Berlin. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) hat die Erhebung einer Sonderabgabe von allen Autofahrern gefordert. Diese soll ausschließlich in Reparatur und Wartung von Straßen und Infrastruktur fließen. „Am Ende werden wir in irgendeiner Form alle Nutzer heranziehen müssen“, sagte der SPD-Politiker der Tageszeitung „Die Welt“ (Dienstag). „Wir müssen den Bürgern dieses Landes klar sagen, dass wir ein zusätzliches nutzerfinanziertes System für den Erhalt unserer Infrastruktur benötigen.“
Der Ministerpräsident schlug die Schaffung eines Sonderfonds „Reparatur Deutschland“ neben dem Bundeshaushalt vor. „Deutschland wird auf Dauer wirtschaftlich keinen Erfolg haben, wenn wir weiter unsere Infrastruktur so verrotten lassen“, sagte Albig. Die im Koalitionsvertrag zusätzlich ausgehandelten fünf Milliarden Euro seien nur ein Tropfen auf den heißen Stein. „Wir brauchen zusätzlich sieben Milliarden Euro - und zwar jedes Jahr.“
Die Maut-Pläne von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) wies Albig erneut zurück. Eine PKW-Maut nur für Ausländer sei kaum EU-rechtskonform zu gestalten und bringe auch nicht genug Geld für die Reparaturen. „Wir werden diejenigen, die unsere Straßen stark belasten, deutlich stärker an den Kosten zur Sanierung unserer Infrastruktur beteiligen müssen“, sagte Albig. „Zum Beispiel über eine LKW-Maut für alle Lkw und sonstigen Schwerlastfahrzeuge auf allen Straßen.“
Harte Kritik an Albigs Vorschlag
Unterdessen stieß Albigs Forderung bereits auf einhellige Ablehung. Auch aus seiner eigenen Partei erntet der SPD-Politiker Kritik. Der Vorschlag sei aus sozialdemokratischer Sicht „völlig inakzeptabel“, schrieb der SPD-Haushaltspolitiker Joachim Poß auf seiner Facebook-Seite.
CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer nannte den Vorstoß „verwunderlich“. In den Koalitionsverhandlungen hätten sich die Sozialdemokraten zunächst gegen eine PKW-Maut für Ausländer gesträubt, sagte er der «Passauer Neuen Presse» (Dienstag). „Jetzt kommt Ministerpräsident Albig und will die bereits stark belasteten deutschen Autofahrer noch mit einer zusätzlichen Gebühr zur Kasse bitten. Das ist der falsche Weg. Dafür gibt es in der schwarz-roten Koalition keine Mehrheit.“
Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) sagte der „Mitteldeutschen Zeitung“ (Dienstag): „Wir wollen keine Sonderabgaben für den Bürger mehr.“ Der Staat müsse lernen, mit den bestehenden Einnahmen auszukommen. „Und die waren noch nie so hoch wie heute.“ Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner sagte dem «Kölner Stadt-Anzeiger» (Dienstag): „Jetzt sollen die Autofahrer mit schmaler Brieftasche dafür zahlen, dass die große Koalition falsche Schwerpunkte im Bundeshaushalt setzt.“
Linke-Chef Bernd Riexinger vermutete in den „Ruhr Nachrichten“ (Dienstag), die große Koalition wolle gleich nach den Landtagswahlen im Herbst eine allgemeine PKW-Maut auf den Weg bringen. „Der Schlaglochfonds ist eine Maut für alle nach österreichischem Vorbild.“ Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter machte sich in den „Ruhr Nachrichten“ für eine Ausweitung der LKW-Maut und eine klare Prioritätensetzung bei Verkehrsprojekten stark. „Nicht jeder Wahlkreis braucht eine neue Umgehungsstraße.“
Der SPD-Haushaltspolitiker Poß wies darauf hin, dass die Sozialdemokraten im Wahlprogramm 2013 eine höhere Besteuerung von Vermögenden und Spitzenverdienern beschlossen hätten. Das solle unter anderem Investitionen in die Infrastruktur ermöglichen. Die Forderung sei weiterhin aktuell, auch wenn sie in großen Koalition nicht durchzusetzen sei. Der rheinland-pfälzische Infrastrukturminister Roger Lewentz (SPD) lehnte in der „Bild“-Zeitung ebenfalls eine weitere Belastung der Autofahrer ab. „Schon heute nimmt der Staat über Steuern, Maut, Gebühren mehr von den Autofahrern ein, als er über Investitionen zurückgibt.“ (dpa/sno)
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Kurt Beyer
Bernd Wichmann
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