Berlin. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) ist kurz vor dem Beginn des Untersuchungsausschusses zur gescheiterten Pkw-Maut in die Offensive gegangen. Das Ministerium sei erfolgreich und werde weiter erfolgreich sein, sagte Scheuer am Mittwoch in Berlin. Er verwies auf höhere Investitionen in die Bahn, den Radverkehr oder den Breitbandausbau sowie Maßnahmen für mehr Klimaschutz. „Es geht mir um das Wohl der Menschen.“ Er wolle ab dem ersten Tag 2020 durchstarten. Deutschland brauche einen Modernisierungs- und Beschleunigungsschub.
Es sei aber ein „hartes Jahr“ gewesen, auch für ihn persönlich, sagte Scheuer mit Blick auf die geplatzte Pkw-Maut. Dazu startet am Donnerstag ein Untersuchungsausschuss des Bundestags. Scheuer räumte zwar Fehler ein, wies Forderungen der Opposition nach einem Rücktritt aber zurück. „Ich werde an meinem Politikstil nichts ändern“, sagte er.
Scheuer sieht Untersuchungsausschuss als Chance
Es gehe längst nicht mehr um die Sache, sondern um den Kopf. Die Forderungen „prasselten“ nicht an ihm ab. Er sei allerdings ein Minister, der sich nicht wegducke, sondern entscheide. Der Minister sagte, im Rückblick sei die Pkw-Maut nicht gut gelaufen. Er wies Vorwürfe der Opposition aber entschieden zurück. Nichts werde unter den Teppich gekehrt. Er sehe den Untersuchungsausschuss als Chance, die Fakten sprechen zu lassen.
Der Minister steht unter Druck, weil er die Verträge zur Erhebung und Kontrolle der Maut mit den Betreibern Kapsch und CTS Eventim schon 2018 geschlossen hatte, bevor endgültige Rechtssicherheit bestand. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) erklärte die Pkw-Maut Mitte Juni für rechtswidrig. Direkt danach kündigte Scheuers Ministerium die Verträge. Daraus könnten Forderungen der Firmen in Millionenhöhe resultieren – letztlich zu Lasten der Steuerzahler.
Für die Bundesrepublik geht es um Millionen Euro
Scheuer sagte, Bundestag und Bundesrat hätten die Pkw-Maut beschlossen. Er habe die Pflicht gehabt, diese umzusetzen und Einnahmen für den Staat und den Steuerzahler zu sichern. Die Betreiber hätten keinen Anspruch auf Entschädigung. Es seien vertragliche „Meilensteine“ gerissen worden. Das Ministerium hatte als Gründe für die Kündigung auch Mängel in der Leistung der Auftragnehmer und deren Verhalten nach der Kündigung genannt.
Vor der Vergabe der Maut habe das Verkehrsministerium eine enge Abstimmung mit dem Finanzministerium gehabt, so Scheuer. Zum Zeitpunkt der Vergabe 2018 lagen „alle guten Argumente“ auf dem Tisch, nun abzuschließen. Das Risiko, dass der EuGH negativ entscheide, sei auch von externen Experten als niedrig eingestuft worden.
Kapsch und Eventim könnten Schadenersatz fordern
Die Opposition wirft Scheuer unter anderem vor, er habe Verträge voreilig abgeschlossen und Regelungen für den Schadenersatz vereinbart, die die Steuerzahler nun teuer zu stehen kommen könnten. Scheuer zeige außerdem einen mangelnden Aufklärungswillen. Der CSU-Politiker wies dies zurück. Das Ministerium werde in vollständiger Transparenz die Anforderungen erfüllen: „Wir haben nichts zu verheimlichen.“
Scheuer erinnerte bei dem kämpferischen Auftritt an den Amtseid, den er geschworen habe, seine Pflichten gewissenhaft zu erfüllen. „Diesen Amtseid erfülle ich mit ganzer Kraft.“ Er sei angetreten, um das Leben der Menschen in Deutschland besser zu machen. In jeder Firma, in jedem Verein aber würden Fehler gemacht. Die Opposition wolle im Untersuchungsausschuss auch das Ministerium ins Visier nehmen, er stelle sich vor seine Mitarbeiter, sagte Scheuer.
Opposition empfindet Auftritt wie einen Abschied
Der FDP-Verkehrspolitiker Oliver Luksic sprach von einer „skurrilen“ Erklärung. Scheuers emotionale Aufklärung wirke wie ein Abschied. „Am Ende hat er aber nicht einen einzigen Fehler konkret eingeräumt“, sagte Luksic. Seine Bilanz sei in vielen Bereichen auch eine positive, gerade was Investitionen in den Verkehrsbereich und die Infrastruktur angehe. „Aber statt jetzt die Gelegenheit zu nutzen Fehler bei der gescheiterten Pkw-Maut einzuräumen, beharrt Scheuer stur auf seiner Position. Das päpstliche Unfehlbarkeitsdogma ist keine gute Verteidigungsposition in Sachen Pkw-Maut, da er nachweislich schwere Fehler begangen hat.“ (dpa/ag)