klappt es zwischen Unternehmer und Berater - Berater und Kunden müssen einander vertrauen. Suchen Sie in Ihren persönlichen Netzwerken nach geeigneten Kandidaten.- Informieren Sie sich in Branchenportalen, Kammern und Verbänden über geeignete Beratungsunternehmen.- Sprechen Sie mit den Kandidaten über ihre Arbeitsschwerpunkte und fordern Sie Referenzen über vergleichbare Projekte an.- Kalkulieren Sie mit hoch dreistelligen Tagessätzen pro Berater. Prüfen Sie auf den Datenbanken foerderdatenbank.de und dihk.de/beratungsfoerderung, ob Sie Fördergelder von Bund, Ländern oder der Europäischen Union (EU) in Anspruch nehmen können. bot

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