Brüssel. Eine durchwachsene Bilanz zum Fortschritt des Transeuropäischen Verkehrsnetzes TEN-V haben die neun Koordinatoren gezogen, die noch bis Ende des Jahres ein Drittel der bisherigen 30 TEN-V-Prioritätsprojekte begleiten. Das größte Hindernis für die zügige Umsetzung der EU-Pläne sei immer noch das Denken in nationalen Verkehrsstrukturen. Gerade die grenzüberschreitenden Abschnitte der Projekte würden darunter leiden. Das sagten gleich mehrere TEN-V-Koordinatoren am Montag und Dienstag bei ihrer Jahresbilanz vor den Abgeordneten des Verkehrsausschusses im Europaparlament.
Für Deutschland hob Karel Vinck, Koordinator für die Einführung des Geschwindigkeitsignalsystems bei der Bahn, ERTMS hervor, dass die Bundesregierung endlich ihre Weigerung beendet habe, ERTMS zu verwenden. Das sei ein großer Schritt zur europaweiten Harmonisierung des Schienenverkehrs. Man dürfe in den kommenden Jahren allerdings nicht zu viel von Deutschland erwarten, bremste Pat Cox, Koordinator für das Prioritätsprojekt 1, die Bahnverbindung von Berlin nach Palermo. Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer habe mehrmals in den vergangenen Monaten deutlich gemacht, dass der Schwerpunkt deutscher Investitionen in Verkehrsinfrastruktur bei der Ausbesserung bereits bestehender Strecken liegen werde. Für neue Projekte - und damit auch für TEN-V - werde kaum Geld übrigbleiben.
Frankreich in der Kritik - Zusammenarbeit mit Behörden schwierig
Besonders viel Kritik musste sich Frankreich gefallen lassen. Die Zusammenarbeit mit den Behörden sei schwierig, das Denken in europäischen Dimensionen gleichsam nicht vorhanden. Die jüngste französisch-italienische Erklärung, die Hochgeschwindigkeitsbahnlinie zwischen Lyon und Turin als Prioritätsprojekt zu behandeln, wurde zwar lobend erwähnt. Aber man müsse jetzt abwarten, ob den Worten tatsächlich Taten folgen würden. Der zuständige Koordinator, Laurens Jan Brinkhorst, sah das skeptisch.
Als grundsätzlich schwierig nannten gleich mehrere Koordinatoren Regierungswechsel auf nationaler und regionaler Ebene. Neue Politiker wollten meist auch neue Projekte. Das würde den kontinuierlichen Ausbau an den TEN-V-Strecken behindern, weil immer wieder von neuem grundlegende Überzeugungsarbeit geleistet werden müsse.
Seit 2005 betreuen Koordinatoren zehn der 30 Prioritätsprojekte, die es bislang im Rahmen von TEN-V gibt. Diese 30 Projekte gehen ab 2014 zum größten Teil in den neun Korridoren des TEN-V-Kernnetzes auf, die den neuen Ansatz von TEN-V widerspiegeln. Auch für jeden dieser neun Korridore soll es einen Koordinator geben. (kw)