Hamburg. Die Sturmfahrt großer Teile der deutschen Reedereien hält weiter an. „Die Krise in der Schifffahrtsbranche ist schwerer als zunächst angenommen“, fasst Claus Brandt, Partner und Leiter des Maritimen Kompetenz-Centers beim Frankfurter Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen Pricewaterhouse Coopers (PWC), die aktuelle Lage zusammen. Brandt stellte am Dienstag die neue Studie zur Lage auf dem deutschen Schifffahrtsmarkt vor. Sie steht unter der Überschrift „Deutsche Reeder suchen Weg aus der Krise.“ Befragt wurden zwischen Mai und Anfang Juni 101 Betriebe unterschiedlicher Größe. Zur besseren Einordnung: Deutschlandweit gibt es gut 280 Reedereien.
Den Weg aus der Krise haben viele Unternehmen noch lange nicht gefunden, sagte Brandt. Vor allem bei vielen kleineren Betrieben mit ein bis zwei Schiffen, aber auch bei Firmen mit einer Flotte um die 20 Frachter, sieht es weiterhin schwierig aus. Das lässt sich an verschiedenen Details ablesen. So gaben 53 Prozent der Betriebe an, Investitionen verschieben zu wollen oder auch zu müssen. 34 Prozent der Firmen stellte sogar das Auflegen von Schiffen in Aussicht. Auch Mitarbeiterentlassungen sind kein Tabu-Thema mehr. Bei den Umsatzerwartungen bietet sich kein einheitliches Bild: Von den Betrieben mit weniger als 100 Millionen Euro Umsatz rechnen 33 Prozent mit einem Umsatzrückgang, 19 Prozent stellen sich sogar auf einen Rückgang ein. Brandt berichtete, dass die deutsche Schifffahrtsindustrie vor einer Konsolidierung steht, das heißt, es wird in den kommenden Monaten verstärkt Firmenzusammenbrüche, aber auch Fusionen geben.
Brandt befürchtet, dass die deutsche Handelsschifffahrt mittel- und langfristig an Bedeutung in der Welt verlieren könnte. Das trifft auch und gerade im Containersegment zu, in dem Deutschland bislang noch eine Spitzenposition hält. Brandt sieht die Bundesregierung in der Pflicht, den drohenden Erosionsprozess zu stoppen. „Es ist höchste Zeit“, setzte Brandt hinzu. Das könnte beispielsweise durch ein Sonderprogramm aus KfW-Mitteln geschehen, denn viele Reeder benötigen, nachdem sie praktisch die Reserven aufgebraucht haben, dringend Übergangskapital, um zum Beispiel investieren zu können, etwa in neue Umwelttechnik auf Schiffen.´
Ein Thema, das die deutschen Reeder in den vergangenen Jahren intensiv beschäftigt hatte, steht augenblicklich nicht mehr so stark im Fokus: die Piraterie. Aktuell gehen „nur“ noch 59 Prozent der befragten Reeder davon aus, dass die Piraterie noch weiter zunehmen wird. 2010 waren das noch 86 Prozent. Die Reeder haben inzwischen viel getan, um sich besser zu schützen. So gaben 58 Prozent der Befragten an, auch private Sicherheitsdienste an Bord einzusetzen. Und die sind in der Regel auch bewaffnet. Was wiederum auch bedeutet: Diese Schiffe fahren nicht unter der deutschen Flagge.
Die Studie „Deutsche Reeder suchen Weg aus der Krise“ kann auf der PWC-Internetseite kostenlos bestellt werden. (eha)