Tradition und Fortschritt

Sie können nicht genau sagen, ob Ihnen der neue VW Transporter schon auf der Straße begegnet ist? Kein Wunder, denn Sie müssen schon genau hinsehen, um den T6 vom T5 zu unterscheiden. Kleiner Tipp: Am leichtesten geht es beim Blick auf die Außenspiegel. Die sind beim Neuen nämlich auf Höhe der Fensterlinie angebracht und damit knapp zehn Zentimeter tiefer als beim T5-Vorgänger. Bessere Sicht nach hinten bringt das zwar nicht, dafür sieht zumindest das VW-Marketing den T6 dadurch satter auf seinen 16-Zoll-Rädern stehen. Euro 6 dank Harnstoff-Einspritzung Mehr als alle Optik zählen für Nutzfahrzeugkunden aber sowieso die inneren Werte. Und hier hat der T6 mehr Neues zu bieten. Zwar schlägt unter der nun etwas höher gezogenen Motorhaube weiterhin der 2,0-l-TDI-Konzerndiesel - der erfüllt jetzt aber per nachträglich ins Abgas eingespritzter Harnstofflösung Euro 6 und soll zudem einen Liter weniger verbrauchen. Ob das tatsächlich stimmt, musste der T6 jetzt erstmalig auf der VR-Testrunde beweisen. Dafür schickte VW die zweitschwächste Dieseleinstellung mit 102 PS. Sicher nicht zufällig. Schließlich steht das optionale Blue-Motion-Paket (75 Euro) nur in Kombination mit dieser Leistungseinstellung zur Disposition. Zusätzlich zu der bei allen T6 nun löblicherweise serienmäßigen Start-Stopp-Anlage sollen Energiesparreifen, die tiefer gelegte Karosserie und eine nochmals auf niedrigen Verbrauch getrimmte Motorsteuerung dafür sorgen, dass sich der Vierzylinder-TDI auf bis zu 5,5 l/100 km "runterhungert". Nochmals 0,2 l/100 km weniger als VW für das "Normal-Modell" angibt. Und das übrigens weiterhin nur mit fünf Gängen, denn auch die VW-Tradition, sechs Fahrstufen nur den beiden stärkeren Selbstzündern zu spendieren, übernahm der T6 von seinem Vorgänger. Was er glücklicherweise nicht übernahm sind dessen Dröhngeräusche, die das Fahrerhaus bei niedrigen Drehzahlen durchzogen. Die sind beim besser gedämmten T6 ebenso nahezu verschwunden, wie das bislang VW-typische Poltern der Vorderachse auf schlechten Straßen. Ein Verdienst der überarbeiteten Achsaufhängung, die zudem bewirkte, dass der VW jetzt noch verbindlicher auf der Fahrbahn klebt, ohne an Fahrkomfort verloren zu haben. Lediglich abrupte Lastwechsel quittiert der Transporter bei beladenem Frachtabteil weiterhin mit - allerdings ungefährlichem - Schwanzwedeln. Auch hinten setzte der Testwagen Traditionen fort. Denn das 5,8-Kubik-Frachtabteil blieb zum T5 unverändert und in Sachen Nutzlast setzt der VW Transporter weiterhin keine Bestwerte. 775 Kilogramm durften legal in den Laderaum des 2,8-Tonners. Wer mehr Zuladung benötigt, kann sich den T6 allerdings bis auf 3,2 Tonnen auflasten, wofür dann allerdings mindestens 1465 Euro fällig werden. Mit 710 Euro deutlich günstiger und für die meisten Nutzer wahrscheinlich ausreichend, ist die Erhöhung des Gesamtgewichtes um 200 Kilo auf drei Tonnen. In Sachen Verbrauch kann die Zahl dagegen bekanntlich nicht niedrig genug sein. Lediglich 6,9 l/100 km zog sich der TDI auf der genormten und mit 700 Kilo Ballast befahrenen VR-Testrunde aus dem 70-Liter-Tank. Damit reiht sich der T6 zwar ganz vorne in seiner Klasse ein, unterbot den T5-Blue-Motion allerdings "nur" um 0,2 l/100 km (VR 43/2011). Deutlich über der Werksangabe lag mit 0,3 l/100 km auch der AdBlue-Verbrauch. Weshalb der 13-Liter-Vorrat anstatt für die angegebenen 7000 lediglich für knapp 4300 Kilometer gereicht hätte. Macht bei einem AdBlue-Literpreis von 57 Cent immerhin knapp 17 Cent pro 100 Kilometer. Und wo wir grade bei den Kosten sind: Ab 26.255 Euro steht der Blue-Motion in den VW-Preislisten. Und wer auf gewissen Komfort, der bei anderen Fabrikaten selbstverständlich ist, nicht verzichten möchte, muss weiterhin zusätzlich investieren. Das gilt auch für elektrische Fensterheber und die Spiegelverstellung. Auch wenn die Rückblicker jetzt tiefer montiert sind. Alle Tests und Fahrberichte für Premium-Abonnenten www.verkehrsrundschau.de/testdatenbank

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