Im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat haben sich Bund und Länder am Mittwoch, 12. Juni, auf eine Novelle des Bundesschienenwegeausbaugesetzes (BSWAG) geeinigt. Das an mehreren Stellen geänderte Gesetz soll noch in dieser Woche von Parlament und Länderkammer bestätigt werden.
Die Einigung führe bei den Güterbahnen zu „zwei zusätzlichen milliardenschweren Kostenpaketen“, kritisierte der Verband „Die Güterbahnen“. Nur über Preiserhöhungen, die eine Abwanderung von Ladung zum Lkw zur Folge haben werden, könne die Branche dies auffangen, sagte Peter Westenberger, Geschäftsführer der „Güterbahnen“ und fügte hinzu: „Ampel und Länder selbst torpedieren mit ihren Entscheidungen ihr Ziel zur Steigerung des Schienenanteils im Güterverkehr auf 25 Prozent bis 2030.“
Der Marktanteil der Schiene im Güterverkehr sei bereits im vergangenen Jahr um einen Prozentpunkt von 20 auf 19 Prozent gesunken, so der Verband. „Neben bevorstehenden exorbitanten Trassenpreissteigerungen und Förderkürzungen führt die BSWAG-Novelle darüber hinaus zu etwa 3,1 Milliarden Euro höheren Belastungen der Branche beziehungsweise ihrer Kunden.“
Weite Umwege und ETCS-Umsetzung
Etwa 1,5 Milliarden Euro an Mehrkosten entstehen nach Berechnungen des Verbandes aus höheren Betriebskosten durch weite Umwege im Zuge der geplanten 41 Korridorsanierungen. Anders als beim Schienenpersonennahverkehr hat der Bund von Beginn an eine Kompensation rundweg abgelehnt. Die Bundesländer, die sich zunächst dank der Initiative des Landes Baden-Württemberg die Kompensation auf die Fahne geschrieben hatten, ließen die Forderung im Zuge der Verhandlungen fallen.
Die Einigung zu der ebenfalls von den Bundesländern geforderten gesetzlichen Regelung der sogenannten ETCS-Fahrzeugförderung benachteiligt den Schienengüterverkehr ebenfalls im Vergleich zum Schienenpersonennahverkehr – und führe bei der Umsetzung nach dem jetzigen Kostenstand zu 1,6 Milliarden Euro Zusatzkosten „im Mindestfall“. Die Kosten entstehen für den Einbau von Geräten in den Triebfahrzeugen der Züge, damit das geplante neue Leit- und Sicherungssystem ETCS an den Strecken genutzt werden kann.
Fehlende Anreize für Speditionen und Logistiker
Die Nachfrage nach umweltfreundlichen Transportdienstleistungen steige zwar, gleichwohl stehe dem Bedarf oftmals kein adäquates Angebot gegenüber, das die logistikrelevanten Ansprüche an Kapazitäten, Zuverlässigkeit, Flexibilität und Preis erfüllt, um mehr Güter zu verlagern, stellte der Bundesverband Spedition und Logistik (DSLV) fest. der Verband stellte daher „fehlende Anreize für Speditionen und Logistikentscheider“, Verkehre zu verlagern. Damit verspiele das „Gesamtsystem Schiene zunehmend sein Potenzial, große Gütermengen effizient über längere Strecken zu transportieren“.
„Das politische Ziel, den Modal Split-Anteil des Schienengüterverkehrs von heute 19 auf 25 Prozent bis zum Jahr 2030 zu steigern, wird leider immer unwahrscheinlicher. Doch nach wie vor hat die Schiene ein hohes Wertschöpfungspotenzial für die deutsche Wirtschaft. Um mehr Güter auf die Schiene zu bringen, müssen die Rahmenbedingungen geändert werden“, sagte DSLV-Hauptgeschäftsführer Frank Huster.
Schiene muss flexibler werden
Es zeige sich, dass „eine ordnungspolitische Verteuerung des Straßengüterverkehrs nur wenig Impulse für eine Verlagerung auslöst. Das Gesamtsystem Schiene muss sich viel flexibler den sich ändernden Bedarfen der Kundenseite – Spedition, Logistik und Industrieverlader – und dem fortschreitenden Güterstrukturwandel stellen und darf nicht darauf bauen, dass sich die Strukturen der Logistik langfristig auf einen nur schwer anpassungsfähigen Verkehrsträger ausrichten“, sagte Huster. Bestandskunden der Schiene brächten „Planbarkeit und Zuverlässigkeit. Und für Neukunden müssen zusätzlich Anreize für einen Verkehrsträgerwechsel entstehen“.
Der DSLV hat in einem Positionspapier jetzt 13 konkrete Maßnahmen aus Sicht der Speditions- und Logistikbranche aufgelistet, die zur Steigerung des Modal Split-Anteils beitragen können.