Hamburg. Lastwagenfahrer im Großraum Hamburg müssen derzeit viel Geduld haben: Stundenlang müssen sie vielerorts im Stau stehen. Allein am Elbtunnel - der wichtigen Nord-Süd-Achse - wird noch bis Mitte Juli in den Röhren saniert. Auf der Köhlbrandbrücke stehen die Lastwagen dicht an dicht, weil in beiden Fahrtrichtungen wegen Asphaltarbeiten nur je eine Spur befahrbar ist - betroffen sind täglich rund 12.000 LKW-Fahrer. Und damit nicht genug: Auf der A7 zwischen dem Autobahndreieck Hamburg-Südwest und dem Elbtunnel sind ebenfalls Bauarbeiten im Gange - und ebenso mancherorts im Stadtgebiet. Hamburg vorm Verkehrsinfarkt.
Aufgrund dieser prekären Verkehrslage hat die Fachgruppe Containerverkehre der deutschen Seehäfen ihren mehr als 30 Transportunternehmen geraten, eine Staugebühr von ihren Kunden zu erheben, zog ihre Empfehlung dann aber wieder zurück. Es könnte möglicherweise kartellrechtliche Bedenken wegen unerlaubter Preisabsprachen geben, sagte ein Sprecher der Fachgruppe. Doch der Kostendruck ist hoch. Daher haben Fuhrunternehmen dennoch Schreiben an ihre Kunden versandt und um Verständnis für eine „Traffic-Congestion-Surcharge” gebeten - nach 30 Minuten Warten soll es seinen Standzuschlag geben.
Die Bremerhavener Glomb Container Dienst GmbH erklärte in einem Newsletter an ihre Kunden: „Unsere Fahrzeuge und die unzähliger anderer Marktteilnehmer verbringen derzeit Stunde um Stunde mit Wartezeiten im Hamburger Hafen. Pünktliche Gestellungen von Containern verkommen nahezu zum Glücksspiel bzw. sind gänzlich unmöglich.” Die Container-Fachgruppe verwies darauf, dass die Spediteure auf unzumutbaren Kosten hängen blieben: „Sie verdienen kein Geld.”
Christian Schuldt, Leiter Logistik des Zementproduzenten Holcim, sorgt sich um die taktgerechten Einsatzpläne: „Einige unserer Kunden leben von einer pünktlichen Versorgung, die kann ich nicht immer gewährleisten. Statt drei Touren vom Norden in den Süden von Hamburg, schaffen die Fahrer nur noch zwei Touren innerhalb ihrer Lenkzeiten, und durch das Stehen im Stau werden die Fahrten 10 bis 20 Prozent teurer.” Schuldt denkt bereits über alternative Lösungen nach. So könnte er die Lastwagen außerhalb der Rushhour auf die Straßen schicken oder die Kunden im Süden von Hamburg auf eine andere Zementsorte umstellen, so dass sie aus Hannover oder Bremen beliefert werden können.
Vor wenigen Tagen berieten Vertreter von Speditionen und Verbänden mit Hamburgs Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) über die Lage. Die Unternehmen hätten vorgeschlagen, Nachtfahrverbote für LKW zu lockern und den Bahnverkehr nach Kiel auszubauen, sagt der Geschäftsführer des Verbands für Straßengüterverkehr und Logistik, Frank Wylezol. Eine weitere Idee sei, mehr Beschäftigte in Gleitzeit arbeiten zu lassen, um die Situation im Berufsverkehr zu entspannen.
„Die größten Probleme haben Schwertransporte. Sie müssen durch die Bauarbeiten teilweise erhebliche Umwege in Kauf nehmen. Die erforderliche Polizeibegleitung müssen sie selbst bezahlen”, berichtet Roy Kühnast von der Logistik-Initiative Schleswig-Holstein.
Die Hamburger Handelskammer warnt vor Schäden für die Wirtschaft der Hansestadt. „Drei von vier in Deutschland produzierten Maschinen gehen in den Export, deshalb muss der Zugang zu den Hauptverkehrswegen und den Überseehäfen sichergestellt werden”, erklärt Handelskammer-Präses Fritz Horst Melsheimer. Der Verband Straßengüterverkehr und Logistik Hamburg (VSH) appellierte an die Behörden, die Belastbarkeit von Straßen und Brücken in kurzen Abständen regelmäßig zu überprüfen. Rund 25 Millionen Tonnen werden den Angaben zufolge jährlich auf Schwerlasttransportern durch Hamburg gefahren.
Der Terminalbetreiber HHLA (Hamburger Hafen und Logistik AG) hat reagiert und baut zusätzliche Parkplätze am Container-Terminal Burchardkai früher als geplant. Dort sollen 81 statt bisher 50 Stellplätze für LKW entstehen, um den Rückstau ins öffentliche Straßennetz zu verringern. (dpa)