Tarifstreit in Bayern

Am 26. November machte die Gewerkschaft Verdi ernst. In den frühen Morgenstunden zwischen zwei und vier Uhr legten acht Lager-Mitarbeiter in der Schäflein Spedition in Röthlein ihre Arbeit nieder. Der komplette Umschlag des Sammelgutes wurde laut Verdi nicht bearbeitet. Cirka 25 LKW-Anhänger seien nicht beladen worden, heißt es. "Der Warnstreik traf uns aus heiterem Himmel", sagt Achim Schäflein, Vorstand der unterfränkischen Spedition. Die Auswirkungen hätten sich aber in Grenzen gehalten, betont er. "Im schlimmsten Fall musste ein LKW zwei Stunden warten. Im Schnitt war es eine Stunde Verspätung." Das sei also "gerade noch handelbar" gewesen. "Wir haben da schnell reagiert", sagt Schäflein. So seien Kollegen in der Frühschicht aus der Kontraktlogistik kurzfristig umdisponiert und für dringliche Terminsendungen Sonderfahrten organisiert worden. Auf den Mehrkosten wird die Spedition allerdings sitzen bleiben. "Das bezahlt uns kein Kunde", so der Firmenchef. Doch Schäflein war erst der Anfang. Noch am selben Tag traf es Transoflex in Schwarzenbruck, am Folgetag den Standort Attaching des KEP-Dienstleisters und zuletzt den Paketdienst DPD in Aschaffenburg. Und Anton Hirtreiter, Verdi-Verhandlungsführer des Landesbezirks Bayern, kündigt gegenüber der VerkehrsRundschau an: "Bis zur dritten Verhandlungsrunde, die am achten Dezember stattfindet, werden wir wahrscheinlich jeden Tag Warnstreiks in den verschiedensten Firmen durchführen." Hintergrund des Konflikts ist: Die Gewerkschaft fordert 5,5 Prozent höhere Löhne und Gehälter, mindestens aber 120 Euro, sowie eine Erhöhung der Auszubildendenvergütung um 50 Euro bei einer Laufzeit von einem Jahr. Der Landesverband Bayerischer Spediteure (LBS) bietet laut Hirtreiter in den Tarifgesprächen dagegen bislang 1,9 Prozent höhere Entgelte und der Landesverband Bayerischer Transport- und Logistikunternehmen (LBT) einen Inflationsausgleich von 0,8 Prozent. Verdi: "Allenfalls Brosamen für Fahrer" Insbesondere das Angebot des LBT hält Hirtreiter für nicht akzeptabel. Es sei für ihn "absolut nicht hinnehmbar, dass eine Berufsgruppe wie die Kraftfahrer von der allgemeinen Einkommensentwicklung völlig ausgenommen werden oder allenfalls ein paar Brosamen erhalten." Wolfgang Anwander, Verhandlungsführer des LBT, sieht das anders. "Die deutsche Wirtschaft tritt in eine Stagnationsphase ein, im Winter wahrscheinlich sogar in eine Rezession - mit allen unangenehmen Begleiterscheinungen für das deutsche Transportgewerbe", begründet er die derzeitige Haltung der Transporteure. Zudem mache diesen der Wettbewerb mit den osteuropäischen Transportbetrieben zu schaffen, Stichworte hier seien die Themen gesetzlicher Mindestlohn und die Verbringung der langen Wochenruhezeit in den LKW. Anwander: "Hier braucht das Gewerbe mehr denn je die Hilfe aus Berlin und Brüssel." Der LBS äußert sich auf Anfrage dagegen nicht. "Die Arbeitgeberseite hat sich darauf verständigt, zu den laufenden Tarifverhandlungen derzeit keine Auskünfte an die Presse zu geben", so LBS-Geschäftsführerin Edina Brenner. Wie Verdi nun reagiert, bleibt abzuwarten. Denn es sieht danach aus, dass die Gewerkschaft dieses Mal in Bayern alle Register ziehen wird. Hirtreiter betont zwar: "Wir werden sehr dosiert vorgehen, um die Firmen nicht nachhaltig zu schädigen." Andererseits unterstreicht er den Organisationsgrad im bayerischen Logistikgewerbe . "Wir sind heute in mindestens 50 Firmen streikfähig." Wenn sich die Tarifpartner in der nächsten Verhandlungsrunde nicht einigen, kündigt er an, "legen wir die nächste Schippe auf." Sprich: Dann sei auch ein Streik über mehrere Tage denkbar. Hirtreiter: "Ich will das nicht. Wir können es aber."

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