Calais/Dover. Die Behinderungen im Großbritannien-Verkehr aufgrund des Flüchtlingsproblems am Ärmelkanal scheinen sich kurzfristig in Luft aufgelöst zu haben. „Erstaunlicherweise ist es seit August auf den Autobahnen rund um die Häfen von Calais und Dover sehr ruhig und es gibt auch keine Rückstaus an den Terminals mehr“, erklärt Daniel Torres. Der Referent für internationale Verkehre beim Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) führt dies darauf zurück, dass seit einer Woche das Verkehrsaufkommen geringer ist. „Viele Fabriken in Europa haben derzeit Betriebsferien und deshalb gibt es weniger Güter zu transportieren“, erklärt der Experte.
Momentan läuft also alles weitestgehend reibungslos. Sowohl die Fährbetreiber im nordfranzösischen Krisengebiet rund um den Hafen Calais als auch die Eurotunnel-Gesellschaft nebenan melden keine Verzögerungen. Zudem ist die Operation Stack auf britischer Seite außer Kraft, weil sich die zeitweise kilometerlange Lkw-Kolonne auf der Autobahn M20 in Richtung des Hafens Dover wieder aufgelöst hat. Ein ungewohntes Bild. Denn: „In der letzten Juliwoche ging es noch hoch her und die Fahrer mussten lange warten“, berichtet Torres. Vor allem deshalb, weil immer mehr Migranten versuchen, versteckt in Lkw auf dem Schiff oder der Schiene nach England zu kommen, und die Grenzkontrollen ausgeweitet worden sind.
Doch die Ruhe trügt, warnt Torres. „Wir rechnen damit, dass sich die Situation im September wieder zuspitzt, weil das Verkehrsaufkommen dann steigt“, betont der Referent. Die vorübergehende Entspannung dürfe nicht davon ablenken, dass das Flüchtlingsproblem noch ungelöst sei und die Güterverkehrsbranche seit Monaten massiv unter darunter leide. Der BGL hatte das Auswärtige Amt und das Bundesverkehrsministerium bereits vor einiger Zeit auf die angespannte Lage in Calais hingewiesen. Damals sei zugesagt worden, dass sich Deutschland außenpolitisch für eine Besserung einsetzen will. Inzwischen hat Großbritannien der französischen Regierung mehr Unterstützung zugesagt und Geld für zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen zur Verfügung gestellt. Auch die Europäische Union hat sich eingeschaltet. (ag)