Paris/London. Neue Perspektive für internationalen Bahnfrachtverkehr: Auf der Strecke Lyon-London hat ein Hochgeschwindigkeits-Güterzug vorige Woche erfolgreich einen ersten Testlauf absolviert. Vorgesehen ist sein Einsatz für den Transport hochwertiger Hightech-Güter, von Medikamenten oder auch Autoersatzteilen. Der Zug benötigt für die Verbindung zwischen den beiden Städten nur noch ein Viertel des Zeitaufwands für einen traditionellen Güterzug.
Hochgeschwindigkeitszüge für den Gütertransport verwendet bisher in Frankreich nur die Staatspost La Poste, die damit Briefe und Päckchen befördert. Demnächst sollen auch internationale KEP-Anbieter wie GLS, FedEx, UPS, Chronopost oder DHL den Zeitaufwand im Verkehr zwischen dem Rhônetal und der britischen Hauptstadt entsprechend verkürzen können.
Gestartet ist der Testzug am vergangenen Dienstag um 16 Uhr 42 am Lyoner Flughafen Saint-Exupéry und legte am Pariser Großflughafen Roissy Charles-de-Gaulle zur Aufnahme zusätzlicher Ladung eine Zwischenstopp ein. Ausgelegt ist er auf ein Beförderungsvermögen von maximal 120 Tonnen. Die 900 Kilometer lange Strecke legte der Zug auf zwei Dritteln mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 270 Stundenkilometer zurück und erreichte den Zielort London 21 Minuten früher als vorgesehen um 1 Uhr 24 Ortszeit, wie ein Sprecher des Tunnelbetreibers Eurotunnel erklärte. Neun Stunden habe der Zug deshalb benötigt, weil im Zuge des Testlaufs mehrere Kontrollen durchgeführt worden seien. Im Normalfall würde sich diese Zeit auf 5 bis maximal 6 Stunden verringern.
Organisator der Erkundungsfahrt war die Interessengemeinschaft Euro Carex, die die Pariser Flughäfen mittels solcher Hochgeschwindigkeitszüge mit anderen inländischen und europäischen Flughäfen bzw. Metropolen verbinden will. 2015 sollen die innerfranzösischen Linien nach der heutigen Planung betriebsbereit sein, das europaweit geplante Netz zwei bis drei Jahre danach. Mitglied bei Euro Carex sind derzeit die Flughäfen Roissy CDG, Lyon, Amsterdam und Lüttich. Köln-Wahn und Frankfurt könnten noch hinzukommen.
Im Dreieck Paris-Amsterdam-Frankfurt/Main werden zurzeit 66 Prozent des europäischen KEP-Aufkommens befördert. Mit London zusammen ergeben sich 75 Prozent. In einer weiteren Perspektive ist daran gedacht, mittels des geplanten 50-Kilometer-Tunnels zwischen Lyon und Turin will Euro Carex auch Italien und ebenso Spanien an das Netz anschließen. Interessant sind diese Vorhaben auch mit Blick auf die sich häufenden Nachtflugverbote im europäischen Flugverkehr sowie eine deutliche Verminderung der CO2-Belastung durch Flugzeuge und LKW. (jb)