Vans, made in Britain

Es kommt eben immer darauf an, was man daraus macht. Während es VW gelang, T1, T2 und T3 als echte Kult-Oldtimer zu inszenieren, sind die alten Ford Transit nicht nur von den Straßen, sondern bei den meisten auch längst aus dem Gedächtnis verschwunden. Das gilt vor allem für die erste Transit-Generation, die Ford 1965 vorstellte. Und jetzt wird sich vielleicht mancher Leser fragen: Moment mal, da gab es doch schon viel früher (ab 1955) den "FK Taunus"? Stimmt zwar, aber der war einerseits nur in Deutschland erhältlich, entsprach aber vor allem nicht den Vorstellungen der britischen Ford-Chefs, wie ein Transporter auszusehen hatte. Und deshalb beginnt die Transit-Story für die Engländer erst 1965. Mit Baubeginn des ersten im nördlich von London gelegenen Berkshire gebauten Transit. Das jährt sich in diesem Jahr zum 50. Mal, weshalb Ford zu einer Probefahrt mit dem Kurzhauber einlud. "Very british" bereits der Einstieg in den gelb-schwarzen "Testwagen". Weniger, weil sich das Steuer selbstredend auf der rechten Seite befindet, sondern vielmehr, weil eine in England bis heute beliebte Schiebestatt Klapptür in die Kabine führt. Ein brachialer Ruck am Türgriff ist nötig, bis das Portal widerwillig und quietschend wie in einem Edgar-Wallace-Film den Weg zum Fahrerstand frei gibt. Die zwei Einstiegsstufen sind schnell überwunden - trotz fehlender Haltegriffe. Was soll's, schließlich kann man sich ja am dreispeichigen Bakelit-Lenkrad in die Kabine ziehen. Der Körper wird vom weichen, kunstlederbezogenen Fahrersitz, oder nennen wir es besser Sessel, verschlungen. Auch eine Art, für Seitenhalt zu sorgen. Sicherheitsgurt? Vergessen wir's, der war erst in der neuen Transit-Generation ab 1986 Serie. Abgasnormen? 1965 noch unbekannt Ganz konventionell per Schlüsseldreh erwacht der 1,7 Liter große Vierzylinder-Benziner zum Leben. Und vermeldet seine fehlende Schadstoffnorm sogleich mit blauen Nebelschwaden, die über den nach rechts hinten ragenden Auspuff in die Kabine ziehen. Also Tür zu, wofür wieder entsprechend Kraft, also beide Hände, vonnöten sind. Dann Handbremse lösen (geht genau wie auch heute noch), das schwergängige, weil stehende Pedal der Kupplung treten und den ersten Gang einlegen, was trotz des langen Schalthebels erstaunlich exakt gelingt. Der Transit setzt sich in Bewegung und mit steigendem Tempo steigt gefühlt proportional auch der Lärmpegel im Innenraum. Und so ganz winddicht ist die Schiebetür auch nicht. So spart man sich wenigstens die Lüftung, die ebenfalls vor allem Lärm entwickelt. Der vierte Gang passt erst kurz vor dem Erreichen des Höchsttempos von 56 Meilen, also knapp 90 km/h. Die 65 PS und 125 Newtonmeter Drehmoment, die ab 2400 Touren anliegen, brauchen Drehzahl, um den leer 1900 Kilo schweren Testwagen "bei der Musik" zu halten. Mit Höchstgeschwindigkeit werden Kurven zum Nervenspiel. Das Lenkrad will zunächst um eine Viertelumdrehung eingeschlagen werden, bevor der Transit die Richtung widerwillig ändert. Ähnlich die schwammigen Bremsen, die nach einem kräftigen Triff auf das ebenfalls stehende Pedal verlangen, und daher schwer zu dosieren sind. Zum Kult-Mobil wurde der Transit nicht Das wurde bei der ab 1978 gebauten Faceliftversion übrigens kaum besser. Hier hübschte Ford nämlich vor allem optisch innen und außen auf. Die Technik blieb weitgehend gleich. Erst 1986 kam der moderne Nachfolger, der heute ebenfalls fast von unseren Straßen verschwunden ist. Dem fehlte es dafür am nötigen Charakter, um zum Kultfahrzeug zu werden. Das traute man damals scheinbar auch dem ersten Transit nicht zu, denn kaum jemand hob einen auf. Selbst Ford in England nicht. Warum sonst ist unser Testwagen wohl das nach eigenen Angaben einzig fahrbereite Exemplar, das der Hersteller noch im Bestand hat? Alle Tests und Fahrberichte für Premium-Abonnenten www.verkehrsrundschau.de/testdatenbank

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