Die Deutsche Bahn wird die 280 Kilometer lange Strecke Berlin-Hamburg zwischen Juni und Dezember 2025 komplett sperren und sanieren, wie der Konzern am Freitag, 18. November, mitteilte. Zuvor hatten die Zeitungen der Funke-Mediengruppe berichtet. Während der sechsmonatigen Baumaßnahmen sollen Gleise, Weichen, Oberleitungen und Stellwerke modernisiert werden. Der gesamte Korridor soll zudem für den digitalen Bahnbetrieb - etwa über das Zugleitsystem ETCS - ausgerüstet werden.
Für den Fern- und Güterverkehr richtet die Bahn eigenen Angaben zufolge Umleitungen ein. Die Züge sollen während der Sanierungsphase über Uelzen, Salzwedel und Stendal verkehren sowie über Hannover. Je nach Umleitungsstrecke müsse man „zwischen 45 und 105 Minuten mehr Zeit einplanen“, hieß es.
Auch die für den Güterverkehr wichtige Strecke Emmerich-Oberhausen in Nordrhein-Westfalen will die Deutsche Bahn sanieren. Der 72 Kilometer lange Abschnitt ist Teil der europäischen Verbindung zwischen Rotterdam und Genua und könne nicht für einen längeren Zeitraum gesperrt werden, hieß es. „Deshalb wird die Sanierung im Zeitraum zwischen November 2024 und Juni 2026 mit getakteten Sperrungen und bei überwiegend eingleisigem Betrieb auf Grundlage der mit den Niederlanden erfolgten Abstimmungen vorgenommen.“ Beide Korridore seien „zentrale Bausteine im künftigen Hochleistungsnetz“, teilte Bahn-Chef Richard Lutz am Freitag mit. Ziel sei es, durch die Erneuerung der wichtigsten Korridore noch mehr Menschen und Unternehmen für die Schiene zu gewinnen.
Scharfe Kritik von den Güterbahnen
Die Infrastruktur der Bahn ist vielerorts völlig überlastet und höchst sanierungsbedürftig. Die Folge: Wegen vieler kleinteiliger Baumaßnahmen sind die Züge so unzuverlässig und unpünktlich unterwegs wie seit Jahren nicht. Im Sommer hat die Bahn deshalb die sogenannte Generalsanierung ihres Netzes angekündigt und mehrere Korridore mit besonderem Modernisierungsbedarf identifiziert.
Statt unzähliger Einzelmaßnahmen, die den Verkehr auf diesen Strecken über Jahre immer wieder ausbremsen, sollen die Korridore nun für eine begrenzte Zeit vollständig gesperrt und modernisiert werden. Dadurch sollen dort auf absehbare Zeit keine Bauarbeiten mehr notwendig sein und Züge ohne Einschränkungen fahren können.
Kritik an dem Konzept kam am Freitag vom Güterbahn-Verband Netzwerk Europäischer Eisenbahnen (NEE): „Nichts ist abgestimmt in dem Sinne, wie es hier suggeriert wird“, teilte der Vize-Verbandsvorsitzende Sven Flore mit.
In einer Stellungnahme zu den Korridoren an die Bahn kritisiert der Verband unter anderem die absehbare Gleichzeitigkeit der Baumaßnahmen auf der Riedbahn sowie auf der Strecke Oberhausen-Emmerich. Die Wahl der Strecke sowie des Zeitraums sei „nicht schlüssig begründet“. Der Verband zweifelt eigenen Angaben zufolge zudem daran, dass die Umleitungskonzepte etwa für den Korridor Berlin-Hamburg realistisch sind. „Wir haben uns daher entschieden, unsere Beteiligung an diesem Scheindialog ab sofort auszusetzen, bis ein seriöses Dialogangebot auf Augenhöhe gemacht wird“, sagte Flore. (tb/dpa)