Brüssel. Eine Expertenkommission hat einen Bericht über die Finanzierung der europäischen Verkehrsinfrastruktur vorgelegt. Das Gremium, bestehend aus dem ehemaligen dänischen Vizepräsident der EU-Kommission Henning Christophersen, dem früheren deutschen Verkehrsminister Kurt Bodewig und dem italienischen Professor Carlo Secchi, sollten darin Projekte auf den neun transeuropäischen Verkehrskorridoren (TEN-T) identifizieren, die für eine private Finanzierung durch den Europäischen Fonds für Strategische Investitionen (EFSI) geeignet sind und vergleichsweise schnell realisiert werden können. Der Bericht wurde jetzt im Verkehrsausschuss des Europäischen Parlamentes behandelt.
Viele Verkehrsprojekte könnten privat finanziert werden, wenn das Risiko für die Investoren reduziert würde, heißt es von den Experten. Dafür müsse laut dem Bericht das regulatorische Umfeld für die Refinanzierung der Projekte verbessert werden. Die Investoren müssten ihre Kosten aus der Nutzung der Projekte finanzieren können, etwa aus Mauteinnahmen. Eine bessere Planung und Vorbereitung der Projekte sowie unbürokratische Genehmigungsverfahren könnten ebenfalls potenzielle Investoren locken.
Sinn mache eine Finanzierung durch den EFSI für die klassische Infrastruktur wie Brücken oder Häfen, aber auch für die intelligente und ökologische Infrastruktur, also die informationstechnologische Nachrüstung (Telematik). Experten haben alleine auf den neun transeuropäischen Verkehrskorridoren Projekte von rund 140 Milliarden Euro identifiziert, für die sich unter den oben genannten Voraussetzungen private Investoren finden würden.
In den Aufbau des europäischen Bahn-Management-Systems (ERTMS), des einheitlichen europäischen Luftraums (SESAR), eines Netzwerkes alternativer Kraftstoffe und in die Reduzierung der Schwefelemissionen im Seetransport könnten bis zum Ende des Jahrzehnts 30 Milliarden Euro investiert werden. Dazu müsste die EU drei Milliarden Euro in Form von Zuschüssen und Garantien bereitstellen.
Erweiterung der Schleuse in Amsterdam
Zu den großen Projekten gehört die Erweiterung der Schleuse in Amsterdam für knapp 900 Millionen Euro. Damit könne die Kapazität des Rheinkorridors zwischen der Nordsee und den Alpen sowie des Nordsee-Baltikum-Korridors erhöht werden. Neben Geldern aus der CEF empfehlen die Experten Garantien der EU im Gegenwert von 35 Millionen Euro.
Investitionen in Autobahnen fördern Verursacherprinzip
Große Potenziale für den EFSI sehen die Experten im Autobahnbau. Dazu gehören der Ausbau der Autobahn 10 (Berliner Ring), die Autobahnringe um Utrecht, Rotterdam und Straßburg sowie Autobahnen in Polen, Tschechien, der Slowakei, Rumänien und Italien. Die Experten hoffen: „Eine teilweise, private Finanzierung von Straßen wird der Einführung des Grundsatzes, dass die Nutzer bezahlen müssen, einen Schub verleihen.“ So sollen die Mitgliedstaaten andere Verkehrsträgern mit eigenen Mitteln unterstützen können.
DVF warnt vor Umschichtung der Mittel
Der Präsident des Deutschen Verkehrsforums (DVF), Klaus-Peter Müller, warnt davor, bereits verplante Mittel für die Transeuropäischen Netze umzuschichten. Die Mittel aus dem EFSI sollten zusätzlich in die Verkehrsinfrastruktur fließen und nicht zu einer Kürzung von CEF-Gelder führen.
Dieser Wunsch wird voraussichtlich nicht in Erfüllung gehen, denn eine Kürzung der CEF-Mittel zugunsten des EFSI ist so gut wie beschlossene Sache. Als Anreiz für private Investoren könne das Geld wesentlich mehr für die Verkehrsinfrastruktur bewirken, sagt Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. (tw/ks)