Probleme auf der Rennstrecke

Das war ein Geburtstagsgeschenk: Genau zum 50. Jubiläum kann der Logistiker Hupac sein bestes Jahresergebnis mit dem höchsten Aufkommen seiner Geschichte aufweisen. Und das galt nach den schwierigen Jahren 2013 bis 2015, in denen die Sendungsmengen nahezu stagnierten, als alles andere als selbstverständlich. 737.000 Straßensendungen und damit 11,5 Prozent mehr als im Vorjahr hat der Schweizer Kombi-Operateur 2016 befördert. Damit hat er das bisherige Spitzenergebnis aus dem Jahr 2011 (724.000 Sendungen) übertroffen. Bauarbeiten bremsen Wachstum Also alles in bester Ordnung bei den Eidgenossen? Die aktuellen Zahlen für das laufende Jahr lassen eine solche Einschätzung vermuten. Denn in den ersten fünf Monaten 2017 stieg das Transportaufkommen im Vergleich zu Januar bis Mai 2016 weiter an, und zwar um 7,8 Prozent. Doch dieses Wachstumstempo wird das Unternehmen nicht beibehalten können. Bei Hupac ist man schon zufrieden, wenn es gelingt, im zweiten Halbjahr 2017 das gleiche Volumen wie im Vorjahreszeitraum zu transportieren. Dafür gibt es einen triftigen Grund. Seit Mitte Juni ist die Luino-Strecke gesperrt. Es finden dort Bauarbeiten statt zur Erweiterung des Vier-Meter-Korridors. Sie sollen bis zum Jahresende andauern. Bis 2020 wird es noch weitere, zeitlich befristete Sperrungen geben. Über Luino wickelt die Hupac immerhin 60 Prozent ihrer Schweiz-Transitverkehre ab. Die muss sie jetzt auf die Domodossolo-Route (derzeit 30 Prozent) und über Chiasso (10 Prozent) umleiten. "Das ist mit Kapazitätseinschränkungen und Verzögerungen verbunden", sagte Hans-Jörg Bertschi, Verwaltungsratspräsident der Hupac, auf der Jahrestagung des Operateurs. Das wird zu Komplikationen und Verspätungen führen, stößt aber auf Verständnis bei den betroffenen Spediteuren. Denn die Baumaßnahmen kommen ja dem Kombinierten Verkehr (KV) zugute. Deutlich weniger Verständnis hingegen bringt man bei Hupac für einige andere Baustellen im Netz auf, die einen besseren Verkehrsfluss im KV verhindern. Ganz entscheidende Defizite befinden sich in Deutschland und werden zum Leidwesen der Schweizer nicht angepackt. Ganz oben auf der Prioritätenliste steht der Nord-Süd-Korridor zwischen Rotterdam und Genua, eine der Rennstrecken für die Hupac. Dazu gehört auch der Gotthard-Basistunnel, der im Sommer vergangenen Jahres im Beisein vieler Regierungschefs feierlich eingeweiht wurde. Doch an dem neuen Tunnel wird deutlich, dass sich die Bahnen immer wieder selbst ein Bein stellen. Züge verbummeln Zeit an den Grenzen Zwar läuft der Betrieb reibungslos, wie Bertschi bestätigte, und man spare durch den neuen Tunnel auch Zeit. "Aber 90 Prozent des Zeitgewinns werden durch das Warten der Züge an den Grenzen verbummelt", kritisierte Bertschi. Denn es gelte weiterhin der alte Fahrplan von vor der Inbetriebnahme des Tunnels. Der Inhaber der Spedition Bertschi machte dafür die fehlende Abstimmung zwischen den Netzbetreibern der jeweiligen Bahnen verantwortlich, also die der Schweiz, Italiens und Deutschlands. Daher forderte Bertschi: "Wir benötigen eine zentrale Planung auf dem Korridor Rotterdam-Genua." Immerhin einen Vorteil hat der Tunnel, denn es wird auf der Flachbahn nur noch eine Lokomotive statt bislang zwei benötigt. Bertschi kritisierte die deutsche Verkehrspolitik. Er bemängelte, dass die deutsche Regierung im neuen Bundesverkehrswegeplan nicht die Verlängerung der Überholgleise auf 740 Meter in den vordringlichen Bedarf aufgenommen habe. "Während alle anderen ihre Hausaufgaben gemacht haben, hinkt Deutschland hier hinterher", lamentierte der Hupac-Chef. In Deutschland können die Züge auf der Route Rotterdam-Genua derzeit maximal 690 Meter lang sein. Bertschi befürchtet, dass sich daran womöglich bis 2030 nichts ändert. Damit werde ein Potenzial von acht Prozent pro Zug verschenkt. Für die Hupac sind solche Verbesserungen auch deshalb von hoher Bedeutung, weil die schweizerischen Betriebsbeiträge für den KV Ende 2023 auslaufen. Dann sind auch die Bauarbeiten zu dem Vier-Meter-Korridor via Chiasso und Luino abgeschlossen. Doch wenn die Nachbarstaaten ihre Hausaufgaben nicht machen, kann der angestrebte Effizienzgewinn nicht eingefahren werden. Bertschi plädierte daher dafür, in der Schweiz darüber nachzudenken, die Trassenpreise zu senken, wie es Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) dies in seinem Masterplan Schienengüterverkehr für Deutschland vorgeschlagen hat. "Diese Form der Unterstützung wäre einfacher zu handhaben und damit effizienter, als das komplizierte System der Betriebsausgaben zu verlängern, zumal die Trassenpreise in der Schweiz ohnehin relativ hoch sind", sagte Bertschi. Hupac investiert in Loks und Terminals Bernhard Kunz, Direktor der Hupac, kündigte auf der Tagung an, dass der Operateur verstärkt investieren werde. "Wir haben acht Multi-System-Lokomotiven bestellt, mit denen wir den internationalen Verkehr besser abwickeln wollen", erklärte Kunz. Die ersten beiden Loks sollen im Mai 2018 ausgeliefert werden. Außerdem will Hupac verstärkt in den Ausbau der Terminalkapazitäten investieren, unter anderem an den Standorten Mailand, Basel und Brescia. Mehr zum Thema im Dossier Kombinierter Verkehr www.verkehrsrundschau.de/dossiers