Düsseldorf. Die Corona-Krise trifft die Transport- und Logistikbranche besonders hart. Zu diesem Ergebnis ist das Beratungsunternehmen PWC in seiner Analyse „Transport and logistics barometer“ gekommen. In der Analyse untersucht die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft die aktuellen Entwicklungen, M&A-Deals, Joint-Ventures und strategischen Allianzen in der Transport- und Logistikindustrie im ersten Halbjahr 2020. Die Prognose: Die Bruttowertschöpfung im europäischen Frachtverkehr und in der Logistik wird demnach im Jahr 2020 um 8,6 Prozent einbrechen und sich langsam in einem U-Szenario erholen. Die wichtigsten Erkenntnisse aus der Analyse:
Deals-Geschehen und Kooperationen brechen ein
Die Krise spiegle sich insbesondere beim Deals-Geschehen wider, das im ersten Halbjahr einen schweren Rückgang verzeichnete: Zwischen Januar und Juni wurden laut Analyse nur 92 Deals mit einem Volumen von über 50 Millionen US-Dollar angekündigt. Auch die Anzahl strategischer Allianzen sei im zweiten Quartal stark gesunken. Das gesamte Deal-Volumen habe sich mehr als halbiert und hätte nur noch 29,9 Milliarden US-Dollar erreicht. Europäische Unternehmen und Investoren zeigten sich dabei erstaunlich robust. Sie seien an 33 Unternehmenskäufen mit einem Gesamtvolumen von 10,3 Milliarden US-Dollar beteiligt gewesen.
Luftfahrtbranche leidet besonders
Die Subsektoren der Branche seien unterschiedlich stark von der Pandemie betroffen, heißt es. Den Passagierverkehr und insbesondere die Luftfahrtbranche belaste die Krise am stärksten: Durch Reisebeschränkungen und Quarantänemaßnahmen sei die Nachfrage fast komplett weggebrochen – mit schwerwiegenden Folgen für die Umsätze von Fluggesellschaften, Flughäfen, Bus- und Bahnunternehmen.
Entsprechend gering sei das Interesse privater Investoren an der Flugbranche, während verschiedene Regierungen in Form von staatlichen Investitionsprogrammen einspringen, um „ihre“ Fluggesellschaften zu retten. Von den 92 Transaktionen, die in der ersten Jahreshälfte 2020 angekündigt wurden, zielten fünf auf Fluggesellschaften ab, vier nahmen Flughäfen ins Visier.
Logistik beweist Systemrelevanz
Der Frachtverkehr und die Logistik bekamen laut PWC die Auswirkungen der Pandemie in Folge von Grenzschließungen, zurückgehender Nachfrage und Produktionsstopps deutlich zu spüren. Dabei seien Logistikunternehmen unterschiedlich stark betroffen, je nachdem für welche Branche und welche Art von Waren sie transportieren. Die Logistikketten hätten jedoch trotz Einschränkungen weiter funktioniert und die Versorgung mit Waren des täglichen Verbrauchs sei jederzeit sichergestellt gewesen. Die Krise habe also die Systemrelevanz der Branche unter Beweis gestellt.
Häfen als langfristige Anlage mit stabiler Rendite
Bereits vor dem Corona-Ausbruch fokussierten sich PWC zufolge Investoren auf Infrastrukturziele. Die Pandemie habe diesen Trend verstärkt: Die vier größten der insgesamt acht Mega-Deals - Transaktionen mit einem Volumen über einer Milliarde US-Dollar – der ersten Jahreshälfte betreffen die Verkehrsinfrastruktur. „Insbesondere Häfen bleiben ein attraktives Ziel für Investoren, auch und gerade in wirtschaftlich unsicheren Zeiten. Denn sie sind eine langfristige Anlage mit vergleichsweise stabiler Rendite. Zudem kommt es in ihrer Verfügbarkeit immer wieder zu Engpässen, was die Attraktivität dieser Ziele für Investoren weiter erhöht.“, ist André Wortmann, Koordinator Transport & Logistik Deals bei PWC Europe, überzeugt.
Auch der größte Deal der ersten Jahreshälfte 2020 betrifft Infrastrukturanlagen: Port & Free Zone World habe angekündigt, den verbleibenden Anteil an DP World, einem der größten Hafenbetreiber weltweit, für 2,72 Milliarden US-Dollar zu erwerben.
Ausblick auf die zweite Jahreshälfte
„Für die zweite Jahreshälfte gehen wir von einem gedämpften Deals-Geschehen in der Transport- und Logistikindustrie aus. Bestimmte Ziele – insbesondere Lagerhallen und Infrastruktur – bleiben attraktiv. Zudem werden der finanzielle Druck, unter dem viele Transport- und Logistikunternehmen stehen, und weitere Konsolidierung von Spediteuren die M&A-Aktivitäten mittelfristig wiederbeleben“, prognostiziert Ingo Bauer.
Als nachgelagerte Industrie sei die Transport- und Logistikbranche stark davon abhängig, wie schnell sich andere Branchen von der Krise erholen und ihre Produktion wieder hochfahren. (ja)