Paris. Die auf den Schienentransport von Straßengütertransportfahrzeugen spezialisierte SNCF-Tochter Viia hat in Calais nach eigenen Angaben ein Multimodalterminal für die zukünftige neue Verbindung zwischen dem französischen Ärmelkanalhafen und Le Boulou an der spanischen Grenze installiert. Es wurde auf den Namen „Britanica“ getauft, ist die dritte Schienenautobahn in Frankreich und soll im kommenden Januar den Betrieb aufnehmen.
Die Kosten in Höhe von sieben Millionen Euro teilen sich der Hafen von Calais und die Europäische Union. Mit Zügen mit jeweils 80 Aufliegern werden im ersten Betriebsjahr zwischen 30.000 und 35.000 unbegleitete Anhänger die Häfen von Boulogne und Calais in Richtung Spanien verlassen, so die Erwartung der Viia. Zur Anwendung kommt dabei das von dem Elsässer Waggonbauer Lohr entwickelte und seit 2003 praktizierte „horizontale Verladesystem“. Für einen Komplettzug mit 40 Aufliegeranhängern wird nur eine Stunde benötigt.
Das neue Angebot von 1200 Kilometern Streckenlänge ermöglicht in Frankreich erstmals das direkte Verladen von Sattelaufliegern von RoRo-Fähren auf die Schiene, womit Calais nun zu einem multimodalen Standort mit Straßen-, Schienen- und Schiffsanschluss geworden ist. Er dient zugleich als Bindeglied zwischen Spanien und Großbritannien. Für den Start hat Viia von Lohr zunächst 105 tiefgelegte Doppelgelenk-Spezialwaggons angekauft. Über die mit demselben System ausgerüsteten bestehenden Schienenautobahnen „Alpine“ zwischen Chambéry und Turin und „Lorry-Rail“ zwischen Luxemburg und Perpignan wurden in den letzten zehn Jahren nach Firmenangaben „bereits mehr als eine halbe Million Lastwagen von der Strasse auf die Schiene verlagert“.
Weitere Verbindung zwischen Frankreich und Spanien
Auch auf der politischen Ebene scheint der ökologische Transportmodus Schienenautobahn neuen Schwung zu bekommen. Quasi zeitgleich mit der Einweihung des neuen multimodalen Hubs in Calais kündigte der Pariser Verkehrsstaatssekretär Alain Vidalies die Wiederaufnahme eines Projekts an, das in Kooperation mit der spanischen Fachministerin Ana Pastor Julian die Schaffung einer „Atlantique“ genannten Verbindung zwischen der nordfranzösischen Region Nord-Pas-de-Calais und dem spanischen Baskenland vorsieht. Noch Ende April dieses Jahres hatte Vidalies das seit 2013 vom damaligen Pariser Ministerpräsidenten für vorrangig erklärte Vorhaben für gescheitert erklärt. Das dafür in Aussicht genommene Hauptterminal in Tarnos (Landes) sei aus rechtlichen Gründen „schlecht gewählt“ und die Folgen für die lokale Bevölkerung habe man nicht hinreichend berücksichtigt, sagte er.
Nunmehr könne man das Projekt gemeinsam mit dem spanischen Partner angehen, der in Vitoria ein multimodales Terminal errichten wolle. Seit Ende Juni ist eine französisch-spanische Arbeitsgruppe damit befasst, dem Vorhaben neuen Atem einzuhauchen. In beiden Ländern soll nächstes Jahr das Projekt für interessierte Bahnbetreiber ausgeschrieben werden. (jb)